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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
von Jüptner und Friedr. Toldt zu Neuberg 1) bestätigten die
Überlegenheit dieser Öfen gegen die älteren mit eingesenkten
Gewölben. Koppmeyer arbeitete mit abhebbarem Gewölbe. Bei
den mit Wassergas betriebenen Martinöfen waren diese allgemein
im Gebrauch. Lash führte in Pittsburg in den Vereinigten Staaten
einen Gasschmelzofen mit flachem Herd, Wasserkühlung und mehreren
Thüren zum bequemeren Beschicken an der hinteren Seite ein. Diese
Öfen waren anfangs für Naturgas bestimmt, wurden aber später mit
Generatorgas betrieben. Regenerativ-Gasflammöfen empfahl J. von
Ehrenwerth
besonders für intermittierenden Betrieb. W. Schmid-
hammer
in Reschitza brachte kippbare Flammöfen in Vorschlag 2).

In England suchte man durch Vergrösserung der Öfen höhere
Produktion zu erzielen. Man machte sie 101/2 Fuss breit und 161/2 Fuss
lang, mit festen Gewölben und viereckigen Wärmespeichern, die mehr
Heizfläche boten als die runden. Man erzielte mit diesen Öfen an-
geblich eine Kohlenersparnis von 25 Prozent. W. Schmidhammer
zu Reschitza schlug Öfen mit auswechselbarem Herd vor.

Drehbare Trommelherde, wie die von G. Halton vorgeschlagenen,
empfahl Const. Steffens, rotierende Öfen G. J. Snelus in Worthing-
ton und J. Henderson in New York.

A. Gouvy veröffentlichte einen ausführlichen Bericht über die
Flusseisenerzeugung auf basischen Herden zu Reschitza 3). Die Öfen
hatten durch Rohre gekühlte Feuerbrücken. Ihre Seitenwände waren
aus Magnesitziegeln aufgemauert, in welche der Herd 300 mm dick aus
Dolomitmasse aufgestampft wurde. Das aus Dinasziegeln hergestellte
Gewölbe war von dem Herd ganz unabhängig. Man beschickte
3500 kg graues und halbiertes Roheisen und 4000 kg Abfälle, die
auf einmal und kalt eingesetzt wurden, dazu wurden 450 kg Kalk in
nussgrossen Stücken zugeschlagen. Man liess die aufschäumende
Schlacke verkochen und zog sie dann mit der Krücke ab, worauf man
die Probe nahm. War die Entkohlung beendet, so setzte man zur Rück-
kohlung eine geringe Menge Ferromangan zu. In 24 Stunden wurden
vier Chargen geschmolzen. Das fertige Produkt enthielt 0,011 Prozent
Phosphor. Seine absolute Festigkeit betrug 35 kg pro Quadratmillimeter,
die Kontraktion 72 Prozent, die Dehnung 28 Prozent. Das Flusseisen
diente für Panzerplatten und Material zum Schiffsbau für das K. K.
Arsenal zu Pola, wo damals das Panzerschiff "Kronprinz Rudolf" damit

1) Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenw. 1888, S. 291.
2) Stahl und Eisen 1888, S. 369 bis 375.
3) Daselbst 1889, S. 396.

Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
von Jüptner und Friedr. Toldt zu Neuberg 1) bestätigten die
Überlegenheit dieser Öfen gegen die älteren mit eingesenkten
Gewölben. Koppmeyer arbeitete mit abhebbarem Gewölbe. Bei
den mit Wassergas betriebenen Martinöfen waren diese allgemein
im Gebrauch. Lash führte in Pittsburg in den Vereinigten Staaten
einen Gasschmelzofen mit flachem Herd, Wasserkühlung und mehreren
Thüren zum bequemeren Beschicken an der hinteren Seite ein. Diese
Öfen waren anfangs für Naturgas bestimmt, wurden aber später mit
Generatorgas betrieben. Regenerativ-Gasflammöfen empfahl J. von
Ehrenwerth
besonders für intermittierenden Betrieb. W. Schmid-
hammer
in Reschitza brachte kippbare Flammöfen in Vorschlag 2).

In England suchte man durch Vergröſserung der Öfen höhere
Produktion zu erzielen. Man machte sie 10½ Fuſs breit und 16½ Fuſs
lang, mit festen Gewölben und viereckigen Wärmespeichern, die mehr
Heizfläche boten als die runden. Man erzielte mit diesen Öfen an-
geblich eine Kohlenersparnis von 25 Prozent. W. Schmidhammer
zu Reschitza schlug Öfen mit auswechselbarem Herd vor.

Drehbare Trommelherde, wie die von G. Halton vorgeschlagenen,
empfahl Const. Steffens, rotierende Öfen G. J. Snelus in Worthing-
ton und J. Henderson in New York.

