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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Cement- und Tiegelgussstahl.

Benjamin Talbot1) baute auf den Pencoyd Iron-Works Öfen
dieser Art von ca. 100 Tonnen Fassungsraum und führte kontinuier-
lichen Betrieb in der Weise ein, dass von der ganzen Charge etwa
70 Tonnen abgegossen und die zurückbleibenden 30 Tonnen das
Bad für das flüssig zugesetzte Roheisen bilden. Man kann hierdurch
den Betrieb ohne Schrott führen, was bei der zunehmenden Aus-
breitung des Herdstahlprozesses von Wichtigkeit ist. -- P. Eyer-
mann
2) schlägt einen Verbundofen, d. h. eine Kombination von
Bessemerbirne und Martinofen vor.

Bei gutem Betriebe einfacher 15-Tonnenöfen werden jetzt (1900)
in Deutschland fünf bis sechs Hitzen in 24 Stunden gemacht. Bei
dem Bertrand-Thiel-Prozess, der mit zwei Herden arbeitet, werden in
Kladno sieben bis acht Chargen in 24 Stunden bei einem Roheisen
von 1,5 Prozent Phosphor und 1 Prozent Silicium erreicht 3).

Das Martinieren mit in der Birne vorgefrischtem Roheisen nach
dem Verfahren von Daelen-Pszezolka, das jetzt (1900) auch in
Czenstochau, Russisch-Polen, in gutem Betriebe ist, gestattet sieben
Chargen in 24 Stunden 4).

Cement- und Tiegelgussstahl.

Seit der Ausbreitung der Flussstahlfabrikation hat sich die
Tiegelstahlfabrikation noch mehr wie früher auf die Erzeugung
von Qualitätsstahl beschränkt. Noch grösseren Abbruch erfuhr da-
durch die Cementstahlfabrikation. Gärbstahl oder Raffinierstahl
aus Cementstahl wurde kaum mehr hergestellt, weil sich die Fabri-
kation nicht mehr lohnte und Cementstahl für Tiegelgussstahl wurde
nur noch da gemacht, wo man besten Werkzeugstahl erzeugen wollte,
wie in Kapfenberg in Steiermark, in Remscheid in Westfalen und
besonders in Sheffield in England. Wo es sich um gröbere Stahl-
artikel handelte, wendete man zur Herstellung des Tiegelstahls, wenn
derselbe überhaupt noch gegenüber dem billigeren Konverter- oder
Flammofenflussstahl in Frage kam, gepuddelten Stahl oder noch
billigere Sorten an.

Die Cementstahlfabrikation trat hierdurch mehr und mehr in
den Hintergrund und wurde nach und nach fast überall aufgegeben.

1) Daselbst S. 263 und 311.
2) A. a. O. 1899, S. 310.
3) Stahl und Eisen 1900, S. 782.
4) Daselbst S. 750.
Cement- und Tiegelguſsstahl.

Benjamin Talbot1) baute auf den Pencoyd Iron-Works Öfen
dieser Art von ca. 100 Tonnen Fassungsraum und führte kontinuier-
lichen Betrieb in der Weise ein, daſs von der ganzen Charge etwa
70 Tonnen abgegossen und die zurückbleibenden 30 Tonnen das
Bad für das flüſsig zugesetzte Roheisen bilden. Man kann hierdurch
den Betrieb ohne Schrott führen, was bei der zunehmenden Aus-
breitung des Herdstahlprozesses von Wichtigkeit ist. — P. Eyer-
mann
2) schlägt einen Verbundofen, d. h. eine Kombination von
Bessemerbirne und Martinofen vor.

Bei gutem Betriebe einfacher 15-Tonnenöfen werden jetzt (1900)
in Deutschland fünf bis sechs Hitzen in 24 Stunden gemacht. Bei
dem Bertrand-Thiel-Prozeſs, der mit zwei Herden arbeitet, werden in
Kladno sieben bis acht Chargen in 24 Stunden bei einem Roheisen
von 1,5 Prozent Phosphor und 1 Prozent Silicium erreicht 3).

Das Martinieren mit in der Birne vorgefrischtem Roheisen nach
dem Verfahren von Daelen-Pszezolka, das jetzt (1900) auch in
Czenstochau, Russisch-Polen, in gutem Betriebe ist, gestattet sieben
Chargen in 24 Stunden 4).

