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Beer, Michael: Der Paria. Stuttgart u. a., 1829.

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Des list'gen Jägers schwirrt der ehrne Pfeil,
Das Unthier schreckend mit durchbohrten Weichen
Da theilt's noch einmal die bewegten Lüfte,
Ein zweyter Pfeil, -- er trifft mein zuckend Herz --
Der Jäger jauchzt und schlägt den Freudenwirbel;
Denn Brama lächelt, wenn ein Paria fällt.

(Heftiger Blitz und Donner).
Maja.
O Gadhi! Donn're nicht, gewalt'ger Gott!
Dein Zorn ist furchtbar.
Gadhi.
Furchtbar! Weine, weine,
Unglücklich Weib, und dank dem Himmel noch,
Daß er Dir Thränen ließ, -- ich habe keine.
Mein Leben ist ein elendes Gewimmer,
Der leise Seufzer des getretnen Wurms,
Den vor dem Daseyn schon ein ew'ger Fluch
Verdammt, im Staub sich ächzend hinzuwenden,
Indeß vor seinem Blick in Sonnenhöhe
Die Mitgeschöpfe, reich beflügelt, schwinden
Laß diese Thränen der Erinnrung fließen;
Einst hast auch Du des Lebens Glanz geschaut,
Und deine Kindheit sah beglückte Tage.
Maja.
Nicht jene Tage sehn' ich mir zurück;
Des liſt’gen Jaͤgers ſchwirrt der ehrne Pfeil,
Das Unthier ſchreckend mit durchbohrten Weichen
Da theilt’s noch einmal die bewegten Luͤfte,
Ein zweyter Pfeil, — er trifft mein zuckend Herz —
Der Jaͤger jauchzt und ſchlaͤgt den Freudenwirbel;
Denn Brama laͤchelt, wenn ein Paria faͤllt.

(Heftiger Blitz und Donner).
Maja.
O Gadhi! Donn’re nicht, gewalt’ger Gott!
Dein Zorn iſt furchtbar.
Gadhi.
Furchtbar! Weine, weine,
Ungluͤcklich Weib, und dank dem Himmel noch,
Daß er Dir Thraͤnen ließ, — ich habe keine.
Mein Leben iſt ein elendes Gewimmer,
Der leiſe Seufzer des getretnen Wurms,
Den vor dem Daſeyn ſchon ein ew’ger Fluch
Verdammt, im Staub ſich aͤchzend hinzuwenden,
Indeß vor ſeinem Blick in Sonnenhoͤhe
Die Mitgeſchoͤpfe, reich befluͤgelt, ſchwinden
Laß dieſe Thraͤnen der Erinnrung fließen;
Einſt haſt auch Du des Lebens Glanz geſchaut,
Und deine Kindheit ſah begluͤckte Tage.
Maja.
Nicht jene Tage ſehn’ ich mir zuruͤck;
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[8/0018] Des liſt’gen Jaͤgers ſchwirrt der ehrne Pfeil, Das Unthier ſchreckend mit durchbohrten Weichen Da theilt’s noch einmal die bewegten Luͤfte, Ein zweyter Pfeil, — er trifft mein zuckend Herz — Der Jaͤger jauchzt und ſchlaͤgt den Freudenwirbel; Denn Brama laͤchelt, wenn ein Paria faͤllt. (Heftiger Blitz und Donner). Maja. O Gadhi! Donn’re nicht, gewalt’ger Gott! Dein Zorn iſt furchtbar. Gadhi. Furchtbar! Weine, weine, Ungluͤcklich Weib, und dank dem Himmel noch, Daß er Dir Thraͤnen ließ, — ich habe keine. Mein Leben iſt ein elendes Gewimmer, Der leiſe Seufzer des getretnen Wurms, Den vor dem Daſeyn ſchon ein ew’ger Fluch Verdammt, im Staub ſich aͤchzend hinzuwenden, Indeß vor ſeinem Blick in Sonnenhoͤhe Die Mitgeſchoͤpfe, reich befluͤgelt, ſchwinden Laß dieſe Thraͤnen der Erinnrung fließen; Einſt haſt auch Du des Lebens Glanz geſchaut, Und deine Kindheit ſah begluͤckte Tage. Maja. Nicht jene Tage ſehn’ ich mir zuruͤck;

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Zitationshilfe: Beer, Michael: Der Paria. Stuttgart u. a., 1829, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_paria_1829/18>, abgerufen am 05.05.2024.