A. Gouvy veröffentlichte einen ausführlichen Bericht über die
Fluſseisenerzeugung auf basischen Herden zu Reschitza 3). Die Öfen
hatten durch Rohre gekühlte Feuerbrücken. Ihre Seitenwände waren
aus Magnesitziegeln aufgemauert, in welche der Herd 300 mm dick aus
Dolomitmasse aufgestampft wurde. Das aus Dinasziegeln hergestellte
Gewölbe war von dem Herd ganz unabhängig. Man beschickte
3500 kg graues und halbiertes Roheisen und 4000 kg Abfälle, die
auf einmal und kalt eingesetzt wurden, dazu wurden 450 kg Kalk in
nuſsgroſsen Stücken zugeschlagen. Man lieſs die aufschäumende
Schlacke verkochen und zog sie dann mit der Krücke ab, worauf man
die Probe nahm. War die Entkohlung beendet, so setzte man zur Rück-
kohlung eine geringe Menge Ferromangan zu. In 24 Stunden wurden
vier Chargen geschmolzen. Das fertige Produkt enthielt 0,011 Prozent
Phosphor. Seine absolute Festigkeit betrug 35 kg pro Quadratmillimeter,
die Kontraktion 72 Prozent, die Dehnung 28 Prozent. Das Fluſseisen
diente für Panzerplatten und Material zum Schiffsbau für das K. K.
Arsenal zu Pola, wo damals das Panzerschiff „Kronprinz Rudolf“ damit

1) Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenw. 1888, S. 291.
2) Stahl und Eisen 1888, S. 369 bis 375.
3) Daselbst 1889, S. 396.
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[713/0729] Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870. von Jüptner und Friedr. Toldt zu Neuberg 1) bestätigten die Überlegenheit dieser Öfen gegen die älteren mit eingesenkten Gewölben. Koppmeyer arbeitete mit abhebbarem Gewölbe. Bei den mit Wassergas betriebenen Martinöfen waren diese allgemein im Gebrauch. Lash führte in Pittsburg in den Vereinigten Staaten einen Gasschmelzofen mit flachem Herd, Wasserkühlung und mehreren Thüren zum bequemeren Beschicken an der hinteren Seite ein. Diese Öfen waren anfangs für Naturgas bestimmt, wurden aber später mit Generatorgas betrieben. Regenerativ-Gasflammöfen empfahl J. von Ehrenwerth besonders für intermittierenden Betrieb. W. Schmid- hammer in Reschitza brachte kippbare Flammöfen in Vorschlag 2). In England suchte man durch Vergröſserung der Öfen höhere Produktion zu erzielen. Man machte sie 10½ Fuſs breit und 16½ Fuſs lang, mit festen Gewölben und viereckigen Wärmespeichern, die mehr Heizfläche boten als die runden. Man erzielte mit diesen Öfen an- geblich eine Kohlenersparnis von 25 Prozent. W. Schmidhammer zu Reschitza schlug Öfen mit auswechselbarem Herd vor. Drehbare Trommelherde, wie die von G. Halton vorgeschlagenen, empfahl Const. Steffens, rotierende Öfen G. J. Snelus in Worthing- ton und J. Henderson in New York. A. Gouvy veröffentlichte einen ausführlichen Bericht über die Fluſseisenerzeugung auf basischen Herden zu Reschitza 3). Die Öfen hatten durch Rohre gekühlte Feuerbrücken. Ihre Seitenwände waren aus Magnesitziegeln aufgemauert, in welche der Herd 300 mm dick aus Dolomitmasse aufgestampft wurde. Das aus Dinasziegeln hergestellte Gewölbe war von dem Herd ganz unabhängig. Man beschickte 3500 kg graues und halbiertes Roheisen und 4000 kg Abfälle, die auf einmal und kalt eingesetzt wurden, dazu wurden 450 kg Kalk in nuſsgroſsen Stücken zugeschlagen. Man lieſs die aufschäumende Schlacke verkochen und zog sie dann mit der Krücke ab, worauf man die Probe nahm. War die Entkohlung beendet, so setzte man zur Rück- kohlung eine geringe Menge Ferromangan zu. In 24 Stunden wurden vier Chargen geschmolzen. Das fertige Produkt enthielt 0,011 Prozent Phosphor. Seine absolute Festigkeit betrug 35 kg pro Quadratmillimeter, die Kontraktion 72 Prozent, die Dehnung 28 Prozent. Das Fluſseisen diente für Panzerplatten und Material zum Schiffsbau für das K. K. Arsenal zu Pola, wo damals das Panzerschiff „Kronprinz Rudolf“ damit 1) Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenw. 1888, S. 291. 2) Stahl und Eisen 1888, S. 369 bis 375. 3) Daselbst 1889, S. 396.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/729>, abgerufen am 16.07.2024.