Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
Herd öfters beweglich, indem man ihn auf Rollen lagerte und ihm durch Wasserdruckcylinder eine wiegende Schwingung gab, wie der Ofen von H. H. Campbell (1890), der dann zur Entleerung gekippt wurde. Ein anderer von Campbell gebauter Ofen liess sich ganz um seine horizontale Achse drehen 1). Auch Pernotöfen waren 1893 noch im Gebrauch, jedoch mit beschränkter Anwendung der Dreh- bewegung. Um den nötigen Überdruck von dem in den Verbrennungs- raum eintretenden Gase und Luft zu erlangen, betrieb man nicht nur die Gaserzeuger mit Unterwind, sondern führte auch die Verbrennungs- luft durch Gebläse in den Ofen. Statt der Siemensschen Wechsel- klappe empfahl Campbell Ventile. Wo man Naturgas anwendete, waren die Schmelzöfen nur mit zwei Wärmespeichern zur Erhitzung der Luft versehen, da das Naturgas nicht vorgewärmt wurde. Campbell hielt nicht viel von dem Verfahren, die Generatorgase nicht durch Wärmespeicher, sondern unmittelbar in den Ofen zu leiten. Wassergas hat sich, wie auch in Europa, als zu kostspielig erwiesen. Auch Petroleum verwendete man in Amerika, welches, mittels überhitztem Dampf verflüchtigt, durch Wärmespeicher in den Ofen geführt wurde.
Campbell wies nach, dass bei heissem Ofengang Schwefel und auch Phosphor teilweise verflüchtigt werden, wie dies Wedding bereits 1890 beobachtet hatte.
Über die Bedeutung des Magnesits für die basische Ausfütte- rung der Flusseisenöfen hat Wedding2) und über Magnesiaziegel C. Bischof3) 1893 Erfahrungen veröffentlicht. Magnesit vom Veitsch- thal in Steiermark wurde in Schweden und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika verwendet.
Bei dem in Witkowitz eingeführten gemischten Verfahren des Verblasens in der sauren Birne und der Entphosphorung und dem Fertigmachen im basischen Flammofen wurde nach P. Kuppel- wieser hohe Produktion bei geringen Selbstkosten erzielt. Die Er- sparnis betrug 10 Mark auf die Tonne gegenüber dem reinen Herd- verfahren. Es waren fünf Martinöfen zu 20 Tonnen und drei Birnen, alle in einer Reihe, im Betriebe. Das Roheisen gelangte direkt aus den Hochöfen in die Birnen.
Der chemische Verlauf der Umwandlung, den verschiedene Roh- eisensorten bei diesem Verfahren erleiden, ergiebt sich in anschau-
1) Siehe Ledebur in Stahl und Eisen 1893, S. 869.
2) Stahl und Eisen 1893, S. 279.
3) Österr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1893, S. 27.
Beck, Geschichte des Eisens. 46
Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
Herd öfters beweglich, indem man ihn auf Rollen lagerte und ihm durch Wasserdruckcylinder eine wiegende Schwingung gab, wie der Ofen von H. H. Campbell (1890), der dann zur Entleerung gekippt wurde. Ein anderer von Campbell gebauter Ofen lieſs sich ganz um seine horizontale Achse drehen 1). Auch Pernotöfen waren 1893 noch im Gebrauch, jedoch mit beschränkter Anwendung der Dreh- bewegung. Um den nötigen Überdruck von dem in den Verbrennungs- raum eintretenden Gase und Luft zu erlangen, betrieb man nicht nur die Gaserzeuger mit Unterwind, sondern führte auch die Verbrennungs- luft durch Gebläse in den Ofen. Statt der Siemensschen Wechsel- klappe empfahl Campbell Ventile. Wo man Naturgas anwendete, waren die Schmelzöfen nur mit zwei Wärmespeichern zur Erhitzung der Luft versehen, da das Naturgas nicht vorgewärmt wurde. Campbell hielt nicht viel von dem Verfahren, die Generatorgase nicht durch Wärmespeicher, sondern unmittelbar in den Ofen zu leiten. Wassergas hat sich, wie auch in Europa, als zu kostspielig erwiesen. Auch Petroleum verwendete man in Amerika, welches, mittels überhitztem Dampf verflüchtigt, durch Wärmespeicher in den Ofen geführt wurde.
