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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Walzwerke.

Bei allen Schwungradmaschinen wurden Regulatoren angebracht,
um den Walzwerken gleichbleibende Geschwindigkeiten zu erhalten,
was zu der hohen Produktion der amerikanischen Walzwerke wesent-
lich beitrug.

Die Reversiermaschinen waren horizontale Zwillingsmaschinen
mit Zahnradvorgelege, wie in Europa.

Vor und hinter den Walzen befanden sich reversierbare Rollen auf
Tischen, die hydraulisch gehoben und gesenkt wurden. Das Kanten der
Blöcke erfolgte durch eine Reihe von Daumen, die den Block beim Sinken
der Rolltische fassen und um 90° drehen; das Verschieben der Blöcke
von Kaliber zu Kaliber wurde durch dieselben Daumen bewirkt, die
auf einem gemeinschaftlichen Wagen standen, der durch Hydraulik
zwischen den Rollen horizontal verschiebbar war. -- Die Mittelwalze
lag fest in den Walzenständern, Ober- und Unterwalze wurden durch
Druckschrauben gegen die Mittelwalze eingestellt. -- Bei den Duo-
reversierwalzwerken wurden die Daumen durch hydraulischen Druck
auf und ab bewegt und unter die Oberkante der Rollen versenkt. Sie
bewirkten das Kanten durch Wälzen des Blockes und das Vorschieben
dadurch, dass sie den Block vor das richtige Kaliber trugen.

In dem Cambria-Eisenwerk bewegten sich die Rollen in einem
beweglichen Rahmen auf der Hüttensohle. Dieser Rahmen wurde
durch hydraulische Cylinder hin und her geschoben. Bei den Schienen-
walzwerken und teilweise auch bei den Blech- und Drahtwalzwerken
wurden alle Arbeiten mechanisch und automatisch ausgeführt. Das
seitliche Verschieben von einem Walzgerüst zum anderen geschah
unabhängig von der Bewegung der Tische, während das Kanten
und Verschieben von derselben Walze meist mit der Bewegung des
Tisches zusammenhing. Durch diese selbstthätige Bedienung er-
zeugten die Schienenwalzwerke 1600 Tonnen und mehr in der Doppel-
schicht.

1891 kam in der Kruppschen Gussstahlfabrik zu Essen das
grosse Panzerplattenwalzwerk mit seiner zweicylindrigen Reversier-
maschine 1) von 3500 P. S. in Betrieb. Diese war von der Märkischen
Maschinenbauanstalt vormals Kamp & Co. in Wetter a. d. Ruhr 1890
gebaut. Der Durchmesser der beiden Dampfcylinder betrug 1,30 m,
der Hub 1,25 m. Die Übertragung der Bewegung auf die Walzen
erfolgte im Verhältnis von 2,5 : 1 durch zwei geschmiedete Gussstahl-
zahnräder. Die wirksame Länge der ebenfalls aus geschmiedetem

1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 509; 1893, S. 837.
Die Walzwerke.

Bei allen Schwungradmaschinen wurden Regulatoren angebracht,
um den Walzwerken gleichbleibende Geschwindigkeiten zu erhalten,
was zu der hohen Produktion der amerikanischen Walzwerke wesent-
lich beitrug.

Die Reversiermaschinen waren horizontale Zwillingsmaschinen
mit Zahnradvorgelege, wie in Europa.

Vor und hinter den Walzen befanden sich reversierbare Rollen auf
Tischen, die hydraulisch gehoben und gesenkt wurden. Das Kanten der
Blöcke erfolgte durch eine Reihe von Daumen, die den Block beim Sinken
der Rolltische fassen und um 90° drehen; das Verschieben der Blöcke
von Kaliber zu Kaliber wurde durch dieselben Daumen bewirkt, die
auf einem gemeinschaftlichen Wagen standen, der durch Hydraulik
zwischen den Rollen horizontal verschiebbar war. — Die Mittelwalze
lag fest in den Walzenständern, Ober- und Unterwalze wurden durch
Druckschrauben gegen die Mittelwalze eingestellt. — Bei den Duo-
reversierwalzwerken wurden die Daumen durch hydraulischen Druck
auf und ab bewegt und unter die Oberkante der Rollen versenkt. Sie
bewirkten das Kanten durch Wälzen des Blockes und das Vorschieben
dadurch, daſs sie den Block vor das richtige Kaliber trugen.

