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Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.

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Gegentheil, wo du dir so etwas erwerben kannst, spare es nicht.
Pflanze dir ein paar Bäume, nicht zu nahe an's Haus. Bist du
ein Bauersmann, oder machst nur so Armenleutenmist aus Laub,
Stroh, allerhand Abfällen und etwas Dünnen drauf, so ent-
ferne die Mist- und Composthaufen und -Lachen vom Hause.
Besser etwas weiter gehen und gesunde Luft, als Mist und Ge-
stank so nahe beisammen. Arbeiter, kaufe, miethe lieber ein
Häuschen, das etwas fern vom Arbeitslokale ist und dabei freier
und sonniger. Der größere Weg, den du machen mußt, bringt
dir's reichlich ein. Schon dieser tägliche Spaziergang, der dir
auch nicht Zeit läßt, im Wirthshaus anzukehren, thut dir gut,
und die reinere Luft, die du im Hause hast, noch besser. Du
wirst von jedem Gang stärker und von jeder Nacht, die du in
der frischern Luft schläfst, munterer. Nur das Wasser, wie wir
schon gesagt, solltest du nicht zu weit weg haben und die Lebens-
bedürfnisse nicht, die deine Frau kaufen muß, damit sie nicht
zu lange von ihren Kindern und der Haushaltung sich ent-
fernen muß.*)

2. Der Boden. Die Wohnung muß nicht aus dem Bo-
den heraus wachsen. Fest soll sie auf dem Boden stehen wie
ein Baum in der Erde; aber nicht wie ein Baum mit dem
Boden durch große und dann immer feinere Wurzeln so innig
verbunden sein, daß wie in dem Baume die Säfte so die Feuch-
tigkeit des Bodens durch Stoffe, die sie anziehen und weiter
leiten, in's Haus hinauf steigt. Die Wohnung soll fest auf
dem Boden ruhen, aber vom Boden isolirt sein, mechanisch mit
ihm verbunden, aber nicht durch den Stoff oder durch Kräfte.
Zu dem Ende hat man Folgendes zu beobachten. Wähle für's
erste einen an sich trockenen Boden; stelle das Haus etwas
höher, als der es umgebende Boden ist. Mußt du an eine steile
Berghalde bauen, wie man das in engen schroffen Thälern oft
muß, so baue nicht unmittelbar hinten in den Berg hinein;
schneide einen Durchgang hinten zwischen dem Hause und dem
Abhang ein, führe die Hausmauer hinten frei auf wie die
Seiten- und vordern Mauern und laß hinten zwischen dem

*) Vgl. über diesen und folgende Abschnitte besonders: Oesterlen, Hand-
buch der Hygieine. Tübingen 1851.

Gegentheil, wo du dir ſo etwas erwerben kannſt, ſpare es nicht.
Pflanze dir ein paar Bäume, nicht zu nahe an's Haus. Biſt du
ein Bauersmann, oder machſt nur ſo Armenleutenmiſt aus Laub,
Stroh, allerhand Abfällen und etwas Dünnen drauf, ſo ent-
ferne die Miſt- und Compoſthaufen und -Lachen vom Hauſe.
Beſſer etwas weiter gehen und geſunde Luft, als Miſt und Ge-
ſtank ſo nahe beiſammen. Arbeiter, kaufe, miethe lieber ein
Häuschen, das etwas fern vom Arbeitslokale iſt und dabei freier
und ſonniger. Der größere Weg, den du machen mußt, bringt
dir's reichlich ein. Schon dieſer tägliche Spaziergang, der dir
auch nicht Zeit läßt, im Wirthshaus anzukehren, thut dir gut,
und die reinere Luft, die du im Hauſe haſt, noch beſſer. Du
wirſt von jedem Gang ſtärker und von jeder Nacht, die du in
der friſchern Luft ſchläfſt, munterer. Nur das Waſſer, wie wir
ſchon geſagt, ſollteſt du nicht zu weit weg haben und die Lebens-
bedürfniſſe nicht, die deine Frau kaufen muß, damit ſie nicht
zu lange von ihren Kindern und der Haushaltung ſich ent-
fernen muß.*)

