Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Blechfabrikation.
lappen abgeputzt. Dieselben Operationen vollführen rascher und sicher
die Reinigungsmaschinen, von denen wir besonders die von Goes er-
fundene, von Främbs auf dem Rasselstein bei Neuwied mit Erfolg
eingeführte erwähnen.

Der Verbrauch von Weissblech erfuhr eine ausserordentliche
Steigerung durch seine Verwendung als Packmaterial besonders für
Konservenbüchsen. Davon entfiel der bei weitem grösste Teil auf die
Vereinigten Staaten. Den grössten Vorteil hiervon hatte zunächst
noch England 1), das diesen Fabrikationszweig fast monopolisiert hatte
und dem es gelang, durch Steigerung seiner Produktion bis in die
neunziger Jahre hinein, seine herrschende Stellung zu behaupten.
Fast sämtliche Weissblechfabriken Englands lagen in Südwales
und Monmouthshire. 1862 zählte man 106 Walzwerke für diesen
Zweck mit 50000 Tonnen Produktion, 1872 218 Walzwerke mit
120000 Tonnen, 1881 389 Walzwerke mit 245000 Tonnen Erzeugung,
die in 6850000 Kisten verschickt wurden. 1881 betrug der inländische
Verbrauch 62500 Tonnen, während fast die ganze übrige Produktion
nach Amerika ging. Etwa drei Viertel des Weissblechs wurden zu
Büchsen verarbeitet.

Von der Weissblechfabrikation in England bis zum Jahre 1883
ist kurz noch folgendes zu bemerken. Das Zinn, was dafür verwendet
wurde, kam fast gar nicht mehr aus Cornwall, sondern aus Asien und
Australien, zumeist von Banka und Billiton. 1856 hatte man bereits
die erste Weissblechplatte aus Bessemerstahl hergestellt, aber erst
1875 gelang es, das Flusseisen mit Erfolg anstatt des Holzkohleneisens
in dieser Fabrikation zu verwenden und zwar war dies Flammofen-
flusseisen aus Siemens-Martinöfen. Am meisten kam Siemensflusseisen
von Landore mit 0,05 bis 0,14 Prozent Kohlenstoff zur Verarbeitung.
Dieses Eisen war in Siemens-Regenerativ-Flammöfen mit saurem Futter
bei 8,5 Tonnen Einsatz aus eigenem, Cumberländer und schottischem
Roheisen und Abfalleisen, wozu nach vier bis fünf Stunden 1200 bis
1500 kg Bilbaoerze gesetzt wurden, erzeugt. Zum Schluss wurde etwas
Spiegeleisen oder Ferromangan zugesetzt.

1883 trat dann basisches Flusseisen in erfolgreichen Wett-
bewerb. Beliebt war das in Clapp-Griffith-Konvertern erzeugte Eisen.
Durch Anwendung des Flusseisens an Stelle des Schweisseisens war
die Schwarzblechfabrikation wesentlich vereinfacht. Man veranschlagte

1) Siehe C. Trubshaw, Die Weissblechfabrikation in England 1883, in
Stahl und Eisen 1883, S. 473.

Blechfabrikation.
lappen abgeputzt. Dieselben Operationen vollführen rascher und sicher
die Reinigungsmaschinen, von denen wir besonders die von Goes er-
fundene, von Främbs auf dem Rasselstein bei Neuwied mit Erfolg
eingeführte erwähnen.

Der Verbrauch von Weiſsblech erfuhr eine auſserordentliche
Steigerung durch seine Verwendung als Packmaterial besonders für
Konservenbüchsen. Davon entfiel der bei weitem gröſste Teil auf die
Vereinigten Staaten. Den gröſsten Vorteil hiervon hatte zunächst
noch England 1), das diesen Fabrikationszweig fast monopolisiert hatte
und dem es gelang, durch Steigerung seiner Produktion bis in die
neunziger Jahre hinein, seine herrschende Stellung zu behaupten.
Fast sämtliche Weiſsblechfabriken Englands lagen in Südwales
und Monmouthshire. 1862 zählte man 106 Walzwerke für diesen
Zweck mit 50000 Tonnen Produktion, 1872 218 Walzwerke mit
120000 Tonnen, 1881 389 Walzwerke mit 245000 Tonnen Erzeugung,
die in 6850000 Kisten verschickt wurden. 1881 betrug der inländische
Verbrauch 62500 Tonnen, während fast die ganze übrige Produktion
nach Amerika ging. Etwa drei Viertel des Weiſsblechs wurden zu
Büchsen verarbeitet.

