Die wichtigste und erfolgreichste Verbesserung, welche in dieser Periode aber an den Hochöfen angebracht wurde, war Lürmanns Schlackenform, welche eine tiefeingreifende Umänderung der Ofen- zustellung zur Folge hatte. Sie führte zur Beseitigung des Vorherds und zur geschlossenen Brust.
Die Vorteile der geschlossenen Brust waren in Fachkreisen längst anerkannt. P. Tunner hatte seit vielen Jahren wiederholt auf die grossen Vorzüge dieser Konstruktion hingewiesen. Ob die ältesten Hochöfen eine solche Zustellung hatten, lässt sich mit Bestimmtheit nicht nachweisen, es ist aber in hohem Grade wahrscheinlich, weil die Hochöfen aus den Stücköfen hervorgegangen sind, welche die ge- schlossene Brust hatten. Es scheint fast, als ob nur die Bequemlich- keit, flüssiges Eisen aus dem Ofen zum Zweck des Vorgiessens schöpfen zu können, zu der Anbringung des Vorherdes geführt hätte. Allerdings geschah dies im Rheingebiet schon so früh, dass die ältesten Hochöfen, von denen wir Kenntnis haben, schon in dieser Weise zugestellt waren. Die Abkühlung des Hochofens durch den Vorherd, das häufige Aufbrechen und Reinigen desselben und die fortwährenden Reparaturen, die daraus entsprangen, waren Nachteile, die man wohl empfand. Man nahm sie aber als etwas Notwendiges, Unabänderliches hin und hielt eine andere Ofenzustellung unter den gegebenen Ver- hältnissen für ganz unmöglich. Namentlich hielt man da, wo man mit Koks geringere Erze verschmolz, das häufige Reinigen des Gestells für die wichtigste, notwendigste Arbeit, obgleich sich gerade hier die grossen Nachteile der starken Abkühlung beim Aufbrechen und Reinigen des Herdes mit Brechstangen und Haken am meisten fühlbar machten. Aus der Gewohnheit war, wie so oft, der Aberglaube entstanden, dass es so sein müsse. Diesen Aberglauben zerstört und eine rationellere Ofenzustellung herbeigeführt zu haben, ist das grosse Verdienst Lürmanns. Die Mittel, welche er dazu anwendete, waren sehr einfach. Er brachte auf der Brustseite unmittelbar unter dem Tümpel eine Wasserform an, die er etwas tiefer legte als die übrigen Formen und die er zugleich zum Abzapfen der Schlacken benutzte, weshalb er sie als Schlackenform bezeichnete. Anfangs hatte er nur eine durch eingegossene Röhren gekühlte gusseiserne Platte, die mit einer Öffnung versehen war, benutzt. Aber die Wasserkühlung war hierbei ungenügend gewesen und das Abstichloch hatte sich rasch ausgefressen und erweitert. Die Benutzung einer Wasserform war die glückliche Lösung des Problems.
Fritz W. Lürmann war damals Betriebsleiter der Hochöfen der
Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.
Die wichtigste und erfolgreichste Verbesserung, welche in dieser Periode aber an den Hochöfen angebracht wurde, war Lürmanns Schlackenform, welche eine tiefeingreifende Umänderung der Ofen- zustellung zur Folge hatte. Sie führte zur Beseitigung des Vorherds und zur geschlossenen Brust.
