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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
ofen einzutragen. Franz Kuppelwieser empfahl, das Roheisen
direkt aus dem Hochofen in den Flammofen laufen zu lassen. James
Henderson
in New York empfahl Einschmelzen des Roheisens in
einem Kupolofen, Behandlung desselben auf einem Drehherd unter
Zusatz von Erz, Dolomit, Flussspat und sonstigen Zuschlägen. Rollet
verband den Martinofen mit einem Kupolofen mit basischer Aus-
fütterung, um dadurch den Schwefel und den grössten Teil des Sili-
ciums zu entfernen. Das dem Herd dann zugeführte geläuterte
Roheisen sollte dem besten schwedischen Holzkohlenroheisen an Güte
gleichkommen. Diese Versuche wurden zuerst zu Firminy bei
St. Etienne unter Rollets Leitung ausgeführt.

B. H. Thwaite und J. Noble schmolzen Roheisen in basisch
gefütterten Kupol- oder Flammöfen und behandelten dann das Roh-
eisen im basischen Herd weiter. Bei der niedrigen Temperatur
sollte der Phosphor schon zu Anfang in die Schlacke gehen, die
dann abgezogen wurde. Dann wird Hämatit zugesetzt und heiss
entkohlt.

Koppmeyer verarbeitete Roheisen von mittlerem Phosphor-
gehalt erst im Konverter nach dem Verfahren von Harmet (siehe
S. 647), wodurch das Silicium und der grösste Teil des Kohlen-
stoffs entfernt wurden, während die Entphosphorung dann auf dem
basischen Martinherd erfolgte. Ebenso wurde die Kombination des
Thomasverfahrens mit dem Martinprozess wiederholt vorgeschlagen,
so auch von Percy Carlyle Gilchrist (D. R. P. Nr. 43623) und
von Paul Kuppelwieser. Alle diese Kombinationen hatten den
Zweck, den Martinprozess zu beschleunigen und dadurch eine grössere
Produktion zu erzielen, Koppmeyer hatte bei seinem oben erwähnten
Verfahren eine Tageserzeugung von 50 Tonnen Ingots. Dennoch haben
die meisten dieser Versuche, namentlich die, das Roheisen ohne Vor-
behandlung flüssig in den Flammofen zu bringen, den Erwartungen
nicht entsprochen, weil die gewonnene Schmelzzeit durch verlängertes
Frischen grösstenteils wieder verloren ging.

Im Jahre 1888 wurden auch mancherlei Verbesserungen an
dem Schmelzofen eingeführt. Friedrich Siemens in Dresden
trat für das Princip der freien Flammenentfaltung und für hohe
Gewölbe ein. Diese waren bei dem von ihm entworfenen Regenerativ-
ofen ganz unabhängig von den Seitenwänden, indem der Herd in
einen Blechkasten eingebaut war. Dieser hatte am oberen Rande
Konsolen, auf denen ein Ring von Winkeleisen ruhte, welcher das
Herdgewölbe trug. Die chemisch-kalorischen Studien von Hans

Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
ofen einzutragen. Franz Kuppelwieser empfahl, das Roheisen
direkt aus dem Hochofen in den Flammofen laufen zu lassen. James
Henderson
in New York empfahl Einschmelzen des Roheisens in
einem Kupolofen, Behandlung desselben auf einem Drehherd unter
Zusatz von Erz, Dolomit, Fluſsspat und sonstigen Zuschlägen. Rollet
verband den Martinofen mit einem Kupolofen mit basischer Aus-
fütterung, um dadurch den Schwefel und den gröſsten Teil des Sili-
ciums zu entfernen. Das dem Herd dann zugeführte geläuterte
Roheisen sollte dem besten schwedischen Holzkohlenroheisen an Güte
gleichkommen. Diese Versuche wurden zuerst zu Firminy bei
St. Etienne unter Rollets Leitung ausgeführt.

B. H. Thwaite und J. Noble schmolzen Roheisen in basisch
gefütterten Kupol- oder Flammöfen und behandelten dann das Roh-
eisen im basischen Herd weiter. Bei der niedrigen Temperatur
sollte der Phosphor schon zu Anfang in die Schlacke gehen, die
dann abgezogen wurde. Dann wird Hämatit zugesetzt und heiſs
entkohlt.

