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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Grossbritannien.
die dadurch erzielte Steigerung der Produktion haben wir oben
berichtet. Die alten Öfen hatten meist cylindrisches Rauhmauerwerk
von 28 Fuss Durchmesser. Als Kraftbedarf rechnete man 60 Pferde-
kräfte für 100 Tonnen Wochenproduktion. Bei weissem Puddelroh-
eisen blies man mit 3 Zoll Winddruck und betrug der Windbedarf
8000 Kubikfuss pro Minute bei 275 Kubikyard Ofeninhalt. Die Öfen
von Süd-Wales zeichneten sich durch gute Gichtverschlüsse, die
eine peripherische Verteilung des Möllers gestatteten, aus; dieselben
wurden von zwei Mann an einem Haspel und von einem dritten an
einer Pronyschen Bremse geöffnet und geschlossen. Alle Gase
wurden abgeleitet und für Dampferzeugung und Winderhitzung ver-
wendet.

Die grösseren Öfen zu Ebbw-Vale hatten etwa 40 Tonnen Tages-
erzeugung. Die Hochöfen von Süd-Wales zeichneten sich durch regel-
mässigen Betrieb und lange Hüttenreisen aus. Sieben Jahre gingen
die Öfen zum mindesten, Campagnen von 12 bis 15 Jahren waren
nicht selten, ein Ofen von Pontypool erlebte eine Hüttenreise von
33 Jahren. Das Roheisen von Süd-Wales war von guter Qualität,
besser als das von Cleveland und Staffordshire. Für Spiegeleisen
wurden die besten Sorten ausgewählt und mit Manganerzen von
Spanien verschmolzen. Weisses Roheisen wurde auf körniges Eisen
für Schienenköpfe, graues auf sehniges Eisen für die Schienenfüsse
und halbiertes auf ein mittleres Eisen für die Schienenstege ver-
puddelt. Für bessere Qualität wurde graues Eisen in Feineisenfeuern
nach alter Weise raffiniert. Die durchschnittliche Zusammensetzung
der wichtigsten Roheisensorten war:

[Tabelle]

In Süd-Staffordshire war zu Anfang der siebziger Jahre noch
eine grosse Zahl kleinerer Hochöfen in Betrieb. Von den vorhandenen
165 Hochöfen waren etwas über 100 thätig. Die Zahl der Öfen ver-
minderte sich aber von Jahr zu Jahr, indem Öfen von grösserer
Leistungsfähigkeit an ihre Stelle traten. 1895 standen nur 19 Hoch-

Groſsbritannien.
die dadurch erzielte Steigerung der Produktion haben wir oben
berichtet. Die alten Öfen hatten meist cylindrisches Rauhmauerwerk
von 28 Fuſs Durchmesser. Als Kraftbedarf rechnete man 60 Pferde-
kräfte für 100 Tonnen Wochenproduktion. Bei weiſsem Puddelroh-
eisen blies man mit 3 Zoll Winddruck und betrug der Windbedarf
8000 Kubikfuſs pro Minute bei 275 Kubikyard Ofeninhalt. Die Öfen
von Süd-Wales zeichneten sich durch gute Gichtverschlüsse, die
eine peripherische Verteilung des Möllers gestatteten, aus; dieselben
wurden von zwei Mann an einem Haspel und von einem dritten an
einer Pronyschen Bremse geöffnet und geschlossen. Alle Gase
wurden abgeleitet und für Dampferzeugung und Winderhitzung ver-
wendet.

Die gröſseren Öfen zu Ebbw-Vale hatten etwa 40 Tonnen Tages-
erzeugung. Die Hochöfen von Süd-Wales zeichneten sich durch regel-
mäſsigen Betrieb und lange Hüttenreisen aus. Sieben Jahre gingen
die Öfen zum mindesten, Campagnen von 12 bis 15 Jahren waren
nicht selten, ein Ofen von Pontypool erlebte eine Hüttenreise von
33 Jahren. Das Roheisen von Süd-Wales war von guter Qualität,
besser als das von Cleveland und Staffordshire. Für Spiegeleisen
wurden die besten Sorten ausgewählt und mit Manganerzen von
Spanien verschmolzen. Weiſses Roheisen wurde auf körniges Eisen
für Schienenköpfe, graues auf sehniges Eisen für die Schienenfüſse
und halbiertes auf ein mittleres Eisen für die Schienenstege ver-
puddelt. Für bessere Qualität wurde graues Eisen in Feineisenfeuern
nach alter Weise raffiniert. Die durchschnittliche Zusammensetzung
der wichtigsten Roheisensorten war:

[Tabelle]

In Süd-Staffordshire war zu Anfang der siebziger Jahre noch
eine groſse Zahl kleinerer Hochöfen in Betrieb. Von den vorhandenen
165 Hochöfen waren etwas über 100 thätig. Die Zahl der Öfen ver-
minderte sich aber von Jahr zu Jahr, indem Öfen von gröſserer
Leistungsfähigkeit an ihre Stelle traten. 1895 standen nur 19 Hoch-

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[910/0926] Groſsbritannien. die dadurch erzielte Steigerung der Produktion haben wir oben berichtet. Die alten Öfen hatten meist cylindrisches Rauhmauerwerk von 28 Fuſs Durchmesser. Als Kraftbedarf rechnete man 60 Pferde- kräfte für 100 Tonnen Wochenproduktion. Bei weiſsem Puddelroh- eisen blies man mit 3 Zoll Winddruck und betrug der Windbedarf 8000 Kubikfuſs pro Minute bei 275 Kubikyard Ofeninhalt. Die Öfen von Süd-Wales zeichneten sich durch gute Gichtverschlüsse, die eine peripherische Verteilung des Möllers gestatteten, aus; dieselben wurden von zwei Mann an einem Haspel und von einem dritten an einer Pronyschen Bremse geöffnet und geschlossen. Alle Gase wurden abgeleitet und für Dampferzeugung und Winderhitzung ver- wendet. Die gröſseren Öfen zu Ebbw-Vale hatten etwa 40 Tonnen Tages- erzeugung. Die Hochöfen von Süd-Wales zeichneten sich durch regel- mäſsigen Betrieb und lange Hüttenreisen aus. Sieben Jahre gingen die Öfen zum mindesten, Campagnen von 12 bis 15 Jahren waren nicht selten, ein Ofen von Pontypool erlebte eine Hüttenreise von 33 Jahren. Das Roheisen von Süd-Wales war von guter Qualität, besser als das von Cleveland und Staffordshire. Für Spiegeleisen wurden die besten Sorten ausgewählt und mit Manganerzen von Spanien verschmolzen. Weiſses Roheisen wurde auf körniges Eisen für Schienenköpfe, graues auf sehniges Eisen für die Schienenfüſse und halbiertes auf ein mittleres Eisen für die Schienenstege ver- puddelt. Für bessere Qualität wurde graues Eisen in Feineisenfeuern nach alter Weise raffiniert. Die durchschnittliche Zusammensetzung der wichtigsten Roheisensorten war: In Süd-Staffordshire war zu Anfang der siebziger Jahre noch eine groſse Zahl kleinerer Hochöfen in Betrieb. Von den vorhandenen 165 Hochöfen waren etwas über 100 thätig. Die Zahl der Öfen ver- minderte sich aber von Jahr zu Jahr, indem Öfen von gröſserer Leistungsfähigkeit an ihre Stelle traten. 1895 standen nur 19 Hoch-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 910. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/926>, abgerufen am 23.11.2024.