Die Vorteile der geschlossenen Brust waren in Fachkreisen längst anerkannt. P. Tunner hatte seit vielen Jahren wiederholt auf die groſsen Vorzüge dieser Konstruktion hingewiesen. Ob die ältesten Hochöfen eine solche Zustellung hatten, läſst sich mit Bestimmtheit nicht nachweisen, es ist aber in hohem Grade wahrscheinlich, weil die Hochöfen aus den Stücköfen hervorgegangen sind, welche die ge- schlossene Brust hatten. Es scheint fast, als ob nur die Bequemlich- keit, flüssiges Eisen aus dem Ofen zum Zweck des Vorgieſsens schöpfen zu können, zu der Anbringung des Vorherdes geführt hätte. Allerdings geschah dies im Rheingebiet schon so früh, daſs die ältesten Hochöfen, von denen wir Kenntnis haben, schon in dieser Weise zugestellt waren. Die Abkühlung des Hochofens durch den Vorherd, das häufige Aufbrechen und Reinigen desselben und die fortwährenden Reparaturen, die daraus entsprangen, waren Nachteile, die man wohl empfand. Man nahm sie aber als etwas Notwendiges, Unabänderliches hin und hielt eine andere Ofenzustellung unter den gegebenen Ver- hältnissen für ganz unmöglich. Namentlich hielt man da, wo man mit Koks geringere Erze verschmolz, das häufige Reinigen des Gestells für die wichtigste, notwendigste Arbeit, obgleich sich gerade hier die groſsen Nachteile der starken Abkühlung beim Aufbrechen und Reinigen des Herdes mit Brechstangen und Haken am meisten fühlbar machten. Aus der Gewohnheit war, wie so oft, der Aberglaube entstanden, daſs es so sein müsse. Diesen Aberglauben zerstört und eine rationellere Ofenzustellung herbeigeführt zu haben, ist das groſse Verdienst Lürmanns. Die Mittel, welche er dazu anwendete, waren sehr einfach. Er brachte auf der Brustseite unmittelbar unter dem Tümpel eine Wasserform an, die er etwas tiefer legte als die übrigen Formen und die er zugleich zum Abzapfen der Schlacken benutzte, weshalb er sie als Schlackenform bezeichnete. Anfangs hatte er nur eine durch eingegossene Röhren gekühlte guſseiserne Platte, die mit einer Öffnung versehen war, benutzt. Aber die Wasserkühlung war hierbei ungenügend gewesen und das Abstichloch hatte sich rasch ausgefressen und erweitert. Die Benutzung einer Wasserform war die glückliche Lösung des Problems.
Fritz W. Lürmann war damals Betriebsleiter der Hochöfen der
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Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.
Die wichtigste und erfolgreichste Verbesserung, welche in dieser
Periode aber an den Hochöfen angebracht wurde, war Lürmanns
Schlackenform, welche eine tiefeingreifende Umänderung der Ofen-
zustellung zur Folge hatte. Sie führte zur Beseitigung des Vorherds
und zur geschlossenen Brust.
Die Vorteile der geschlossenen Brust waren in Fachkreisen längst
anerkannt. P. Tunner hatte seit vielen Jahren wiederholt auf die
groſsen Vorzüge dieser Konstruktion hingewiesen. Ob die ältesten
Hochöfen eine solche Zustellung hatten, läſst sich mit Bestimmtheit
nicht nachweisen, es ist aber in hohem Grade wahrscheinlich, weil die
Hochöfen aus den Stücköfen hervorgegangen sind, welche die ge-
schlossene Brust hatten. Es scheint fast, als ob nur die Bequemlich-
keit, flüssiges Eisen aus dem Ofen zum Zweck des Vorgieſsens
schöpfen zu können, zu der Anbringung des Vorherdes geführt hätte.
Allerdings geschah dies im Rheingebiet schon so früh, daſs die ältesten
Hochöfen, von denen wir Kenntnis haben, schon in dieser Weise
zugestellt waren. Die Abkühlung des Hochofens durch den Vorherd,
das häufige Aufbrechen und Reinigen desselben und die fortwährenden
Reparaturen, die daraus entsprangen, waren Nachteile, die man wohl
empfand. Man nahm sie aber als etwas Notwendiges, Unabänderliches
hin und hielt eine andere Ofenzustellung unter den gegebenen Ver-
hältnissen für ganz unmöglich. Namentlich hielt man da, wo man
mit Koks geringere Erze verschmolz, das häufige Reinigen des Gestells
für die wichtigste, notwendigste Arbeit, obgleich sich gerade hier die
groſsen Nachteile der starken Abkühlung beim Aufbrechen und Reinigen
des Herdes mit Brechstangen und Haken am meisten fühlbar machten.
Aus der Gewohnheit war, wie so oft, der Aberglaube entstanden, daſs
es so sein müsse. Diesen Aberglauben zerstört und eine rationellere
Ofenzustellung herbeigeführt zu haben, ist das groſse Verdienst
Lürmanns. Die Mittel, welche er dazu anwendete, waren sehr
einfach. Er brachte auf der Brustseite unmittelbar unter dem Tümpel
eine Wasserform an, die er etwas tiefer legte als die übrigen Formen
und die er zugleich zum Abzapfen der Schlacken benutzte, weshalb er
sie als Schlackenform bezeichnete. Anfangs hatte er nur eine durch
eingegossene Röhren gekühlte guſseiserne Platte, die mit einer Öffnung
versehen war, benutzt. Aber die Wasserkühlung war hierbei ungenügend
gewesen und das Abstichloch hatte sich rasch ausgefressen und
erweitert. Die Benutzung einer Wasserform war die glückliche Lösung
des Problems.
Fritz W. Lürmann war damals Betriebsleiter der Hochöfen der
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/77>, abgerufen am 23.11.2024.
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