Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beer, Johann: Der verliebte Europäer, Oder Warhafftige Liebes-Roman. Wien, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Der verliebte
"Denn bißweilen finden sich Rathge-
"ber/ welche mit einer songerbaren
"Manier zu ihren Vorthel rathen/ und
"kan ich nicht sehen/ was vor Klugheit
"darhinter stecken soll/ daß eine Mut-
"ter offt einen Sohn zwingen wollen/
"an diesem oder jenem Orte zu verblei-
"ben. Ein frey Gemüth ist zwar
"schuldig/ denen Eltern zu gehorchen/
"hingegen aber sollen auch die Eltern
"ihre Kinder nicht/ aus blosser Singu-
"lari
tät/ won diesem oder jenem abhal-
"ten/ oder zu diesem oder jenem zwin-
"gen. Denn solcher Zwang nimmet
"selten ein gut Ende/ wie ich viel Exem-
"pel weiß/ da Eltern mit ihrem Zwang/
"und zwar aus guter Meynung/ ihre
"Kinder um zeitliche und wohl gar e-
"wige Wolfarth gebracht. Hingegen
"weiß ich auch Söhne/ welche in ihrer
"Jugend von ihren Eltern/ und ab-
"sonderlich denen Müttern/ vor unge-

hor-

Der verliebte
„Denn bißweilen finden ſich Rathge-
„ber/ welche mit einer ſongerbaren
„Manier zu ihren Vorthel rathen/ und
„kan ich nicht ſehen/ was vor Klugheit
„darhinter ſtecken ſoll/ daß eine Mut-
„ter offt einen Sohn zwingen wollen/
„an dieſem oder jenem Orte zu verblei-
„ben. Ein frey Gemuͤth iſt zwar
„ſchuldig/ denen Eltern zu gehorchen/
„hingegen aber ſollen auch die Eltern
„ihre Kinder nicht/ aus bloſſer Singu-
„lari
taͤt/ won dieſem oder jenem abhal-
„ten/ oder zu dieſem oder jenem zwin-
„gen. Denn ſolcher Zwang nimmet
„ſelten ein gut Ende/ wie ich viel Exem-
„pel weiß/ da Eltern mit ihrem Zwang/
„und zwar aus guter Meynung/ ihre
„Kinder um zeitliche und wohl gar e-
„wige Wolfarth gebracht. Hingegen
„weiß ich auch Soͤhne/ welche in ihrer
„Jugend von ihren Eltern/ und ab-
„ſonderlich denen Muͤttern/ vor unge-

hor-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="166"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der verliebte</hi></fw><lb/>
&#x201E;Denn bißweilen finden &#x017F;ich Rathge-<lb/>
&#x201E;ber/ welche mit einer &#x017F;ongerbaren<lb/>
&#x201E;Manier zu ihren Vorthel rathen/ und<lb/>
&#x201E;kan ich nicht &#x017F;ehen/ was vor Klugheit<lb/>
&#x201E;darhinter &#x017F;tecken &#x017F;oll/ daß eine Mut-<lb/>
&#x201E;ter offt einen Sohn zwingen wollen/<lb/>
&#x201E;an die&#x017F;em oder jenem Orte zu verblei-<lb/>
&#x201E;ben. Ein frey Gemu&#x0364;th i&#x017F;t zwar<lb/>
&#x201E;&#x017F;chuldig/ denen Eltern zu gehorchen/<lb/>
&#x201E;hingegen aber &#x017F;ollen auch die Eltern<lb/>
&#x201E;ihre Kinder nicht/ aus blo&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Singu-<lb/>
&#x201E;lari</hi>ta&#x0364;t/ won die&#x017F;em oder jenem abhal-<lb/>
&#x201E;ten/ oder zu die&#x017F;em oder jenem zwin-<lb/>
&#x201E;gen. Denn &#x017F;olcher Zwang nimmet<lb/>
&#x201E;&#x017F;elten ein gut Ende/ wie ich viel Exem-<lb/>
&#x201E;pel weiß/ da Eltern mit ihrem Zwang/<lb/>
&#x201E;und zwar aus guter Meynung/ ihre<lb/>
&#x201E;Kinder um zeitliche und wohl gar e-<lb/>
&#x201E;wige Wolfarth gebracht. Hingegen<lb/>
&#x201E;weiß ich auch So&#x0364;hne/ welche in ihrer<lb/>
&#x201E;Jugend von ihren Eltern/ und ab-<lb/>
&#x201E;&#x017F;onderlich denen Mu&#x0364;ttern/ vor unge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hor-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0188] Der verliebte „Denn bißweilen finden ſich Rathge- „ber/ welche mit einer ſongerbaren „Manier zu ihren Vorthel rathen/ und „kan ich nicht ſehen/ was vor Klugheit „darhinter ſtecken ſoll/ daß eine Mut- „ter offt einen Sohn zwingen wollen/ „an dieſem oder jenem Orte zu verblei- „ben. Ein frey Gemuͤth iſt zwar „ſchuldig/ denen Eltern zu gehorchen/ „hingegen aber ſollen auch die Eltern „ihre Kinder nicht/ aus bloſſer Singu- „laritaͤt/ won dieſem oder jenem abhal- „ten/ oder zu dieſem oder jenem zwin- „gen. Denn ſolcher Zwang nimmet „ſelten ein gut Ende/ wie ich viel Exem- „pel weiß/ da Eltern mit ihrem Zwang/ „und zwar aus guter Meynung/ ihre „Kinder um zeitliche und wohl gar e- „wige Wolfarth gebracht. Hingegen „weiß ich auch Soͤhne/ welche in ihrer „Jugend von ihren Eltern/ und ab- „ſonderlich denen Muͤttern/ vor unge- hor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682/188
Zitationshilfe: Beer, Johann: Der verliebte Europäer, Oder Warhafftige Liebes-Roman. Wien, 1682, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682/188>, abgerufen am 30.04.2024.