Campbell wies nach, daſs bei heiſsem Ofengang Schwefel und auch Phosphor teilweise verflüchtigt werden, wie dies Wedding bereits 1890 beobachtet hatte.
Über die Bedeutung des Magnesits für die basische Ausfütte- rung der Fluſseisenöfen hat Wedding2) und über Magnesiaziegel C. Bischof3) 1893 Erfahrungen veröffentlicht. Magnesit vom Veitsch- thal in Steiermark wurde in Schweden und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika verwendet.
Bei dem in Witkowitz eingeführten gemischten Verfahren des Verblasens in der sauren Birne und der Entphosphorung und dem Fertigmachen im basischen Flammofen wurde nach P. Kuppel- wieser hohe Produktion bei geringen Selbstkosten erzielt. Die Er- sparnis betrug 10 Mark auf die Tonne gegenüber dem reinen Herd- verfahren. Es waren fünf Martinöfen zu 20 Tonnen und drei Birnen, alle in einer Reihe, im Betriebe. Das Roheisen gelangte direkt aus den Hochöfen in die Birnen.
Der chemische Verlauf der Umwandlung, den verschiedene Roh- eisensorten bei diesem Verfahren erleiden, ergiebt sich in anschau-
1) Siehe Ledebur in Stahl und Eisen 1893, S. 869.
2) Stahl und Eisen 1893, S. 279.
3) Österr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1893, S. 27.
Beck, Geschichte des Eisens. 46
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Herd öfters beweglich, indem man ihn auf Rollen lagerte und ihm
durch Wasserdruckcylinder eine wiegende Schwingung gab, wie der
Ofen von H. H. Campbell (1890), der dann zur Entleerung gekippt
wurde. Ein anderer von Campbell gebauter Ofen lieſs sich ganz
um seine horizontale Achse drehen 1). Auch Pernotöfen waren 1893
noch im Gebrauch, jedoch mit beschränkter Anwendung der Dreh-
bewegung. Um den nötigen Überdruck von dem in den Verbrennungs-
raum eintretenden Gase und Luft zu erlangen, betrieb man nicht nur
die Gaserzeuger mit Unterwind, sondern führte auch die Verbrennungs-
luft durch Gebläse in den Ofen. Statt der Siemensschen Wechsel-
klappe empfahl Campbell Ventile. Wo man Naturgas anwendete,
waren die Schmelzöfen nur mit zwei Wärmespeichern zur Erhitzung
der Luft versehen, da das Naturgas nicht vorgewärmt wurde.
Campbell hielt nicht viel von dem Verfahren, die Generatorgase
nicht durch Wärmespeicher, sondern unmittelbar in den Ofen zu
leiten. Wassergas hat sich, wie auch in Europa, als zu kostspielig
erwiesen. Auch Petroleum verwendete man in Amerika, welches,
mittels überhitztem Dampf verflüchtigt, durch Wärmespeicher in den
Ofen geführt wurde.
Campbell wies nach, daſs bei heiſsem Ofengang Schwefel und
auch Phosphor teilweise verflüchtigt werden, wie dies Wedding
bereits 1890 beobachtet hatte.
Über die Bedeutung des Magnesits für die basische Ausfütte-
rung der Fluſseisenöfen hat Wedding 2) und über Magnesiaziegel
C. Bischof 3) 1893 Erfahrungen veröffentlicht. Magnesit vom Veitsch-
thal in Steiermark wurde in Schweden und in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika verwendet.
Bei dem in Witkowitz eingeführten gemischten Verfahren des
Verblasens in der sauren Birne und der Entphosphorung und dem
Fertigmachen im basischen Flammofen wurde nach P. Kuppel-
wieser hohe Produktion bei geringen Selbstkosten erzielt. Die Er-
sparnis betrug 10 Mark auf die Tonne gegenüber dem reinen Herd-
verfahren. Es waren fünf Martinöfen zu 20 Tonnen und drei Birnen,
alle in einer Reihe, im Betriebe. Das Roheisen gelangte direkt aus
den Hochöfen in die Birnen.
Der chemische Verlauf der Umwandlung, den verschiedene Roh-
eisensorten bei diesem Verfahren erleiden, ergiebt sich in anschau-
1) Siehe Ledebur in Stahl und Eisen 1893, S. 869.
2) Stahl und Eisen 1893, S. 279.
3) Österr. Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1893, S. 27.
Beck, Geschichte des Eisens. 46
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 721. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/737>, abgerufen am 24.11.2024.
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