Cement- und Tiegelguſsstahl.

Seit der Ausbreitung der Fluſsstahlfabrikation hat sich die
Tiegelstahlfabrikation noch mehr wie früher auf die Erzeugung
von Qualitätsstahl beschränkt. Noch gröſseren Abbruch erfuhr da-
durch die Cementstahlfabrikation. Gärbstahl oder Raffinierstahl
aus Cementstahl wurde kaum mehr hergestellt, weil sich die Fabri-
kation nicht mehr lohnte und Cementstahl für Tiegelguſsstahl wurde
nur noch da gemacht, wo man besten Werkzeugstahl erzeugen wollte,
wie in Kapfenberg in Steiermark, in Remscheid in Westfalen und
besonders in Sheffield in England. Wo es sich um gröbere Stahl-
artikel handelte, wendete man zur Herstellung des Tiegelstahls, wenn
derselbe überhaupt noch gegenüber dem billigeren Konverter- oder
Flammofenfluſsstahl in Frage kam, gepuddelten Stahl oder noch
billigere Sorten an.

Die Cementstahlfabrikation trat hierdurch mehr und mehr in
den Hintergrund und wurde nach und nach fast überall aufgegeben.

1) Daselbst S. 263 und 311.
2) A. a. O. 1899, S. 310.
3) Stahl und Eisen 1900, S. 782.
4) Daselbst S. 750.
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[731/0747] Cement- und Tiegelguſsstahl. Benjamin Talbot 1) baute auf den Pencoyd Iron-Works Öfen dieser Art von ca. 100 Tonnen Fassungsraum und führte kontinuier- lichen Betrieb in der Weise ein, daſs von der ganzen Charge etwa 70 Tonnen abgegossen und die zurückbleibenden 30 Tonnen das Bad für das flüſsig zugesetzte Roheisen bilden. Man kann hierdurch den Betrieb ohne Schrott führen, was bei der zunehmenden Aus- breitung des Herdstahlprozesses von Wichtigkeit ist. — P. Eyer- mann 2) schlägt einen Verbundofen, d. h. eine Kombination von Bessemerbirne und Martinofen vor. Bei gutem Betriebe einfacher 15-Tonnenöfen werden jetzt (1900) in Deutschland fünf bis sechs Hitzen in 24 Stunden gemacht. Bei dem Bertrand-Thiel-Prozeſs, der mit zwei Herden arbeitet, werden in Kladno sieben bis acht Chargen in 24 Stunden bei einem Roheisen von 1,5 Prozent Phosphor und 1 Prozent Silicium erreicht 3). Das Martinieren mit in der Birne vorgefrischtem Roheisen nach dem Verfahren von Daelen-Pszezolka, das jetzt (1900) auch in Czenstochau, Russisch-Polen, in gutem Betriebe ist, gestattet sieben Chargen in 24 Stunden 4). Cement- und Tiegelguſsstahl. Seit der Ausbreitung der Fluſsstahlfabrikation hat sich die Tiegelstahlfabrikation noch mehr wie früher auf die Erzeugung von Qualitätsstahl beschränkt. Noch gröſseren Abbruch erfuhr da- durch die Cementstahlfabrikation. Gärbstahl oder Raffinierstahl aus Cementstahl wurde kaum mehr hergestellt, weil sich die Fabri- kation nicht mehr lohnte und Cementstahl für Tiegelguſsstahl wurde nur noch da gemacht, wo man besten Werkzeugstahl erzeugen wollte, wie in Kapfenberg in Steiermark, in Remscheid in Westfalen und besonders in Sheffield in England. Wo es sich um gröbere Stahl- artikel handelte, wendete man zur Herstellung des Tiegelstahls, wenn derselbe überhaupt noch gegenüber dem billigeren Konverter- oder Flammofenfluſsstahl in Frage kam, gepuddelten Stahl oder noch billigere Sorten an. Die Cementstahlfabrikation trat hierdurch mehr und mehr in den Hintergrund und wurde nach und nach fast überall aufgegeben. 1) Daselbst S. 263 und 311. 2) A. a. O. 1899, S. 310. 3) Stahl und Eisen 1900, S. 782. 4) Daselbst S. 750.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/747>, abgerufen am 23.11.2024.