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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Historie III. Buch.
men können/ aller derjenigen Sachen/ die
den Menschen wol und übel anzustehen
pflegen. Dergestalt und aus diesen Ursa-
chen resolvirte ich mich/ bey ihm so lange
zu bleiben/ bis ich ihm nichts mehr würde
zu observiren haben Aber in der ersten
Woche wurde ich schon gewahr/ daß ich
so viel nicht merken konte/ als er bege-
hen würde/ dann es war ein überaus
artlicher Mann/ als ich noch einen auf
Erden gesehen.

Wann ihm ein Bauer beichtete/
und der Pfarr-Herr wuste ein loses
Stück/ daß er zuvor begangen/ als mit
Rauffen/ Schlagen/ Zanken und Voll-
sauffen/ so straffte er ihn um eine Gans;
war aber das Verbrechen größer/ so
muste er ihm 2 bis 3 Hüner geben. An
statt des Beicht-Pfennigs musten sie ihn
samt der Frauen/ Kinder und mich tra-
ct
iren/ und auf eine solche Weis bekam
ich noch zu essen genug/ denn das Dorf
war groß/ und es beichteten fast monat-
lich ihrer 10 Baurn/ dahero gab es noch
zimliche Schnap-Bißlein; ich hab mich
oft verwundert/ warum seine Schue
nicht zerrißen/ aber hernach hörte ich

von dem

Hiſtorie III. Buch.
men koͤñen/ aller derjenigen Sachen/ die
den Menſchen wol und uͤbel anzuſtehen
pflegen. Dergeſtalt uñ aus dieſen Urſa-
chen reſolviꝛte ich mich/ bey ihm ſo lange
zu bleibẽ/ bis ich ihm nichts mehr wuͤrde
zu obſerviren haben Aber in der erſten
Woche wurde ich ſchon gewahr/ daß ich
ſo viel nicht merken konte/ als er bege-
hen wuͤrde/ dann es war ein uͤberaus
artlicher Mann/ als ich noch einen auf
Erden geſehen.

Wann ihm ein Bauer beichtete/
und der Pfarꝛ-Herꝛ wuſte ein loſes
Stuͤck/ daß er zuvor begangen/ als mit
Rauffen/ Schlagen/ Zanken und Voll-
ſauffen/ ſo ſtraffte er ihn um eine Gans;
war aber das Verbrechen groͤßer/ ſo
muſte er ihm 2 bis 3 Huͤner geben. An
ſtatt des Beicht-Pfeñigs muſten ſie ihn
ſamt der Frauen/ Kinder und mich tra-
ct
iren/ und auf eine ſolche Weis bekam
ich noch zu eſſen genug/ denn das Dorf
war groß/ und es beichteten faſt monat-
lich ihrer 10 Baurn/ dahero gab es noch
zimliche Schnap-Bißlein; ich hab mich
oft verwundert/ warum ſeine Schue
nicht zerrißen/ aber hernach hoͤrte ich

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[129/0137] Hiſtorie III. Buch. men koͤñen/ aller derjenigen Sachen/ die den Menſchen wol und uͤbel anzuſtehen pflegen. Dergeſtalt uñ aus dieſen Urſa- chen reſolviꝛte ich mich/ bey ihm ſo lange zu bleibẽ/ bis ich ihm nichts mehr wuͤrde zu obſerviren haben Aber in der erſten Woche wurde ich ſchon gewahr/ daß ich ſo viel nicht merken konte/ als er bege- hen wuͤrde/ dann es war ein uͤberaus artlicher Mann/ als ich noch einen auf Erden geſehen. Wann ihm ein Bauer beichtete/ und der Pfarꝛ-Herꝛ wuſte ein loſes Stuͤck/ daß er zuvor begangen/ als mit Rauffen/ Schlagen/ Zanken und Voll- ſauffen/ ſo ſtraffte er ihn um eine Gans; war aber das Verbrechen groͤßer/ ſo muſte er ihm 2 bis 3 Huͤner geben. An ſtatt des Beicht-Pfeñigs muſten ſie ihn ſamt der Frauen/ Kinder und mich tra- ctiren/ und auf eine ſolche Weis bekam ich noch zu eſſen genug/ denn das Dorf war groß/ und es beichteten faſt monat- lich ihrer 10 Baurn/ dahero gab es noch zimliche Schnap-Bißlein; ich hab mich oft verwundert/ warum ſeine Schue nicht zerrißen/ aber hernach hoͤrte ich von dem

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/137>, abgerufen am 03.05.2024.