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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Blechfabrikation.
mit einem Besen gereinigt und in einem Gestell einzeln abkühlen
gelassen. Diese Bleche wurden auf der Messe zu Nishnij-Nowgorod
bis zu 500 Mark die Tonne bezahlt.

In den meisten Ländern und Gegenden war der Frischherdbetrieb
durch den Puddelbetrieb verdrängt worden, so auch in Russland.
Dies war überall der Fall, wo mit Steinkohlen gearbeitet wurde,
also in England, Deutschland, Frankreich, Belgien und Nordamerika;
selbst in Gebieten, wo man lange das Frischen mit Holzkohlen bei-
behalten hatte, wie im Siegerland und Sauerland.

Ebenso war das Buschenwalzen, auch belgisches Walzverfahren
genannt, fast überall durch das Doublierverfahren, Doppeln oder das
englische Walzverfahren ersetzt worden, wobei man stärkere Zaggel
auswalzte, diese dann, wenn sie eine gewisse Länge hatten, in der
Mitte umschlug oder doppelte und weiter auswalzte und dieses je
nachdem mehrfach wiederholte. Hierbei nahm man, wie bei den
Buschenwalzen, zwei Platinen zugleich aus dem Wärmofen (Platinen-
ofen) und walzte sie mittels der Vorstreckwalzen bis auf 1 mm Dicke
herab 1). Die so erhaltenen Strecker oder Sturzen wurden in der
Mitte zusammengebogen und fest zusammengedrückt, was meist durch
Schlagen mit Holzhämmern geschah. Der dadurch gewonnene "Doppler"
wurde sofort in einen zweiten Wärmofen, den Fertigofen, eingesetzt,
gewärmt und unter den Fertigwalzen zum fertigen Blech oder zum
zweiten Doppler gestreckt. In letzterem Falle mussten die Bleche
erst durchgeschnitten werden. Je nach der Dünne der Bleche wurde
eins-, zwei-, drei- bis viermal gedoppelt und so aus einer Platine
2, 4, 8, 16 Tafeln gewonnen. Das Doublierverfahren, welches zwei
Wärmöfen und zwei Walzgerüste erforderte, gab eine grössere Pro-
duktion und hatte den weiteren Vorteil, dass die gedoppelten Bleche
besser schlossen, also weniger oxydierten, weniger Glühspan oder
"Zunder" bildeten. Es eignete sich besonders für Frischeisen, das nicht
zusammenschweisste, was bei Puddeleisen leicht vorkam. Dagegen war es
nicht mehr gut anwendbar für Mittelbleche von grösseren Abmessungen.
Für diese war das Buschenwalzen vorzuziehen. Auch dünne Bleche
bis zu 0,40 mm von über 2 m Länge bei 0,80 mm Breite walzte man
besser eintafelig und zwar auf einem Lauthschen Triogerüste, Fig. 329,
330 (a. f. S.). Für die eigentlichen Feinbleche war dagegen das Schlepp-
walzen-Duosystem in Verbindung mit dem Doublieren am besten; dabei
muss das Walzen, um zunderfreie Bleche zu erhalten, möglichst kalt

1) Stahl und Eisen 1890, S. 856.
Beck, Geschichte des Eisens. 53

Blechfabrikation.
mit einem Besen gereinigt und in einem Gestell einzeln abkühlen
gelassen. Diese Bleche wurden auf der Messe zu Nishnij-Nowgorod
bis zu 500 Mark die Tonne bezahlt.

In den meisten Ländern und Gegenden war der Frischherdbetrieb
durch den Puddelbetrieb verdrängt worden, so auch in Ruſsland.
Dies war überall der Fall, wo mit Steinkohlen gearbeitet wurde,
also in England, Deutschland, Frankreich, Belgien und Nordamerika;
selbst in Gebieten, wo man lange das Frischen mit Holzkohlen bei-
behalten hatte, wie im Siegerland und Sauerland.

