Becker, Bernhard: Wie Arbeiterwohnungen gut und gesund einzurichten und zu erhalten seien. Basel, 1860.haben, bauten besonders für Glieder aus der arbeitenden Be- haben, bauten beſonders für Glieder aus der arbeitenden Be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="21"/> haben, bauten beſonders für Glieder aus der arbeitenden Be-<lb/> völkerung neue Wohnungen oder ſtellten alte nach ihren Grund-<lb/> ſätzen her. Jn manchen Städten befinden ſich dieſe Wohnungen<lb/> als beſondere Arbeiter-Quartiere zuſammengeſtellt; an andern<lb/> Orten ſind ſie da und dort in der Stadt zerſtreut. Das letztere<lb/> iſt offenbar das Richtigere. Die Arbeitslocale, wo der Arbeiter<lb/> ſeinen Verdienſt findet, ſind in der Regel auch zerſtreut, da<lb/> und dort; ſodann ſollen die Aermern der Berührung mit den<lb/> Reichern, die höher geſtellten gebildeten Claſſen der beſtändigen<lb/> Einwirkung auf die weniger gebildeten untern Claſſen und um-<lb/> gekehrt nicht entzogen werden. Für uns namentlich in der<lb/> Schweiz wäre eine ſolche Ausſcheidung der verſchiedenen Stände<lb/> unerträglich. Dieſe Wohnungen ſind bisweilen eine von der<lb/> andern gänzlich geſchieden; meiſtens aber bilden ihrer mehrere<lb/><hi rendition="#g">ein</hi> größeres zuſammenhangendes Gebäude, immerhin aber ſo,<lb/> daß jede Wohnung für ſich abgeſchloſſen werden kann, daß<lb/> höchſtens ein Hausgang, eine Treppe, ein Brunnen, eine Ab-<lb/> ganggrube die gemeinſamen Theile bilden. Dieſe Wohnungen<lb/> nennt man an einigen Orten auch <hi rendition="#g">Muſterwohnungen</hi>, weil<lb/> ſie ein Muſter ſein ſollen, wie man geſund, wohlfeil und be-<lb/> quem wohnen könne. Bei den meiſten dieſer Wohnungen iſt<lb/> auch die Einrichtung getroffen, daß der Miether, wenn er will,<lb/> nach und nach Eigenthümer werden kann. Dieſe Wohnungen<lb/> liefern nun die auffallendſten Beweiſe davon, wie viel in Be-<lb/> ziehung auf Leben und Geſundheit von der Wohnung abhange.<lb/> Hören wir, was H. Roberts über die Erfolge berichtet, die in<lb/> London durch dieſe Muſterwohnungen erzielt wurden. „Krank-<lb/> heits- und Todesfälle nahmen in ganz ungeahnter Weiſe ab;<lb/> das Durchſchnittsalter der ſie bewohnenden Arbeiter ſtellte ſich<lb/> auf die ganz gleiche Linie mit dem Durchſchnittsalter der höhern<lb/> und am beſten geſtellten Claſſen. Während der Cholerazeit in<lb/> London 1849 kam kein einziger Cholerafall in dieſen Wohnungen<lb/> vor, obſchon drei derſelben in Umgebungen ſtanden, wo die<lb/> Sterblichkeit ſehr groß war; 1854 nur ein einziger, und von<lb/> dem war noch nicht einmal erwieſen, daß er in der Wohnung<lb/> ſelber entſtanden, indem der Betreffende vorher längere Zeit<lb/> mit Armuth und allerhand Sorgen zu kämpfen gehabt hatte.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0021]
haben, bauten beſonders für Glieder aus der arbeitenden Be-
völkerung neue Wohnungen oder ſtellten alte nach ihren Grund-
ſätzen her. Jn manchen Städten befinden ſich dieſe Wohnungen
als beſondere Arbeiter-Quartiere zuſammengeſtellt; an andern
Orten ſind ſie da und dort in der Stadt zerſtreut. Das letztere
iſt offenbar das Richtigere. Die Arbeitslocale, wo der Arbeiter
ſeinen Verdienſt findet, ſind in der Regel auch zerſtreut, da
und dort; ſodann ſollen die Aermern der Berührung mit den
Reichern, die höher geſtellten gebildeten Claſſen der beſtändigen
Einwirkung auf die weniger gebildeten untern Claſſen und um-
gekehrt nicht entzogen werden. Für uns namentlich in der
Schweiz wäre eine ſolche Ausſcheidung der verſchiedenen Stände
unerträglich. Dieſe Wohnungen ſind bisweilen eine von der
andern gänzlich geſchieden; meiſtens aber bilden ihrer mehrere
ein größeres zuſammenhangendes Gebäude, immerhin aber ſo,
daß jede Wohnung für ſich abgeſchloſſen werden kann, daß
höchſtens ein Hausgang, eine Treppe, ein Brunnen, eine Ab-
ganggrube die gemeinſamen Theile bilden. Dieſe Wohnungen
nennt man an einigen Orten auch Muſterwohnungen, weil
ſie ein Muſter ſein ſollen, wie man geſund, wohlfeil und be-
quem wohnen könne. Bei den meiſten dieſer Wohnungen iſt
auch die Einrichtung getroffen, daß der Miether, wenn er will,
nach und nach Eigenthümer werden kann. Dieſe Wohnungen
liefern nun die auffallendſten Beweiſe davon, wie viel in Be-
ziehung auf Leben und Geſundheit von der Wohnung abhange.
Hören wir, was H. Roberts über die Erfolge berichtet, die in
London durch dieſe Muſterwohnungen erzielt wurden. „Krank-
heits- und Todesfälle nahmen in ganz ungeahnter Weiſe ab;
das Durchſchnittsalter der ſie bewohnenden Arbeiter ſtellte ſich
auf die ganz gleiche Linie mit dem Durchſchnittsalter der höhern
und am beſten geſtellten Claſſen. Während der Cholerazeit in
London 1849 kam kein einziger Cholerafall in dieſen Wohnungen
vor, obſchon drei derſelben in Umgebungen ſtanden, wo die
Sterblichkeit ſehr groß war; 1854 nur ein einziger, und von
dem war noch nicht einmal erwieſen, daß er in der Wohnung
ſelber entſtanden, indem der Betreffende vorher längere Zeit
mit Armuth und allerhand Sorgen zu kämpfen gehabt hatte.
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