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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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durch jene Bauten werden oft ganze Reihen Wohnungen für
ärmere Leute niedergerissen,*) und diese immer mehr in die Enge
und in die Winkel getrieben. Die ärmere Bevölkerung steht in
dieser Beziehung am schlimmsten; es fehlen ihr manchmal die
Mittel, weit öfter aber die Einsicht in das, was ihr eigener
Vortheil und ihnen zu erreichen möglich ist, und damit auch
der Wille; denn dieser hat an der richtigen Erkenntniß das
kräftigste Reizmittel. So macht sich denn das gesellschaftliche
Leben hauptsächlich an sie. Es werden die Mittel herbeige-
schafft. Allerhand Leben und Gesundheit fördernde Anstalten
werden errichtet, die verschiedenen Kassen, Wasch- und Bade-
anstalten; es werden Wohnungen gebaut, alte schon bestehende,
aber ungesunde und schlechte nach den Erfordernissen der Ge-
sundheit und Bequemlichkeit hergerichtet. Aber auch die Ein-
sicht
wird gefördert, mündlich und schriftlich wird Belehrung
verbreitet. Auch der Staat schließt sich dieser Richtung kräftig
an. Jn den Schulen werden die Leibesübungen zu Ehren ge-
zogen; die Beschäftigung der industriellen Bevölkerung wird
darauf angesehen, ob sie der Gesundheit positiv schädlich sei;
es werden gewisse Einschränkungen eingeführt, vorsorgende und
schützende Maßregeln getroffen, namentlich gegenüber der Jugend
und dem weiblichen Geschlechte; Nahrungsmittel und Getränke
werden immer mehr einer polizeilichen Controlle unterworfen;
Gefängnisse, Kasernen, Krankenhäuser, Schulen nach den Ge-
setzen der Gesundheitslehre eingerichtet und umgeändert. Ja
in mehrern Staaten macht man sich sogar an die Privat-
häuser. Jn den Städten werden Straßen erweitert, schlechte
Quartiere wie faule Nester ausgehoben, Licht und Luft der
Zugang geöffnet, Wasser hinein geleitet, die Unreinlichkeiten
weggeführt.

Woher rühren alle diese Bestrebungen, Leben und
Gesundheit zu verlängern und zu verbessern?

Hat man erst jetzt angefangen, Leben und Gesundheit zu
lieben? Nein, diese Liebe war schon vorhanden, wenn man auch
erst jetzt angefangen hat, es etwas allgemein und getrost zu

*) Antrag für Errichtung von Arbeiterwohnungen in Basel. 1853.

durch jene Bauten werden oft ganze Reihen Wohnungen für
ärmere Leute niedergeriſſen,*) und dieſe immer mehr in die Enge
und in die Winkel getrieben. Die ärmere Bevölkerung ſteht in
dieſer Beziehung am ſchlimmſten; es fehlen ihr manchmal die
Mittel, weit öfter aber die Einſicht in das, was ihr eigener
Vortheil und ihnen zu erreichen möglich iſt, und damit auch
der Wille; denn dieſer hat an der richtigen Erkenntniß das
kräftigſte Reizmittel. So macht ſich denn das geſellſchaftliche
Leben hauptſächlich an ſie. Es werden die Mittel herbeige-
ſchafft. Allerhand Leben und Geſundheit fördernde Anſtalten
werden errichtet, die verſchiedenen Kaſſen, Waſch- und Bade-
anſtalten; es werden Wohnungen gebaut, alte ſchon beſtehende,
aber ungeſunde und ſchlechte nach den Erforderniſſen der Ge-
ſundheit und Bequemlichkeit hergerichtet. Aber auch die Ein-
ſicht
wird gefördert, mündlich und ſchriftlich wird Belehrung
verbreitet. Auch der Staat ſchließt ſich dieſer Richtung kräftig
an. Jn den Schulen werden die Leibesübungen zu Ehren ge-
zogen; die Beſchäftigung der induſtriellen Bevölkerung wird
darauf angeſehen, ob ſie der Geſundheit poſitiv ſchädlich ſei;
es werden gewiſſe Einſchränkungen eingeführt, vorſorgende und
ſchützende Maßregeln getroffen, namentlich gegenüber der Jugend
und dem weiblichen Geſchlechte; Nahrungsmittel und Getränke
werden immer mehr einer polizeilichen Controlle unterworfen;
Gefängniſſe, Kaſernen, Krankenhäuſer, Schulen nach den Ge-
ſetzen der Geſundheitslehre eingerichtet und umgeändert. Ja
in mehrern Staaten macht man ſich ſogar an die Privat-
häuſer. Jn den Städten werden Straßen erweitert, ſchlechte
Quartiere wie faule Neſter ausgehoben, Licht und Luft der
Zugang geöffnet, Waſſer hinein geleitet, die Unreinlichkeiten
weggeführt.