Ebenso war das Buschenwalzen, auch belgisches Walzverfahren
genannt, fast überall durch das Doublierverfahren, Doppeln oder das
englische Walzverfahren ersetzt worden, wobei man stärkere Zaggel
auswalzte, diese dann, wenn sie eine gewisse Länge hatten, in der
Mitte umschlug oder doppelte und weiter auswalzte und dieses je
nachdem mehrfach wiederholte. Hierbei nahm man, wie bei den
Buschenwalzen, zwei Platinen zugleich aus dem Wärmofen (Platinen-
ofen) und walzte sie mittels der Vorstreckwalzen bis auf 1 mm Dicke
herab 1). Die so erhaltenen Strecker oder Sturzen wurden in der
Mitte zusammengebogen und fest zusammengedrückt, was meist durch
Schlagen mit Holzhämmern geschah. Der dadurch gewonnene „Doppler“
wurde sofort in einen zweiten Wärmofen, den Fertigofen, eingesetzt,
gewärmt und unter den Fertigwalzen zum fertigen Blech oder zum
zweiten Doppler gestreckt. In letzterem Falle muſsten die Bleche
erst durchgeschnitten werden. Je nach der Dünne der Bleche wurde
eins-, zwei-, drei- bis viermal gedoppelt und so aus einer Platine
2, 4, 8, 16 Tafeln gewonnen. Das Doublierverfahren, welches zwei
Wärmöfen und zwei Walzgerüste erforderte, gab eine gröſsere Pro-
duktion und hatte den weiteren Vorteil, daſs die gedoppelten Bleche
besser schlossen, also weniger oxydierten, weniger Glühspan oder
„Zunder“ bildeten. Es eignete sich besonders für Frischeisen, das nicht
zusammenschweiſste, was bei Puddeleisen leicht vorkam. Dagegen war es
nicht mehr gut anwendbar für Mittelbleche von gröſseren Abmessungen.
Für diese war das Buschenwalzen vorzuziehen. Auch dünne Bleche
bis zu 0,40 mm von über 2 m Länge bei 0,80 mm Breite walzte man
besser eintafelig und zwar auf einem Lauthschen Triogerüste, Fig. 329,
330 (a. f. S.). Für die eigentlichen Feinbleche war dagegen das Schlepp-
walzen-Duosystem in Verbindung mit dem Doublieren am besten; dabei
muſs das Walzen, um zunderfreie Bleche zu erhalten, möglichst kalt

1) Stahl und Eisen 1890, S. 856.
Beck, Geschichte des Eisens. 53
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[833/0849] Blechfabrikation. mit einem Besen gereinigt und in einem Gestell einzeln abkühlen gelassen. Diese Bleche wurden auf der Messe zu Nishnij-Nowgorod bis zu 500 Mark die Tonne bezahlt. In den meisten Ländern und Gegenden war der Frischherdbetrieb durch den Puddelbetrieb verdrängt worden, so auch in Ruſsland. Dies war überall der Fall, wo mit Steinkohlen gearbeitet wurde, also in England, Deutschland, Frankreich, Belgien und Nordamerika; selbst in Gebieten, wo man lange das Frischen mit Holzkohlen bei- behalten hatte, wie im Siegerland und Sauerland. Ebenso war das Buschenwalzen, auch belgisches Walzverfahren genannt, fast überall durch das Doublierverfahren, Doppeln oder das englische Walzverfahren ersetzt worden, wobei man stärkere Zaggel auswalzte, diese dann, wenn sie eine gewisse Länge hatten, in der Mitte umschlug oder doppelte und weiter auswalzte und dieses je nachdem mehrfach wiederholte. Hierbei nahm man, wie bei den Buschenwalzen, zwei Platinen zugleich aus dem Wärmofen (Platinen- ofen) und walzte sie mittels der Vorstreckwalzen bis auf 1 mm Dicke herab 1). Die so erhaltenen Strecker oder Sturzen wurden in der Mitte zusammengebogen und fest zusammengedrückt, was meist durch Schlagen mit Holzhämmern geschah. Der dadurch gewonnene „Doppler“ wurde sofort in einen zweiten Wärmofen, den Fertigofen, eingesetzt, gewärmt und unter den Fertigwalzen zum fertigen Blech oder zum zweiten Doppler gestreckt. In letzterem Falle muſsten die Bleche erst durchgeschnitten werden. Je nach der Dünne der Bleche wurde eins-, zwei-, drei- bis viermal gedoppelt und so aus einer Platine 2, 4, 8, 16 Tafeln gewonnen. Das Doublierverfahren, welches zwei Wärmöfen und zwei Walzgerüste erforderte, gab eine gröſsere Pro- duktion und hatte den weiteren Vorteil, daſs die gedoppelten Bleche besser schlossen, also weniger oxydierten, weniger Glühspan oder „Zunder“ bildeten. Es eignete sich besonders für Frischeisen, das nicht zusammenschweiſste, was bei Puddeleisen leicht vorkam. Dagegen war es nicht mehr gut anwendbar für Mittelbleche von gröſseren Abmessungen. Für diese war das Buschenwalzen vorzuziehen. Auch dünne Bleche bis zu 0,40 mm von über 2 m Länge bei 0,80 mm Breite walzte man besser eintafelig und zwar auf einem Lauthschen Triogerüste, Fig. 329, 330 (a. f. S.). Für die eigentlichen Feinbleche war dagegen das Schlepp- walzen-Duosystem in Verbindung mit dem Doublieren am besten; dabei muſs das Walzen, um zunderfreie Bleche zu erhalten, möglichst kalt 1) Stahl und Eisen 1890, S. 856. Beck, Geschichte des Eisens. 53

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 833. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/849>, abgerufen am 22.11.2024.