Von der Weiſsblechfabrikation in England bis zum Jahre 1883
ist kurz noch folgendes zu bemerken. Das Zinn, was dafür verwendet
wurde, kam fast gar nicht mehr aus Cornwall, sondern aus Asien und
Australien, zumeist von Banka und Billiton. 1856 hatte man bereits
die erste Weiſsblechplatte aus Bessemerstahl hergestellt, aber erst
1875 gelang es, das Fluſseisen mit Erfolg anstatt des Holzkohleneisens
in dieser Fabrikation zu verwenden und zwar war dies Flammofen-
fluſseisen aus Siemens-Martinöfen. Am meisten kam Siemensfluſseisen
von Landore mit 0,05 bis 0,14 Prozent Kohlenstoff zur Verarbeitung.
Dieses Eisen war in Siemens-Regenerativ-Flammöfen mit saurem Futter
bei 8,5 Tonnen Einsatz aus eigenem, Cumberländer und schottischem
Roheisen und Abfalleisen, wozu nach vier bis fünf Stunden 1200 bis
1500 kg Bilbaoerze gesetzt wurden, erzeugt. Zum Schluſs wurde etwas
Spiegeleisen oder Ferromangan zugesetzt.

1883 trat dann basisches Fluſseisen in erfolgreichen Wett-
bewerb. Beliebt war das in Clapp-Griffith-Konvertern erzeugte Eisen.
Durch Anwendung des Fluſseisens an Stelle des Schweiſseisens war
die Schwarzblechfabrikation wesentlich vereinfacht. Man veranschlagte

