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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Deutschland (mit Luxemburg).
welche der Krieg besonders in dem Bahnverkehr zur Folge hatte,
wurden ausgeglichen durch den steigenden Bedarf an Eisen, und
obgleich eine Million deutscher Männer, darunter eine grosse Zahl
von Arbeitern, unter den Waffen standen, so war doch im Jahre 1870
kaum ein Rückgang der Eisenerzeugung zu bemerken und 1871 trat
bereits eine grosse Steigerung derselben ein.

Die Folgen der Errungenschaften des Krieges, die einheitliche
Regierung des Reiches und der wirtschaftliche Aufschwung übten
den segensreichsten Einfluss aus. Die Neubewaffnung der Armee,
der Bau neuer Eisenbahnlinien waren von grossem Nutzen für
die Eisenindustrie. Hierzu kam der sogenannte "Milliardensegen",
der der Industrie billiges Geld in reichstem Masse zur Verfügung
stellte. Unter solchen Umständen war es nicht zu verwundern,
dass die alten Eisenwerke sich vergrösserten und neue entstanden.
Da hierzu Geldmittel erforderlich waren, welche die Kräfte des
einzelnen überstiegen, so wurden Aktiengesellschaften gegründet,
um die alten Werke zu übernehmen und auszubauen und neue
zu errichten. Es begann die "Gründerzeit", eine Zeit mühelosen
Gewinnes und kühner Unternehmungen, die 1872 und in der ersten
Hälfte 1873 andauerte. Da folgte in der zweiten Hälfte dieses Jahres
der Rückschlag, der am stärksten in Österreich, wo die guten Zeiten und
die Wiener Weltausstellung ebenfalls zu grossen, aber vielfach unsoliden
Gründungen und Anlagen Veranlassung gegeben hatte, zur Wirkung
kam und deshalb als "Wiener Krach" zur historischen Bezeichnung
wurde. Dieser Anstoss wirkte auch erschütternd in Deutschland und
führte einen Rückschlag herbei. Ihren Ausgang hatte diese Kata-
strophe aber in den Vereinigten Staaten von Amerika, als die natürliche
Folge ungesunder Überspekulation bereits im Jahre 1872 genommen.

Da alle eisenerzeugenden Länder an dem Rausch des Gewinnes
und der Spekulation teilgenommen, so folgte auch in allen der
gleiche Rückschlag, ein sichtbares Zeichen, wie sehr die Industrie
international geworden war, wie an der Arbeit und den Sorgen auf
diesem Gebiete alle Kulturstaaten beteiligt waren. Es folgten Jahre
des Niederganges für die deutsche Eisenindustrie, der im Jahre 1876
seinen tiefsten Stand erreichte.

Die ungünstige Lage der deutschen Eisenindustrie wurde aber noch
sehr verschärft durch eine verkehrte Wirtschaftspolitik. Eine Frucht
des deutschen Idealismus war die Schwärmerei für Freihandel. Der
Milliardensegen und die scheinbare Blüte der Industrie führte deshalb
den Reichstag zu dem unseligen Beschlusse, alle noch bestehenden Eisen-

Deutschland (mit Luxemburg).
welche der Krieg besonders in dem Bahnverkehr zur Folge hatte,
wurden ausgeglichen durch den steigenden Bedarf an Eisen, und
obgleich eine Million deutscher Männer, darunter eine groſse Zahl
von Arbeitern, unter den Waffen standen, so war doch im Jahre 1870
kaum ein Rückgang der Eisenerzeugung zu bemerken und 1871 trat
bereits eine groſse Steigerung derselben ein.

Die Folgen der Errungenschaften des Krieges, die einheitliche
Regierung des Reiches und der wirtschaftliche Aufschwung übten
den segensreichsten Einfluſs aus. Die Neubewaffnung der Armee,
der Bau neuer Eisenbahnlinien waren von groſsem Nutzen für
die Eisenindustrie. Hierzu kam der sogenannte „Milliardensegen“,
der der Industrie billiges Geld in reichstem Maſse zur Verfügung
stellte. Unter solchen Umständen war es nicht zu verwundern,
daſs die alten Eisenwerke sich vergröſserten und neue entstanden.
Da hierzu Geldmittel erforderlich waren, welche die Kräfte des
einzelnen überstiegen, so wurden Aktiengesellschaften gegründet,
um die alten Werke zu übernehmen und auszubauen und neue
zu errichten. Es begann die „Gründerzeit“, eine Zeit mühelosen
Gewinnes und kühner Unternehmungen, die 1872 und in der ersten
Hälfte 1873 andauerte. Da folgte in der zweiten Hälfte dieses Jahres
der Rückschlag, der am stärksten in Österreich, wo die guten Zeiten und
die Wiener Weltausstellung ebenfalls zu groſsen, aber vielfach unsoliden
Gründungen und Anlagen Veranlassung gegeben hatte, zur Wirkung
kam und deshalb als „Wiener Krach“ zur historischen Bezeichnung
wurde. Dieser Anstoſs wirkte auch erschütternd in Deutschland und
führte einen Rückschlag herbei. Ihren Ausgang hatte diese Kata-
strophe aber in den Vereinigten Staaten von Amerika, als die natürliche
Folge ungesunder Überspekulation bereits im Jahre 1872 genommen.

