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[Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680.

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Kurzweiliger
ste ich wahrlich nicht/ wie ich mir sol-
che solle verkürzt haben. Das Dach
war allenthalben offen/ deßwegen gien-
ge der Wind Tag und Nacht auf mich/
und wann es regnete/ benätzte es mich
daß es taugte. Jch hatte einen klei-
nen Puffer/ den muste mir der Schü-
ler verkauffen/ und um dasselbige
Geld ließ ich mir einige Brat-Würste
bringen/ die fraß ich in dem grösten
Hunger in den Bauch hinein/ und
tranck Kovent darauf/ das kneipte mich
im Leibe/ wie eine Feur-Zange. Wann
mein Herr oder die Frau zu mir hinauf
kamen/ so fragten sie mich/ ob ich nicht
bald wolte gesund werden/ und dieses
war der ganze Trost mit Wurzeln und
Stengel. Zuweilen schickten sie mir
eine Bier-Suppe mit Kümel gema-
chet; das geschahe die Wochen zwey-
mal. Zuweilen kamen die rammlen-
den Katzen/ die trieben ihr Spiel hin-
ter und vor mir/ sie sprangen Creutz-
Weise über mein Bette/ und weil ich
mich vor großer Schwachheit kaum
rühren kunte: kratzten sie mir Maul
und Nasen wund. Wann ich meine

Noht-

Kurzweiliger
ſte ich wahrlich nicht/ wie ich mir ſol-
che ſolle verkuͤrzt haben. Das Dach
war allenthalben offen/ deßwegen gien-
ge der Wind Tag und Nacht auf mich/
und wann es regnete/ benaͤtzte es mich
daß es taugte. Jch hatte einen klei-
nen Puffer/ den muſte mir der Schuͤ-
ler verkauffen/ und um daſſelbige
Geld ließ ich mir einige Brat-Wuͤrſte
bringen/ die fraß ich in dem groͤſten
Hunger in den Bauch hinein/ und
tranck Kovent darauf/ das kneipte mich
im Leibe/ wie eine Feur-Zange. Wañ
mein Herꝛ oder die Frau zu mir hinauf
kamen/ ſo fragten ſie mich/ ob ich nicht
bald wolte geſund werden/ und dieſes
war der ganze Troſt mit Wurzeln und
Stengel. Zuweilen ſchickten ſie mir
eine Bier-Suppe mit Kuͤmel gema-
chet; das geſchahe die Wochen zwey-
mal. Zuweilen kamen die rammlen-
den Katzen/ die trieben ihr Spiel hin-
ter und vor mir/ ſie ſprangen Creutz-
Weiſe uͤber mein Bette/ und weil ich
mich vor großer Schwachheit kaum
ruͤhren kunte: kratzten ſie mir Maul
und Naſen wund. Wann ich meine

Noht-
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[114/0122] Kurzweiliger ſte ich wahrlich nicht/ wie ich mir ſol- che ſolle verkuͤrzt haben. Das Dach war allenthalben offen/ deßwegen gien- ge der Wind Tag und Nacht auf mich/ und wann es regnete/ benaͤtzte es mich daß es taugte. Jch hatte einen klei- nen Puffer/ den muſte mir der Schuͤ- ler verkauffen/ und um daſſelbige Geld ließ ich mir einige Brat-Wuͤrſte bringen/ die fraß ich in dem groͤſten Hunger in den Bauch hinein/ und tranck Kovent darauf/ das kneipte mich im Leibe/ wie eine Feur-Zange. Wañ mein Herꝛ oder die Frau zu mir hinauf kamen/ ſo fragten ſie mich/ ob ich nicht bald wolte geſund werden/ und dieſes war der ganze Troſt mit Wurzeln und Stengel. Zuweilen ſchickten ſie mir eine Bier-Suppe mit Kuͤmel gema- chet; das geſchahe die Wochen zwey- mal. Zuweilen kamen die rammlen- den Katzen/ die trieben ihr Spiel hin- ter und vor mir/ ſie ſprangen Creutz- Weiſe uͤber mein Bette/ und weil ich mich vor großer Schwachheit kaum ruͤhren kunte: kratzten ſie mir Maul und Naſen wund. Wann ich meine Noht-

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Zitationshilfe: [Beer, Johann]: Jucundi Jucundissimi Wunderliche Lebens-Beschreibung. [s. l.], 1680, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_lebensbeschreibung_1680/122>, abgerufen am 03.05.2024.