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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Cement- und Tiegelgussstahl.
angegebenen Grenzen durchaus nicht gleich. Bei 21/2 Prozent Mangan
vermindern sich Festigkeit und Dehnbarkeit, während die Härte
zunimmt, die bei 6 Prozent ihr Maximum erreicht. Bei 7 bis
10 Prozent Mangan nehmen Härte und Sprödigkeit etwas ab, Festig-
keit und Dehnbarkeit dagegen zu 1). Am vorteilhaftesten ist die
Legierung mit 12 bis 14 Prozent Mangan, die eine Zerreissfestigkeit
von 100 kg pro Quadratmillimeter und eine Dehnung von 44 bis
50 Prozent bei einer Stablänge von 203 mm zeigt, also bei grösster
Härte eine Zugfestigkeit wie das weichste Eisen 2). Eisenmangan-
stahl (Hadfieldstahl) von 17 bis 20 Prozent Mangan zeigt die drei-
fache Festigkeit wie gewöhnlicher Stahl. Für manche besondere
Zwecke kann derselbe also sehr vorteilhaft sein. Die Darstellung
erfolgt durch Zusatz von geschmolzenem reichen Ferromangan zu
vollständig entkohltem heissflüssigen Martin- oder Thomasstahl unter
Umrühren 3). Der Hadfieldstahl lässt sich schmieden und walzen wie
ein harter Kohlenstoffstahl mit 1,25 bis 1,50 Prozent Kohlenstoff.

Der vorzügliche Werkzeug-Tiegelgussstahl, den Gebrüder Böhler
& Co.
unter der Bezeichnung "Rapid" in Kapfenberg herstellen, ent-
hält nur etwa 1 Prozent Mangan 4).

Ein anderer Specialstahl von aussergewöhnlicher Härte ist der
Wolframstahl. Dieser war zuerst 1855 von Jakob in Österreich,
dann 1857 von Oxland in England dargestellt worden und wurde
sodann von Mayr in Leoben 1858 als Handelsartikel dargestellt.
1861 folgte Mushet mit seinem Specialstahl, der etwa 8 Prozent
Wolfram enthielt, während der Wolframstahl von Mayr wenig mehr
als 1 Prozent enthielt. In Deutschland beschäftigte sich die Bochumer
Gussstahlfabrik Ende der sechziger Jahre mit der Herstellung eines
Wolframstahls, der nach den Analysen an 3 Prozent Wolfram enthielt.
Ende der siebziger Jahre stellte man zu Terrenoire eine Eisen-
wolframlegierung im Hochofen zur Bereitung von Wolframstahl dar.
Proben dieses Wolframmanganeisens waren 1879 auf der Pariser
Weltausstellung zu sehen. Ein Stück davon enthielt nach Kerpely
24,25 Tle. Wolfram, 30,00 Tle. Eisen, 41,50 Tle. Mangan, 5,65 Tle.
Kohle und 0,14 Tle. Phosphor. Biermann in Hannover lieferte
Wolframeisen und Wolframmanganeisen mit 20 bis 50 Prozent
Wolfram.


1) Nach Akermann, Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1889, S. 115.
2) Vergl. auch Stahl und Eisen 1891, S. 993.
3) Siehe Ledebur über Manganstahl in Stahl und Eisen 1894, S. 504.
4) A. a. O. 1901, S. 26.

Cement- und Tiegelguſsstahl.
angegebenen Grenzen durchaus nicht gleich. Bei 2½ Prozent Mangan
vermindern sich Festigkeit und Dehnbarkeit, während die Härte
zunimmt, die bei 6 Prozent ihr Maximum erreicht. Bei 7 bis
10 Prozent Mangan nehmen Härte und Sprödigkeit etwas ab, Festig-
keit und Dehnbarkeit dagegen zu 1). Am vorteilhaftesten ist die
Legierung mit 12 bis 14 Prozent Mangan, die eine Zerreiſsfestigkeit
von 100 kg pro Quadratmillimeter und eine Dehnung von 44 bis
50 Prozent bei einer Stablänge von 203 mm zeigt, also bei gröſster
Härte eine Zugfestigkeit wie das weichste Eisen 2). Eisenmangan-
stahl (Hadfieldstahl) von 17 bis 20 Prozent Mangan zeigt die drei-
fache Festigkeit wie gewöhnlicher Stahl. Für manche besondere
Zwecke kann derselbe also sehr vorteilhaft sein. Die Darstellung
erfolgt durch Zusatz von geschmolzenem reichen Ferromangan zu
vollständig entkohltem heiſsflüssigen Martin- oder Thomasstahl unter
Umrühren 3). Der Hadfieldstahl läſst sich schmieden und walzen wie
ein harter Kohlenstoffstahl mit 1,25 bis 1,50 Prozent Kohlenstoff.

Der vorzügliche Werkzeug-Tiegelguſsstahl, den Gebrüder Böhler
& Co.
unter der Bezeichnung „Rapid“ in Kapfenberg herstellen, ent-
hält nur etwa 1 Prozent Mangan 4).

Ein anderer Specialstahl von auſsergewöhnlicher Härte ist der
Wolframstahl. Dieser war zuerst 1855 von Jakob in Österreich,
dann 1857 von Oxland in England dargestellt worden und wurde
sodann von Mayr in Leoben 1858 als Handelsartikel dargestellt.
1861 folgte Mushet mit seinem Specialstahl, der etwa 8 Prozent
Wolfram enthielt, während der Wolframstahl von Mayr wenig mehr
als 1 Prozent enthielt. In Deutschland beschäftigte sich die Bochumer
Guſsstahlfabrik Ende der sechziger Jahre mit der Herstellung eines
Wolframstahls, der nach den Analysen an 3 Prozent Wolfram enthielt.
Ende der siebziger Jahre stellte man zu Terrenoire eine Eisen-
wolframlegierung im Hochofen zur Bereitung von Wolframstahl dar.
Proben dieses Wolframmanganeisens waren 1879 auf der Pariser
Weltausstellung zu sehen. Ein Stück davon enthielt nach Kerpely
24,25 Tle. Wolfram, 30,00 Tle. Eisen, 41,50 Tle. Mangan, 5,65 Tle.
Kohle und 0,14 Tle. Phosphor. Biermann in Hannover lieferte
Wolframeisen und Wolframmanganeisen mit 20 bis 50 Prozent
Wolfram.


1) Nach Åkermann, Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1889, S. 115.
2) Vergl. auch Stahl und Eisen 1891, S. 993.
3) Siehe Ledebur über Manganstahl in Stahl und Eisen 1894, S. 504.
4) A. a. O. 1901, S. 26.
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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/756>, abgerufen am 28.09.2024.