2. Der Boden. Die Wohnung muß nicht aus dem Bo-
den heraus wachſen. Feſt ſoll ſie auf dem Boden ſtehen wie
ein Baum in der Erde; aber nicht wie ein Baum mit dem
Boden durch große und dann immer feinere Wurzeln ſo innig
verbunden ſein, daß wie in dem Baume die Säfte ſo die Feuch-
tigkeit des Bodens durch Stoffe, die ſie anziehen und weiter
leiten, in's Haus hinauf ſteigt. Die Wohnung ſoll feſt auf
dem Boden ruhen, aber vom Boden iſolirt ſein, mechaniſch mit
ihm verbunden, aber nicht durch den Stoff oder durch Kräfte.
Zu dem Ende hat man Folgendes zu beobachten. Wähle für's
erſte einen an ſich trockenen Boden; ſtelle das Haus etwas
höher, als der es umgebende Boden iſt. Mußt du an eine ſteile
Berghalde bauen, wie man das in engen ſchroffen Thälern oft
muß, ſo baue nicht unmittelbar hinten in den Berg hinein;
ſchneide einen Durchgang hinten zwiſchen dem Hauſe und dem
Abhang ein, führe die Hausmauer hinten frei auf wie die
Seiten- und vordern Mauern und laß hinten zwiſchen dem

*) Vgl. über dieſen und folgende Abſchnitte beſonders: Oeſterlen, Hand-
buch der Hygieine. Tübingen 1851.
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[36/0036] Gegentheil, wo du dir ſo etwas erwerben kannſt, ſpare es nicht. Pflanze dir ein paar Bäume, nicht zu nahe an's Haus. Biſt du ein Bauersmann, oder machſt nur ſo Armenleutenmiſt aus Laub, Stroh, allerhand Abfällen und etwas Dünnen drauf, ſo ent- ferne die Miſt- und Compoſthaufen und -Lachen vom Hauſe. Beſſer etwas weiter gehen und geſunde Luft, als Miſt und Ge- ſtank ſo nahe beiſammen. Arbeiter, kaufe, miethe lieber ein Häuschen, das etwas fern vom Arbeitslokale iſt und dabei freier und ſonniger. Der größere Weg, den du machen mußt, bringt dir's reichlich ein. Schon dieſer tägliche Spaziergang, der dir auch nicht Zeit läßt, im Wirthshaus anzukehren, thut dir gut, und die reinere Luft, die du im Hauſe haſt, noch beſſer. Du wirſt von jedem Gang ſtärker und von jeder Nacht, die du in der friſchern Luft ſchläfſt, munterer. Nur das Waſſer, wie wir ſchon geſagt, ſollteſt du nicht zu weit weg haben und die Lebens- bedürfniſſe nicht, die deine Frau kaufen muß, damit ſie nicht zu lange von ihren Kindern und der Haushaltung ſich ent- fernen muß. *) 2. Der Boden. Die Wohnung muß nicht aus dem Bo- den heraus wachſen. Feſt ſoll ſie auf dem Boden ſtehen wie ein Baum in der Erde; aber nicht wie ein Baum mit dem Boden durch große und dann immer feinere Wurzeln ſo innig verbunden ſein, daß wie in dem Baume die Säfte ſo die Feuch- tigkeit des Bodens durch Stoffe, die ſie anziehen und weiter leiten, in's Haus hinauf ſteigt. Die Wohnung ſoll feſt auf dem Boden ruhen, aber vom Boden iſolirt ſein, mechaniſch mit ihm verbunden, aber nicht durch den Stoff oder durch Kräfte. Zu dem Ende hat man Folgendes zu beobachten. Wähle für's erſte einen an ſich trockenen Boden; ſtelle das Haus etwas höher, als der es umgebende Boden iſt. Mußt du an eine ſteile Berghalde bauen, wie man das in engen ſchroffen Thälern oft muß, ſo baue nicht unmittelbar hinten in den Berg hinein; ſchneide einen Durchgang hinten zwiſchen dem Hauſe und dem Abhang ein, führe die Hausmauer hinten frei auf wie die Seiten- und vordern Mauern und laß hinten zwiſchen dem *) Vgl. über dieſen und folgende Abſchnitte beſonders: Oeſterlen, Hand- buch der Hygieine. Tübingen 1851.

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Zitationshilfe: Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becker_arbeiter_1860/36>, abgerufen am 28.03.2024.