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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Kurzweiliger
das ihr mir zu singen versprochen/ der
Jäger wird vor Abend schwerlich heim
kommen/ sonst wolt ich ihn fragen/ was
ihr miteinander gestern Abend geredet?
von dem Türkischen Einzug weiß der
Jäger gantz nichts/ deßwegen habt ihr
was anders geredet. Gewiß/ Eur Ge-
streng/ sagte ich/ es ist vom Türkischen
Eizug gewesen. Gehet fort! (sagte
sie) ihr lieget. Und damit gieng ich mit
dem kleinen Mägdchen zu dem Zimmer
hinaus/ und lachte heimlich in die
Faust.

Das Mädchen führte mich über ei-
nen kleinen Saal und hölzernen Gang
in ein klein Gemach/ alwo ich Feder/
Diente und Papyr verlangte/ darauf
nahme ich meine Laute zur Hand/ und
componirte folgende Zeilen:


1.
WAs ist das Lieben dieser Zeit?
nichts als ein bloßer Schatten;
ein schnöder Tand voll Eitelkeit/
ein ringer Staub der Matten:
Jch sage/ daß es nichs nicht sey/
als eine falsche Jägerey.
2. Sie

Kurzweiliger
das ihr mir zu ſingen verſprochen/ der
Jaͤger wird vor Abend ſchwerlich heim
kommen/ ſonſt wolt ich ihn fragen/ was
ihr miteinander geſtern Abend geredet?
von dem Tuͤrkiſchen Einzug weiß der
Jaͤger gantz nichts/ deßwegen habt ihr
was anders geredet. Gewiß/ Eur Ge-
ſtreng/ ſagte ich/ es iſt vom Tuͤrkiſchen
Eizug geweſen. Gehet fort! (ſagte
ſie) ihr lieget. Und damit gieng ich mit
dem kleinen Maͤgdchen zu dem Zimmer
hinaus/ und lachte heimlich in die
Fauſt.

Das Maͤdchen fuͤhrte mich uͤber ei-
nen kleinen Saal und hoͤlzernen Gang
in ein klein Gemach/ alwo ich Feder/
Diente und Papyr verlangte/ darauf
nahme ich meine Laute zur Hand/ und
componirte folgende Zeilen:


1.
WAs iſt das Lieben dieſer Zeit?
nichts als ein bloßer Schatten;
ein ſchnoͤder Tand voll Eitelkeit/
ein ringer Staub der Matten:
Jch ſage/ daß es nichs nicht ſey/
als eine falſche Jaͤgerey.
2. Sie
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[170/0178] Kurzweiliger das ihr mir zu ſingen verſprochen/ der Jaͤger wird vor Abend ſchwerlich heim kommen/ ſonſt wolt ich ihn fragen/ was ihr miteinander geſtern Abend geredet? von dem Tuͤrkiſchen Einzug weiß der Jaͤger gantz nichts/ deßwegen habt ihr was anders geredet. Gewiß/ Eur Ge- ſtreng/ ſagte ich/ es iſt vom Tuͤrkiſchen Eizug geweſen. Gehet fort! (ſagte ſie) ihr lieget. Und damit gieng ich mit dem kleinen Maͤgdchen zu dem Zimmer hinaus/ und lachte heimlich in die Fauſt. Das Maͤdchen fuͤhrte mich uͤber ei- nen kleinen Saal und hoͤlzernen Gang in ein klein Gemach/ alwo ich Feder/ Diente und Papyr verlangte/ darauf nahme ich meine Laute zur Hand/ und componirte folgende Zeilen: 1.WAs iſt das Lieben dieſer Zeit? nichts als ein bloßer Schatten; ein ſchnoͤder Tand voll Eitelkeit/ ein ringer Staub der Matten: Jch ſage/ daß es nichs nicht ſey/ als eine falſche Jaͤgerey. 2. Sie

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/178>, abgerufen am 27.11.2024.