Da alle eisenerzeugenden Länder an dem Rausch des Gewinnes
und der Spekulation teilgenommen, so folgte auch in allen der
gleiche Rückschlag, ein sichtbares Zeichen, wie sehr die Industrie
international geworden war, wie an der Arbeit und den Sorgen auf
diesem Gebiete alle Kulturstaaten beteiligt waren. Es folgten Jahre
des Niederganges für die deutsche Eisenindustrie, der im Jahre 1876
seinen tiefsten Stand erreichte.

Die ungünstige Lage der deutschen Eisenindustrie wurde aber noch
sehr verschärft durch eine verkehrte Wirtschaftspolitik. Eine Frucht
des deutschen Idealismus war die Schwärmerei für Freihandel. Der
Milliardensegen und die scheinbare Blüte der Industrie führte deshalb
den Reichstag zu dem unseligen Beschlusse, alle noch bestehenden Eisen-

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[982/0998] Deutschland (mit Luxemburg). welche der Krieg besonders in dem Bahnverkehr zur Folge hatte, wurden ausgeglichen durch den steigenden Bedarf an Eisen, und obgleich eine Million deutscher Männer, darunter eine groſse Zahl von Arbeitern, unter den Waffen standen, so war doch im Jahre 1870 kaum ein Rückgang der Eisenerzeugung zu bemerken und 1871 trat bereits eine groſse Steigerung derselben ein. Die Folgen der Errungenschaften des Krieges, die einheitliche Regierung des Reiches und der wirtschaftliche Aufschwung übten den segensreichsten Einfluſs aus. Die Neubewaffnung der Armee, der Bau neuer Eisenbahnlinien waren von groſsem Nutzen für die Eisenindustrie. Hierzu kam der sogenannte „Milliardensegen“, der der Industrie billiges Geld in reichstem Maſse zur Verfügung stellte. Unter solchen Umständen war es nicht zu verwundern, daſs die alten Eisenwerke sich vergröſserten und neue entstanden. Da hierzu Geldmittel erforderlich waren, welche die Kräfte des einzelnen überstiegen, so wurden Aktiengesellschaften gegründet, um die alten Werke zu übernehmen und auszubauen und neue zu errichten. Es begann die „Gründerzeit“, eine Zeit mühelosen Gewinnes und kühner Unternehmungen, die 1872 und in der ersten Hälfte 1873 andauerte. Da folgte in der zweiten Hälfte dieses Jahres der Rückschlag, der am stärksten in Österreich, wo die guten Zeiten und die Wiener Weltausstellung ebenfalls zu groſsen, aber vielfach unsoliden Gründungen und Anlagen Veranlassung gegeben hatte, zur Wirkung kam und deshalb als „Wiener Krach“ zur historischen Bezeichnung wurde. Dieser Anstoſs wirkte auch erschütternd in Deutschland und führte einen Rückschlag herbei. Ihren Ausgang hatte diese Kata- strophe aber in den Vereinigten Staaten von Amerika, als die natürliche Folge ungesunder Überspekulation bereits im Jahre 1872 genommen. Da alle eisenerzeugenden Länder an dem Rausch des Gewinnes und der Spekulation teilgenommen, so folgte auch in allen der gleiche Rückschlag, ein sichtbares Zeichen, wie sehr die Industrie international geworden war, wie an der Arbeit und den Sorgen auf diesem Gebiete alle Kulturstaaten beteiligt waren. Es folgten Jahre des Niederganges für die deutsche Eisenindustrie, der im Jahre 1876 seinen tiefsten Stand erreichte. Die ungünstige Lage der deutschen Eisenindustrie wurde aber noch sehr verschärft durch eine verkehrte Wirtschaftspolitik. Eine Frucht des deutschen Idealismus war die Schwärmerei für Freihandel. Der Milliardensegen und die scheinbare Blüte der Industrie führte deshalb den Reichstag zu dem unseligen Beschlusse, alle noch bestehenden Eisen-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 982. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/998>, abgerufen am 23.11.2024.