Koppmeyer verarbeitete Roheisen von mittlerem Phosphor-
gehalt erst im Konverter nach dem Verfahren von Harmet (siehe
S. 647), wodurch das Silicium und der gröſste Teil des Kohlen-
stoffs entfernt wurden, während die Entphosphorung dann auf dem
basischen Martinherd erfolgte. Ebenso wurde die Kombination des
Thomasverfahrens mit dem Martinprozeſs wiederholt vorgeschlagen,
so auch von Percy Carlyle Gilchrist (D. R. P. Nr. 43623) und
von Paul Kuppelwieser. Alle diese Kombinationen hatten den
Zweck, den Martinprozeſs zu beschleunigen und dadurch eine gröſsere
Produktion zu erzielen, Koppmeyer hatte bei seinem oben erwähnten
Verfahren eine Tageserzeugung von 50 Tonnen Ingots. Dennoch haben
die meisten dieser Versuche, namentlich die, das Roheisen ohne Vor-
behandlung flüssig in den Flammofen zu bringen, den Erwartungen
nicht entsprochen, weil die gewonnene Schmelzzeit durch verlängertes
Frischen gröſstenteils wieder verloren ging.

Im Jahre 1888 wurden auch mancherlei Verbesserungen an
dem Schmelzofen eingeführt. Friedrich Siemens in Dresden
trat für das Princip der freien Flammenentfaltung und für hohe
Gewölbe ein. Diese waren bei dem von ihm entworfenen Regenerativ-
ofen ganz unabhängig von den Seitenwänden, indem der Herd in
einen Blechkasten eingebaut war. Dieser hatte am oberen Rande
Konsolen, auf denen ein Ring von Winkeleisen ruhte, welcher das
Herdgewölbe trug. Die chemisch-kalorischen Studien von Hans

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[712/0728] Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870. ofen einzutragen. Franz Kuppelwieser empfahl, das Roheisen direkt aus dem Hochofen in den Flammofen laufen zu lassen. James Henderson in New York empfahl Einschmelzen des Roheisens in einem Kupolofen, Behandlung desselben auf einem Drehherd unter Zusatz von Erz, Dolomit, Fluſsspat und sonstigen Zuschlägen. Rollet verband den Martinofen mit einem Kupolofen mit basischer Aus- fütterung, um dadurch den Schwefel und den gröſsten Teil des Sili- ciums zu entfernen. Das dem Herd dann zugeführte geläuterte Roheisen sollte dem besten schwedischen Holzkohlenroheisen an Güte gleichkommen. Diese Versuche wurden zuerst zu Firminy bei St. Etienne unter Rollets Leitung ausgeführt. B. H. Thwaite und J. Noble schmolzen Roheisen in basisch gefütterten Kupol- oder Flammöfen und behandelten dann das Roh- eisen im basischen Herd weiter. Bei der niedrigen Temperatur sollte der Phosphor schon zu Anfang in die Schlacke gehen, die dann abgezogen wurde. Dann wird Hämatit zugesetzt und heiſs entkohlt. Koppmeyer verarbeitete Roheisen von mittlerem Phosphor- gehalt erst im Konverter nach dem Verfahren von Harmet (siehe S. 647), wodurch das Silicium und der gröſste Teil des Kohlen- stoffs entfernt wurden, während die Entphosphorung dann auf dem basischen Martinherd erfolgte. Ebenso wurde die Kombination des Thomasverfahrens mit dem Martinprozeſs wiederholt vorgeschlagen, so auch von Percy Carlyle Gilchrist (D. R. P. Nr. 43623) und von Paul Kuppelwieser. Alle diese Kombinationen hatten den Zweck, den Martinprozeſs zu beschleunigen und dadurch eine gröſsere Produktion zu erzielen, Koppmeyer hatte bei seinem oben erwähnten Verfahren eine Tageserzeugung von 50 Tonnen Ingots. Dennoch haben die meisten dieser Versuche, namentlich die, das Roheisen ohne Vor- behandlung flüssig in den Flammofen zu bringen, den Erwartungen nicht entsprochen, weil die gewonnene Schmelzzeit durch verlängertes Frischen gröſstenteils wieder verloren ging. Im Jahre 1888 wurden auch mancherlei Verbesserungen an dem Schmelzofen eingeführt. Friedrich Siemens in Dresden trat für das Princip der freien Flammenentfaltung und für hohe Gewölbe ein. Diese waren bei dem von ihm entworfenen Regenerativ- ofen ganz unabhängig von den Seitenwänden, indem der Herd in einen Blechkasten eingebaut war. Dieser hatte am oberen Rande Konsolen, auf denen ein Ring von Winkeleisen ruhte, welcher das Herdgewölbe trug. Die chemisch-kalorischen Studien von Hans

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/728>, abgerufen am 25.11.2024.