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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Kurzweiliger
Sie sagte/ welcher Gestalten der Kammer-
Dieners keine Manns Person/ sondern ihre
vor diesen mit dem Schmied-Knecht davon ge-
loffene Tochter seye. Jch machte das Creutz
hinter und vor mich/ und dem Studenten stun-
den die Augen offen/ wie einer Eule. Jndem
sehen wir sie am Fenster stehen und lachen.
Was konte man bey so gestalten Sachen anders
thun/ als sich von Herzen freuen? Hier auf
richtete die Mutter ein köstliches Mal zu/ über
welchem uns die Jungfer folgends erzehlet:

Geliebte Frau Mutter/ sagte sie/ ich beken-
ne/ daß die Blühte meiner Jugend viel eine an-
dere Frucht angezeiget/ alß in dem Werk selb-
sten gekommen ist/ dann unerachtet ich schon
mit ziemlicher Frechheit umgegangen/ hab ich
doch mejnen Ubermuht in der Fremde merk ich
abgeleget/ also/ daß es mich ausdermaßen ver-
drießet/ so ich noch an meine vorige Tage ge-
dänke. Als ich mit dem Schmied-Knecht aus
dem Schloße gelauffen/ kamen wir an eine gros-
se See/ dar über wir uns machen wolten/ stiegen
also geschwind zu Schiffe/ und ließen uns gegen
das Obergebürge überführen. Es schiene/ als
ob der Himmel über unserm Vorhaben nicht
gering erzürnet wäre/ indem unverhofft ein
grausames Wetter entstanden/ und weil wir
schon mitten auf dem Wasser/ hebte ich an zu
seufßen und heulen. Aber auch dieses halffe
nichts/ und so angst dem Schmied. Knecht war/
koute er doch nicht verwehren/ daß die starken
Winde den Kahn umgeschmißen/ und uns ins-
gesamt ins Wasser gestürzet. Jch ve'rzweifel-

te schon

Kurzweiliger
Sie ſagte/ welcher Geſtalten der Kammer-
Dieners keine Manns Perſon/ ſondern ihre
vor dieſen mit dem Schmied-Knecht davon ge-
loffene Tochter ſeye. Jch machte das Creutz
hinter und vor mich/ und dem Studenten ſtun-
den die Augen offen/ wie einer Eule. Jndem
ſehen wir ſie am Fenſter ſtehen und lachen.
Was konte man bey ſo geſtalten Sachen anders
thun/ als ſich von Herzen freuen? Hier auf
richtete die Mutter ein koͤſtliches Mal zu/ uͤber
welchem uns die Jungfer folgends erzehlet:

Geliebte Frau Mutter/ ſagte ſie/ ich beken-
ne/ daß die Bluͤhte meiner Jugend viel eine an-
dere Frucht angezeiget/ alß in dem Werk ſelb-
ſten gekommen iſt/ dann unerachtet ich ſchon
mit ziemlicher Frechheit umgegangen/ hab ich
doch mejnen Ubermuht in der Fremde merk ich
abgeleget/ alſo/ daß es mich ausdermaßen ver-
drießet/ ſo ich noch an meine vorige Tage ge-
daͤnke. Als ich mit dem Schmied-Knecht aus
dem Schloße gelauffen/ kamen wir an eine groſ-
ſe See/ dar uͤber wir uns machen wolten/ ſtiegen
alſo geſchwind zu Schiffe/ und ließen uns gegen
das Obergebuͤrge uͤberfuͤhren. Es ſchiene/ als
ob der Himmel uͤber unſerm Vorhaben nicht
gering erzuͤrnet waͤre/ indem unverhofft ein
grauſames Wetter entſtanden/ und weil wir
ſchon mitten auf dem Waſſer/ hebte ich an zu
ſeufſzen und heulen. Aber auch dieſes halffe
nichts/ und ſo angſt dem Schmied. Knecht war/
koute er doch nicht verwehren/ daß die ſtarken
Winde den Kahn umgeſchmißen/ und uns ins-
geſamt ins Waſſer geſtuͤrzet. Jch ve’rzweifel-

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[210/0218] Kurzweiliger Sie ſagte/ welcher Geſtalten der Kammer- Dieners keine Manns Perſon/ ſondern ihre vor dieſen mit dem Schmied-Knecht davon ge- loffene Tochter ſeye. Jch machte das Creutz hinter und vor mich/ und dem Studenten ſtun- den die Augen offen/ wie einer Eule. Jndem ſehen wir ſie am Fenſter ſtehen und lachen. Was konte man bey ſo geſtalten Sachen anders thun/ als ſich von Herzen freuen? Hier auf richtete die Mutter ein koͤſtliches Mal zu/ uͤber welchem uns die Jungfer folgends erzehlet: Geliebte Frau Mutter/ ſagte ſie/ ich beken- ne/ daß die Bluͤhte meiner Jugend viel eine an- dere Frucht angezeiget/ alß in dem Werk ſelb- ſten gekommen iſt/ dann unerachtet ich ſchon mit ziemlicher Frechheit umgegangen/ hab ich doch mejnen Ubermuht in der Fremde merk ich abgeleget/ alſo/ daß es mich ausdermaßen ver- drießet/ ſo ich noch an meine vorige Tage ge- daͤnke. Als ich mit dem Schmied-Knecht aus dem Schloße gelauffen/ kamen wir an eine groſ- ſe See/ dar uͤber wir uns machen wolten/ ſtiegen alſo geſchwind zu Schiffe/ und ließen uns gegen das Obergebuͤrge uͤberfuͤhren. Es ſchiene/ als ob der Himmel uͤber unſerm Vorhaben nicht gering erzuͤrnet waͤre/ indem unverhofft ein grauſames Wetter entſtanden/ und weil wir ſchon mitten auf dem Waſſer/ hebte ich an zu ſeufſzen und heulen. Aber auch dieſes halffe nichts/ und ſo angſt dem Schmied. Knecht war/ koute er doch nicht verwehren/ daß die ſtarken Winde den Kahn umgeſchmißen/ und uns ins- geſamt ins Waſſer geſtuͤrzet. Jch ve’rzweifel- te ſchon

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/218>, abgerufen am 02.05.2024.