Woher rühren alle dieſe Beſtrebungen, Leben und
Geſundheit zu verlängern und zu verbeſſern?

Hat man erſt jetzt angefangen, Leben und Geſundheit zu
lieben? Nein, dieſe Liebe war ſchon vorhanden, wenn man auch
erſt jetzt angefangen hat, es etwas allgemein und getroſt zu

*) Antrag für Errichtung von Arbeiterwohnungen in Baſel. 1853.
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[4/0004] durch jene Bauten werden oft ganze Reihen Wohnungen für ärmere Leute niedergeriſſen, *) und dieſe immer mehr in die Enge und in die Winkel getrieben. Die ärmere Bevölkerung ſteht in dieſer Beziehung am ſchlimmſten; es fehlen ihr manchmal die Mittel, weit öfter aber die Einſicht in das, was ihr eigener Vortheil und ihnen zu erreichen möglich iſt, und damit auch der Wille; denn dieſer hat an der richtigen Erkenntniß das kräftigſte Reizmittel. So macht ſich denn das geſellſchaftliche Leben hauptſächlich an ſie. Es werden die Mittel herbeige- ſchafft. Allerhand Leben und Geſundheit fördernde Anſtalten werden errichtet, die verſchiedenen Kaſſen, Waſch- und Bade- anſtalten; es werden Wohnungen gebaut, alte ſchon beſtehende, aber ungeſunde und ſchlechte nach den Erforderniſſen der Ge- ſundheit und Bequemlichkeit hergerichtet. Aber auch die Ein- ſicht wird gefördert, mündlich und ſchriftlich wird Belehrung verbreitet. Auch der Staat ſchließt ſich dieſer Richtung kräftig an. Jn den Schulen werden die Leibesübungen zu Ehren ge- zogen; die Beſchäftigung der induſtriellen Bevölkerung wird darauf angeſehen, ob ſie der Geſundheit poſitiv ſchädlich ſei; es werden gewiſſe Einſchränkungen eingeführt, vorſorgende und ſchützende Maßregeln getroffen, namentlich gegenüber der Jugend und dem weiblichen Geſchlechte; Nahrungsmittel und Getränke werden immer mehr einer polizeilichen Controlle unterworfen; Gefängniſſe, Kaſernen, Krankenhäuſer, Schulen nach den Ge- ſetzen der Geſundheitslehre eingerichtet und umgeändert. Ja in mehrern Staaten macht man ſich ſogar an die Privat- häuſer. Jn den Städten werden Straßen erweitert, ſchlechte Quartiere wie faule Neſter ausgehoben, Licht und Luft der Zugang geöffnet, Waſſer hinein geleitet, die Unreinlichkeiten weggeführt. Woher rühren alle dieſe Beſtrebungen, Leben und Geſundheit zu verlängern und zu verbeſſern? Hat man erſt jetzt angefangen, Leben und Geſundheit zu lieben? Nein, dieſe Liebe war ſchon vorhanden, wenn man auch erſt jetzt angefangen hat, es etwas allgemein und getroſt zu *) Antrag für Errichtung von Arbeiterwohnungen in Baſel. 1853.

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/4>, abgerufen am 23.11.2024.