schrauben durch Keile b b auf den Ständer übertragen wurde. Die entlastete, stellbare Lagerung der Walzenzapfen gestattet eine raschere, bequemere und gefahrlosere Einstellung jeder Walze für sich.
Kitson hatte in den letzten Jahren seine hydraulische Kuppe- lung für Kehrwalzwerke so verbessert, dass Tunner und Richards dieselbe für die beste Vorrichtung in Theorie und Praxis zur Um- steuerung von Maschinen mit Schwungrad erklärten. F. Braune wies nach, dass beim Walzen von Stahl und Eisen die Umfangs- geschwindigkeit der Walzen zur Erzielung gleicher Leistung sich wie 14 : 11 verhalten muss, dass die reduzierte Arbeit 730 : 260 sei, also bei Stahl 2,8mal mehr als bei Eisen betragen muss. -- Nach Blass1) wird die Kalibrierung der Walzen wesentlich von der Umdrehungs- geschwindigkeit der Walzen und von der Kraft beeinflusst. Je kürzer der Walzprozess sein kann, desto weniger Stiche sind nötig, desto mehr wird aber auch das Material in Anspruch genommen.
Bei der Schienenfabrikation hatten sich im Jahre 1880 die An- schauungen bezüglich des zu verwendenden Materials wesentlich ge- ändert. Früher hatte man besonderen Wert auf die Härte gelegt, der harte Flussstahl gab aber zu vielen Brüchen Veranlassung. Jetzt legte man den Hauptwert auf Elasticität und Homogenität und be- vorzugte einen weichen Flussstahl, der dem Flusseisen nahe kam. Als eine gute Zusammensetzung für Schienenstahl galt: Kohlenstoff 0,25, Silicium 0,185, Phosphor 0,087, Schwefel 0,05, Mangan 0,405, Kupfer 0,156, zusammen 1,133 Prozent fremde Bestandteile ausser Eisen. Ein solcher Stahl hatte eine absolute Festigkeit von 55 kg pro Quadrat- millimeter, Ausdehnung 20 Prozent, Kontraktion 30 Prozent.
Die gegossenen Blöcke liessen sich nicht unmittelbar auswalzen, weil, wenn auch die Oberfläche fest war, der Kern noch ganz oder halb flüssig war. Der Block wurde deshalb in einen Wärmofen ge- bracht und entweder in einer oder mehreren Hitzen fertig ausgewalzt. In jedem Rollofen lagen etwa 30 Blöcke für 60 Schienen. Der warm eingesetzte Block passierte den Ofen in drei Stunden.
Bei den älteren Verfahren mit Vorschmieden unter dem Dampf- hammer waren zwei Hitzen erforderlich. Die Blöcke wurden unter einem Hammer von etwa 150 Centner Gewicht auf 20 cm Seitenlänge vorgeschmiedet und dann in einem Triowalzwerk ausgewalzt. Weit schneller verlief der Zweihitzeprozess, bei dem das Verblocken statt unter dem Hammer unter einem Reversierwalzwerk geschah. Man
1) Stahl und Eisen 1882, S. 283.
Die Walzwerke.
schrauben durch Keile b b auf den Ständer übertragen wurde. Die entlastete, stellbare Lagerung der Walzenzapfen gestattet eine raschere, bequemere und gefahrlosere Einstellung jeder Walze für sich.
Kitson hatte in den letzten Jahren seine hydraulische Kuppe- lung für Kehrwalzwerke so verbessert, daſs Tunner und Richards dieselbe für die beste Vorrichtung in Theorie und Praxis zur Um- steuerung von Maschinen mit Schwungrad erklärten. F. Braune wies nach, daſs beim Walzen von Stahl und Eisen die Umfangs- geschwindigkeit der Walzen zur Erzielung gleicher Leistung sich wie 14 : 11 verhalten muſs, daſs die reduzierte Arbeit 730 : 260 sei, also bei Stahl 2,8mal mehr als bei Eisen betragen muſs. — Nach Blaſs1) wird die Kalibrierung der Walzen wesentlich von der Umdrehungs- geschwindigkeit der Walzen und von der Kraft beeinfluſst. Je kürzer der Walzprozeſs sein kann, desto weniger Stiche sind nötig, desto mehr wird aber auch das Material in Anspruch genommen.
Bei der Schienenfabrikation hatten sich im Jahre 1880 die An- schauungen bezüglich des zu verwendenden Materials wesentlich ge- ändert. Früher hatte man besonderen Wert auf die Härte gelegt, der harte Fluſsstahl gab aber zu vielen Brüchen Veranlassung. Jetzt legte man den Hauptwert auf Elasticität und Homogenität und be- vorzugte einen weichen Fluſsstahl, der dem Fluſseisen nahe kam. Als eine gute Zusammensetzung für Schienenstahl galt: Kohlenstoff 0,25, Silicium 0,185, Phosphor 0,087, Schwefel 0,05, Mangan 0,405, Kupfer 0,156, zusammen 1,133 Prozent fremde Bestandteile auſser Eisen. Ein solcher Stahl hatte eine absolute Festigkeit von 55 kg pro Quadrat- millimeter, Ausdehnung 20 Prozent, Kontraktion 30 Prozent.