1) Siehe C. Trubshaw, Die Weiſsblechfabrikation in England 1883, in
Stahl und Eisen 1883, S. 473.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0855" n="839"/><fw place="top" type="header">Blechfabrikation.</fw><lb/>
lappen abgeputzt. Dieselben Operationen vollführen rascher und sicher<lb/>
die Reinigungsmaschinen, von denen wir besonders die von <hi rendition="#g">Goes</hi> er-<lb/>
fundene, von <hi rendition="#g">Främbs</hi> auf dem Rasselstein bei Neuwied mit Erfolg<lb/>
eingeführte erwähnen.</p><lb/>
              <p>Der Verbrauch von <hi rendition="#g">Wei&#x017F;sblech</hi> erfuhr eine au&#x017F;serordentliche<lb/>
Steigerung durch seine Verwendung als Packmaterial besonders für<lb/>
Konservenbüchsen. Davon entfiel der bei weitem grö&#x017F;ste Teil auf die<lb/>
Vereinigten Staaten. Den grö&#x017F;sten Vorteil hiervon hatte zunächst<lb/>
noch England <note place="foot" n="1)">Siehe C. <hi rendition="#g">Trubshaw</hi>, Die Wei&#x017F;sblechfabrikation in England 1883, in<lb/>
Stahl und Eisen 1883, S. 473.</note>, das diesen Fabrikationszweig fast monopolisiert hatte<lb/>
und dem es gelang, durch Steigerung seiner Produktion bis in die<lb/>
neunziger Jahre hinein, seine herrschende Stellung zu behaupten.<lb/>
Fast sämtliche Wei&#x017F;sblechfabriken Englands lagen in Südwales<lb/>
und Monmouthshire. 1862 zählte man 106 Walzwerke für diesen<lb/>
Zweck mit 50000 Tonnen Produktion, 1872 218 Walzwerke mit<lb/>
120000 Tonnen, 1881 389 Walzwerke mit 245000 Tonnen Erzeugung,<lb/>
die in 6850000 Kisten verschickt wurden. 1881 betrug der inländische<lb/>
Verbrauch 62500 Tonnen, während fast die ganze übrige Produktion<lb/>
nach Amerika ging. Etwa drei Viertel des Wei&#x017F;sblechs wurden zu<lb/>
Büchsen verarbeitet.</p><lb/>
              <p>Von der Wei&#x017F;sblechfabrikation in England bis zum Jahre 1883<lb/>
ist kurz noch folgendes zu bemerken. Das Zinn, was dafür verwendet<lb/>
wurde, kam fast gar nicht mehr aus Cornwall, sondern aus Asien und<lb/>
Australien, zumeist von Banka und Billiton. 1856 hatte man bereits<lb/>
die erste Wei&#x017F;sblechplatte aus Bessemerstahl hergestellt, aber erst<lb/>
1875 gelang es, das Flu&#x017F;seisen mit Erfolg anstatt des Holzkohleneisens<lb/>
in dieser Fabrikation zu verwenden und zwar war dies Flammofen-<lb/>
flu&#x017F;seisen aus Siemens-Martinöfen. Am meisten kam Siemensflu&#x017F;seisen<lb/>
von Landore mit 0,05 bis 0,14 Prozent Kohlenstoff zur Verarbeitung.<lb/>
Dieses Eisen war in Siemens-Regenerativ-Flammöfen mit saurem Futter<lb/>
bei 8,5 Tonnen Einsatz aus eigenem, Cumberländer und schottischem<lb/>
Roheisen und Abfalleisen, wozu nach vier bis fünf Stunden 1200 bis<lb/>
1500 kg Bilbaoerze gesetzt wurden, erzeugt. Zum Schlu&#x017F;s wurde etwas<lb/>
Spiegeleisen oder Ferromangan zugesetzt.</p><lb/>
              <p>1883 trat dann basisches Flu&#x017F;seisen in erfolgreichen Wett-<lb/>
bewerb. Beliebt war das in Clapp-Griffith-Konvertern erzeugte Eisen.<lb/>
Durch Anwendung des Flu&#x017F;seisens an Stelle des Schwei&#x017F;seisens war<lb/>
die Schwarzblechfabrikation wesentlich vereinfacht. Man veranschlagte<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[839/0855] Blechfabrikation. lappen abgeputzt. Dieselben Operationen vollführen rascher und sicher die Reinigungsmaschinen, von denen wir besonders die von Goes er- fundene, von Främbs auf dem Rasselstein bei Neuwied mit Erfolg eingeführte erwähnen. Der Verbrauch von Weiſsblech erfuhr eine auſserordentliche Steigerung durch seine Verwendung als Packmaterial besonders für Konservenbüchsen. Davon entfiel der bei weitem gröſste Teil auf die Vereinigten Staaten. Den gröſsten Vorteil hiervon hatte zunächst noch England 1), das diesen Fabrikationszweig fast monopolisiert hatte und dem es gelang, durch Steigerung seiner Produktion bis in die neunziger Jahre hinein, seine herrschende Stellung zu behaupten. Fast sämtliche Weiſsblechfabriken Englands lagen in Südwales und Monmouthshire. 1862 zählte man 106 Walzwerke für diesen Zweck mit 50000 Tonnen Produktion, 1872 218 Walzwerke mit 120000 Tonnen, 1881 389 Walzwerke mit 245000 Tonnen Erzeugung, die in 6850000 Kisten verschickt wurden. 1881 betrug der inländische Verbrauch 62500 Tonnen, während fast die ganze übrige Produktion nach Amerika ging. Etwa drei Viertel des Weiſsblechs wurden zu Büchsen verarbeitet. Von der Weiſsblechfabrikation in England bis zum Jahre 1883 ist kurz noch folgendes zu bemerken. Das Zinn, was dafür verwendet wurde, kam fast gar nicht mehr aus Cornwall, sondern aus Asien und Australien, zumeist von Banka und Billiton. 1856 hatte man bereits die erste Weiſsblechplatte aus Bessemerstahl hergestellt, aber erst 1875 gelang es, das Fluſseisen mit Erfolg anstatt des Holzkohleneisens in dieser Fabrikation zu verwenden und zwar war dies Flammofen- fluſseisen aus Siemens-Martinöfen. Am meisten kam Siemensfluſseisen von Landore mit 0,05 bis 0,14 Prozent Kohlenstoff zur Verarbeitung. Dieses Eisen war in Siemens-Regenerativ-Flammöfen mit saurem Futter bei 8,5 Tonnen Einsatz aus eigenem, Cumberländer und schottischem Roheisen und Abfalleisen, wozu nach vier bis fünf Stunden 1200 bis 1500 kg Bilbaoerze gesetzt wurden, erzeugt. Zum Schluſs wurde etwas Spiegeleisen oder Ferromangan zugesetzt. 1883 trat dann basisches Fluſseisen in erfolgreichen Wett- bewerb. Beliebt war das in Clapp-Griffith-Konvertern erzeugte Eisen. Durch Anwendung des Fluſseisens an Stelle des Schweiſseisens war die Schwarzblechfabrikation wesentlich vereinfacht. Man veranschlagte 1) Siehe C. Trubshaw, Die Weiſsblechfabrikation in England 1883, in Stahl und Eisen 1883, S. 473.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/855
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/855>, abgerufen am 23.11.2024.