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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Historie III. Buch.
Nohtdurf verrichten wolte/ muste ich
auf einen Dach-Ziegel hofieren/ und
solchen hinunter auf die Gaße werffen.
Jhr könnet unmäglich glauben/ wie
langweilig mir die Zeit in dieser Krank-
heit geworden. Jnzwischen schickte der
Vormunder zehen Thaler herein/ da-
vor ließ man mir Ader/ und wurde in
warmen Wasser gebadet/ auch muste
mir die Magd die Läuse vom Kopf ab-
kämmen. Dieses war der ganze Pro-
cess.
Jch wurde bald etwas bäßer/
und kam von mir selbst/ ohne medica-
ment
en/ zu rechte/ aber von den zehen
Thalern hatte ich keines Groschens
werth mehr zu genießen/ auser eines
geflickten Paar Schuhes/ welches sie
mir indeßen hatten doppeln lassen.
Die Frau hatte in deßen alle Bier-
Suppen fleißig mit der Kreide ange-
schrieben/ und setzte solche alle in den
Extra-Zeddul; da belieffen sich die Un-
kosten meiner Krankheit auf zwölf Tha-
ler/ dahero muste der Vormunder
noch einen Ducaten herausgeben.

Nach dieser Krankhelt durfte ich
vierzehen Tage keine harte Arbeit mehr

thun/

Hiſtorie III. Buch.
Nohtdurf verrichten wolte/ muſte ich
auf einen Dach-Ziegel hofieren/ und
ſolchen hinunter auf die Gaße werffen.
Jhr koͤnnet unmaͤglich glauben/ wie
langweilig mir die Zeit in dieſer Krank-
heit geworden. Jnzwiſchen ſchickte der
Vormunder zehen Thaler herein/ da-
vor ließ man mir Ader/ und wurde in
warmen Waſſer gebadet/ auch muſte
mir die Magd die Laͤuſe vom Kopf ab-
kaͤmmen. Dieſes war der ganze Pro-
ceſs.
Jch wurde bald etwas baͤßer/
und kam von mir ſelbſt/ ohne medica-
ment
en/ zu rechte/ aber von den zehen
Thalern hatte ich keines Groſchens
werth mehr zu genießen/ auſer eines
geflickten Paar Schuhes/ welches ſie
mir indeßen hatten doppeln laſſen.
Die Frau hatte in deßen alle Bier-
Suppen fleißig mit der Kreide ange-
ſchrieben/ und ſetzte ſolche alle in den
Extra-Zeddul; da belieffen ſich die Un-
koſten meiner Krankheit auf zwoͤlf Tha-
ler/ dahero muſte der Vormunder
noch einen Ducaten herausgeben.

Nach dieſer Krankhelt durfte ich
vierzehen Tage keine harte Arbeit mehr

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[115/0123] Hiſtorie III. Buch. Nohtdurf verrichten wolte/ muſte ich auf einen Dach-Ziegel hofieren/ und ſolchen hinunter auf die Gaße werffen. Jhr koͤnnet unmaͤglich glauben/ wie langweilig mir die Zeit in dieſer Krank- heit geworden. Jnzwiſchen ſchickte der Vormunder zehen Thaler herein/ da- vor ließ man mir Ader/ und wurde in warmen Waſſer gebadet/ auch muſte mir die Magd die Laͤuſe vom Kopf ab- kaͤmmen. Dieſes war der ganze Pro- ceſs. Jch wurde bald etwas baͤßer/ und kam von mir ſelbſt/ ohne medica- menten/ zu rechte/ aber von den zehen Thalern hatte ich keines Groſchens werth mehr zu genießen/ auſer eines geflickten Paar Schuhes/ welches ſie mir indeßen hatten doppeln laſſen. Die Frau hatte in deßen alle Bier- Suppen fleißig mit der Kreide ange- ſchrieben/ und ſetzte ſolche alle in den Extra-Zeddul; da belieffen ſich die Un- koſten meiner Krankheit auf zwoͤlf Tha- ler/ dahero muſte der Vormunder noch einen Ducaten herausgeben. Nach dieſer Krankhelt durfte ich vierzehen Tage keine harte Arbeit mehr thun/

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/123>, abgerufen am 03.05.2024.