Die gegossenen Blöcke lieſsen sich nicht unmittelbar auswalzen, weil, wenn auch die Oberfläche fest war, der Kern noch ganz oder halb flüssig war. Der Block wurde deshalb in einen Wärmofen ge- bracht und entweder in einer oder mehreren Hitzen fertig ausgewalzt. In jedem Rollofen lagen etwa 30 Blöcke für 60 Schienen. Der warm eingesetzte Block passierte den Ofen in drei Stunden.
Bei den älteren Verfahren mit Vorschmieden unter dem Dampf- hammer waren zwei Hitzen erforderlich. Die Blöcke wurden unter einem Hammer von etwa 150 Centner Gewicht auf 20 cm Seitenlänge vorgeschmiedet und dann in einem Triowalzwerk ausgewalzt. Weit schneller verlief der Zweihitzeprozeſs, bei dem das Verblocken statt unter dem Hammer unter einem Reversierwalzwerk geschah. Man
1) Stahl und Eisen 1882, S. 283.
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Die Walzwerke.
schrauben durch Keile b b auf den Ständer übertragen wurde. Die
entlastete, stellbare Lagerung der Walzenzapfen gestattet eine raschere,
bequemere und gefahrlosere Einstellung jeder Walze für sich.
Kitson hatte in den letzten Jahren seine hydraulische Kuppe-
lung für Kehrwalzwerke so verbessert, daſs Tunner und Richards
dieselbe für die beste Vorrichtung in Theorie und Praxis zur Um-
steuerung von Maschinen mit Schwungrad erklärten. F. Braune
wies nach, daſs beim Walzen von Stahl und Eisen die Umfangs-
geschwindigkeit der Walzen zur Erzielung gleicher Leistung sich wie
14 : 11 verhalten muſs, daſs die reduzierte Arbeit 730 : 260 sei, also
bei Stahl 2,8mal mehr als bei Eisen betragen muſs. — Nach Blaſs 1)
wird die Kalibrierung der Walzen wesentlich von der Umdrehungs-
geschwindigkeit der Walzen und von der Kraft beeinfluſst. Je kürzer
der Walzprozeſs sein kann, desto weniger Stiche sind nötig, desto
mehr wird aber auch das Material in Anspruch genommen.
Bei der Schienenfabrikation hatten sich im Jahre 1880 die An-
schauungen bezüglich des zu verwendenden Materials wesentlich ge-
ändert. Früher hatte man besonderen Wert auf die Härte gelegt,
der harte Fluſsstahl gab aber zu vielen Brüchen Veranlassung. Jetzt
legte man den Hauptwert auf Elasticität und Homogenität und be-
vorzugte einen weichen Fluſsstahl, der dem Fluſseisen nahe kam. Als
eine gute Zusammensetzung für Schienenstahl galt: Kohlenstoff 0,25,
Silicium 0,185, Phosphor 0,087, Schwefel 0,05, Mangan 0,405, Kupfer
0,156, zusammen 1,133 Prozent fremde Bestandteile auſser Eisen. Ein
solcher Stahl hatte eine absolute Festigkeit von 55 kg pro Quadrat-
millimeter, Ausdehnung 20 Prozent, Kontraktion 30 Prozent.
Die gegossenen Blöcke lieſsen sich nicht unmittelbar auswalzen,
weil, wenn auch die Oberfläche fest war, der Kern noch ganz oder
halb flüssig war. Der Block wurde deshalb in einen Wärmofen ge-
bracht und entweder in einer oder mehreren Hitzen fertig ausgewalzt.
In jedem Rollofen lagen etwa 30 Blöcke für 60 Schienen. Der warm
eingesetzte Block passierte den Ofen in drei Stunden.
Bei den älteren Verfahren mit Vorschmieden unter dem Dampf-
hammer waren zwei Hitzen erforderlich. Die Blöcke wurden unter
einem Hammer von etwa 150 Centner Gewicht auf 20 cm Seitenlänge
vorgeschmiedet und dann in einem Triowalzwerk ausgewalzt. Weit
schneller verlief der Zweihitzeprozeſs, bei dem das Verblocken statt
unter dem Hammer unter einem Reversierwalzwerk geschah. Man
1) Stahl und Eisen 1882, S. 283.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 796. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/812>, abgerufen am 22.11.2024.
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