In dem Cambria-Eisenwerk bewegten sich die Rollen in einem
beweglichen Rahmen auf der Hüttensohle. Dieser Rahmen wurde
durch hydraulische Cylinder hin und her geschoben. Bei den Schienen-
walzwerken und teilweise auch bei den Blech- und Drahtwalzwerken
wurden alle Arbeiten mechanisch und automatisch ausgeführt. Das
seitliche Verschieben von einem Walzgerüst zum anderen geschah
unabhängig von der Bewegung der Tische, während das Kanten
und Verschieben von derselben Walze meist mit der Bewegung des
Tisches zusammenhing. Durch diese selbstthätige Bedienung er-
zeugten die Schienenwalzwerke 1600 Tonnen und mehr in der Doppel-
schicht.

1891 kam in der Kruppschen Guſsstahlfabrik zu Essen das
groſse Panzerplattenwalzwerk mit seiner zweicylindrigen Reversier-
maschine 1) von 3500 P. S. in Betrieb. Diese war von der Märkischen
Maschinenbauanstalt vormals Kamp & Co. in Wetter a. d. Ruhr 1890
gebaut. Der Durchmesser der beiden Dampfcylinder betrug 1,30 m,
der Hub 1,25 m. Die Übertragung der Bewegung auf die Walzen
erfolgte im Verhältnis von 2,5 : 1 durch zwei geschmiedete Guſsstahl-
zahnräder. Die wirksame Länge der ebenfalls aus geschmiedetem

1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 509; 1893, S. 837.
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[813/0829] Die Walzwerke. Bei allen Schwungradmaschinen wurden Regulatoren angebracht, um den Walzwerken gleichbleibende Geschwindigkeiten zu erhalten, was zu der hohen Produktion der amerikanischen Walzwerke wesent- lich beitrug. Die Reversiermaschinen waren horizontale Zwillingsmaschinen mit Zahnradvorgelege, wie in Europa. Vor und hinter den Walzen befanden sich reversierbare Rollen auf Tischen, die hydraulisch gehoben und gesenkt wurden. Das Kanten der Blöcke erfolgte durch eine Reihe von Daumen, die den Block beim Sinken der Rolltische fassen und um 90° drehen; das Verschieben der Blöcke von Kaliber zu Kaliber wurde durch dieselben Daumen bewirkt, die auf einem gemeinschaftlichen Wagen standen, der durch Hydraulik zwischen den Rollen horizontal verschiebbar war. — Die Mittelwalze lag fest in den Walzenständern, Ober- und Unterwalze wurden durch Druckschrauben gegen die Mittelwalze eingestellt. — Bei den Duo- reversierwalzwerken wurden die Daumen durch hydraulischen Druck auf und ab bewegt und unter die Oberkante der Rollen versenkt. Sie bewirkten das Kanten durch Wälzen des Blockes und das Vorschieben dadurch, daſs sie den Block vor das richtige Kaliber trugen. In dem Cambria-Eisenwerk bewegten sich die Rollen in einem beweglichen Rahmen auf der Hüttensohle. Dieser Rahmen wurde durch hydraulische Cylinder hin und her geschoben. Bei den Schienen- walzwerken und teilweise auch bei den Blech- und Drahtwalzwerken wurden alle Arbeiten mechanisch und automatisch ausgeführt. Das seitliche Verschieben von einem Walzgerüst zum anderen geschah unabhängig von der Bewegung der Tische, während das Kanten und Verschieben von derselben Walze meist mit der Bewegung des Tisches zusammenhing. Durch diese selbstthätige Bedienung er- zeugten die Schienenwalzwerke 1600 Tonnen und mehr in der Doppel- schicht. 1891 kam in der Kruppschen Guſsstahlfabrik zu Essen das groſse Panzerplattenwalzwerk mit seiner zweicylindrigen Reversier- maschine 1) von 3500 P. S. in Betrieb. Diese war von der Märkischen Maschinenbauanstalt vormals Kamp & Co. in Wetter a. d. Ruhr 1890 gebaut. Der Durchmesser der beiden Dampfcylinder betrug 1,30 m, der Hub 1,25 m. Die Übertragung der Bewegung auf die Walzen erfolgte im Verhältnis von 2,5 : 1 durch zwei geschmiedete Guſsstahl- zahnräder. Die wirksame Länge der ebenfalls aus geschmiedetem 1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 509; 1893, S. 837.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/829>, abgerufen am 28.07.2024.