Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beer, Johann: Der verliebte Europäer, Oder Warhafftige Liebes-Roman. Wien, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Der verliebte
Titel/ da nimmt man auff Gastereyen
den Rang nicht recht in octo, da be-
gegnet man manchem nicht mit gnug-
samer Höffligkeit/ und solte bißweilen
den Hut einen Zoll tieffer abnehmen;
Wenn man nun solches auff ein Haar
wohl observiret/ da ist man ein Politi-
cus,
da heisset es Der Mensch kan sich
wohl unter die Leute schicken/ ist so viel
geredet/ als ob man spräche: Der
Mensch kan wacker schmeicheln/ er sa-
get/ weiß sey schwartz/ und schwartz weiß/
wie ich es haben wil. Denn es ist ein
erschrecklicher Unterscheid zwischen ei-
nen Politico im gemeinen und rechten
Verstande genommen.

Denn diß ist wohl wahr/ der ein
Politicus in vero sensu ist/ ist meh-
rentheils auch ein Politicus nach der
gemeinen Redens-Art/ aber nicht um-
gekehret. Alexander wolte hierauff

wie-

Der verliebte
Titel/ da nimmt man auff Gaſtereyen
den Rang nicht recht in octo, da be-
gegnet man manchem nicht mit gnug-
ſamer Hoͤffligkeit/ und ſolte bißweilen
den Hut einen Zoll tieffer abnehmen;
Wenn man nun ſolches auff ein Haar
wohl obſerviret/ da iſt man ein Politi-
cus,
da heiſſet es Der Menſch kan ſich
wohl unter die Leute ſchicken/ iſt ſo viel
geredet/ als ob man ſpraͤche: Der
Menſch kan wacker ſchmeicheln/ er ſa-
get/ weiß ſey ſchwaꝛtz/ und ſchwaꝛtz weiß/
wie ich es haben wil. Denn es iſt ein
erſchrecklicher Unterſcheid zwiſchen ei-
nen Politico im gemeinen und rechten
Verſtande genommen.

Denn diß iſt wohl wahr/ der ein
Politicus in vero ſenſu iſt/ iſt meh-
rentheils auch ein Politicus nach der
gemeinen Redens-Art/ aber nicht um-
gekehret. Alexander wolte hierauff

wie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="140"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der verliebte</hi></fw><lb/>
Titel/ da nimmt man auff Ga&#x017F;tereyen<lb/>
den <hi rendition="#aq">Rang</hi> nicht recht in <hi rendition="#aq">octo,</hi> da be-<lb/>
gegnet man manchem nicht mit gnug-<lb/>
&#x017F;amer Ho&#x0364;ffligkeit/ und &#x017F;olte bißweilen<lb/>
den Hut einen Zoll tieffer abnehmen;<lb/>
Wenn man nun &#x017F;olches auff ein Haar<lb/>
wohl <hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervi</hi>ret/ da i&#x017F;t man ein <hi rendition="#aq">Politi-<lb/>
cus,</hi> da hei&#x017F;&#x017F;et es Der Men&#x017F;ch kan &#x017F;ich<lb/>
wohl unter die Leute &#x017F;chicken/ i&#x017F;t &#x017F;o viel<lb/>
geredet/ als ob man &#x017F;pra&#x0364;che: Der<lb/>
Men&#x017F;ch kan wacker &#x017F;chmeicheln/ er &#x017F;a-<lb/>
get/ weiß &#x017F;ey &#x017F;chwa&#xA75B;tz/ und &#x017F;chwa&#xA75B;tz weiß/<lb/>
wie ich es haben wil. Denn es i&#x017F;t ein<lb/>
er&#x017F;chrecklicher Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen ei-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">Politico</hi> im gemeinen und rechten<lb/>
Ver&#x017F;tande genommen.</p><lb/>
        <p>Denn diß i&#x017F;t wohl wahr/ der ein<lb/><hi rendition="#aq">Politicus in vero &#x017F;en&#x017F;u</hi> i&#x017F;t/ i&#x017F;t meh-<lb/>
rentheils auch ein <hi rendition="#aq">Politicus</hi> nach der<lb/>
gemeinen Redens-Art/ aber nicht um-<lb/>
gekehret. <hi rendition="#aq">Alexander</hi> wolte hierauff<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0162] Der verliebte Titel/ da nimmt man auff Gaſtereyen den Rang nicht recht in octo, da be- gegnet man manchem nicht mit gnug- ſamer Hoͤffligkeit/ und ſolte bißweilen den Hut einen Zoll tieffer abnehmen; Wenn man nun ſolches auff ein Haar wohl obſerviret/ da iſt man ein Politi- cus, da heiſſet es Der Menſch kan ſich wohl unter die Leute ſchicken/ iſt ſo viel geredet/ als ob man ſpraͤche: Der Menſch kan wacker ſchmeicheln/ er ſa- get/ weiß ſey ſchwaꝛtz/ und ſchwaꝛtz weiß/ wie ich es haben wil. Denn es iſt ein erſchrecklicher Unterſcheid zwiſchen ei- nen Politico im gemeinen und rechten Verſtande genommen. Denn diß iſt wohl wahr/ der ein Politicus in vero ſenſu iſt/ iſt meh- rentheils auch ein Politicus nach der gemeinen Redens-Art/ aber nicht um- gekehret. Alexander wolte hierauff wie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682/162
Zitationshilfe: Beer, Johann: Der verliebte Europäer, Oder Warhafftige Liebes-Roman. Wien, 1682, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_europa_1682/162>, abgerufen am 30.04.2024.