Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
geschmolzenen Hämatitroheisen betrug 30 Prozent; das Endprodukt enthielt 1 Prozent Kohlenstoff. Es war nicht gelungen, den Betrieb ohne Schrottzusatz zu führen. 1880 bestand die Mischung zu Landore aus 70 Prozent Roheisen, 22 Prozent Stahlabfällen und 8 Prozent Spiegel- erzen. Näher dem reinen Roheisenerzprozess kam um diese Zeit Dowlais, wo die Charge aus 6,5 Tonnen Roheisen mit 5 Prozent Stahl- abfällen und 1800 kg Erz bestand. Der billigeren Beschickung stand ein höherer Kohlenverbrauch gegenüber. Derselbe betrug zu Landore 820 kg auf 1000 kg Flusseisen beim Erzprozess, gegen 500 kg beim Schrottprozess.
Wir wollen nun die Fortschritte des Martinprozesses seit 1885 in chronologischer Folge kurz vorführen.
Nachdem besonders F. W. Dick1) die Vorzüge vertikaler Regene- ratoren neben den Flammöfen über der Hüttensohle klar auseinander- gesetzt hatte, fand dieses System bald Anhänger. So empfahl es z. B. Const. Steffen2) in Luxemburg in seinem Entwurf einer Martin- anlage 1885, in dem die neuesten Verbesserungen berücksichtigt waren. Er riet zu ovalen Herden mit freiliegenden Wärmespeichern, Glockensteuerung und Gaserzeuger von Gröbe-Lürmann mit Ver- gasung durch gepressten Wind, nicht zu sehr niedergezogenes Gewölbe und Auskleidung des Herdes mit Chromeisenerz nach Valton und Remaury anstatt mit Dinas. Batho legte die Regeneratoren neben den Schmelzofen und führte die Trennung der Eintrittskanäle von dem Herdraum durch runde, mit Eisenblech umkleidete Schmelzöfen, und ebenso gemantelte, daneben stehende Regeneratoren hatten Batho und Dick & Riley in England eingeführt, und diese sogenannten Bathoöfen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den Hochöfen mit Blech- mänteln und den daneben stehenden Cowperapparaten hatten, fanden Beifall. Öfen mit hohen Gewölben hatte C. A. Rettig 1884 für Holz- feuerung zu Kilafors in Schweden gebaut.
Otto Wuth in Pittsburg schmolz phosphorfreies Schmiedeeisen in Stücken mit Graphit geschichtet im sauren Martinofen ein und setzte vor dem Abstechen kleine Mengen von Spiegeleisen und Ferro- mangan zu.
Zu Bofors in Schweden stellte man an Stelle der gehämmerten Gussstahlkanonen nicht gehämmerte Kanonen aus Martinstahl nach dem Verfahren von Terre-noire her, die sich bewährten. Man nahm
1) Siehe Stahl und Eisen 1884, S. 718.
2) Daselbst 1885, S. 382, Taf. XVII bis XIX.
Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
geschmolzenen Hämatitroheisen betrug 30 Prozent; das Endprodukt enthielt 1 Prozent Kohlenstoff. Es war nicht gelungen, den Betrieb ohne Schrottzusatz zu führen. 1880 bestand die Mischung zu Landore aus 70 Prozent Roheisen, 22 Prozent Stahlabfällen und 8 Prozent Spiegel- erzen. Näher dem reinen Roheisenerzprozeſs kam um diese Zeit Dowlais, wo die Charge aus 6,5 Tonnen Roheisen mit 5 Prozent Stahl- abfällen und 1800 kg Erz bestand. Der billigeren Beschickung stand ein höherer Kohlenverbrauch gegenüber. Derselbe betrug zu Landore 820 kg auf 1000 kg Fluſseisen beim Erzprozeſs, gegen 500 kg beim Schrottprozeſs.
Wir wollen nun die Fortschritte des Martinprozesses seit 1885 in chronologischer Folge kurz vorführen.
Nachdem besonders F. W. Dick1) die Vorzüge vertikaler Regene- ratoren neben den Flammöfen über der Hüttensohle klar auseinander- gesetzt hatte, fand dieses System bald Anhänger. So empfahl es z. B. Const. Steffen2) in Luxemburg in seinem Entwurf einer Martin- anlage 1885, in dem die neuesten Verbesserungen berücksichtigt waren. Er riet zu ovalen Herden mit freiliegenden Wärmespeichern, Glockensteuerung und Gaserzeuger von Gröbe-Lürmann mit Ver- gasung durch gepreſsten Wind, nicht zu sehr niedergezogenes Gewölbe und Auskleidung des Herdes mit Chromeisenerz nach Valton und Remaury anstatt mit Dinas. Batho legte die Regeneratoren neben den Schmelzofen und führte die Trennung der Eintrittskanäle von dem Herdraum durch runde, mit Eisenblech umkleidete Schmelzöfen, und ebenso gemantelte, daneben stehende Regeneratoren hatten Batho und Dick & Riley in England eingeführt, und diese sogenannten Bathoöfen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den Hochöfen mit Blech- mänteln und den daneben stehenden Cowperapparaten hatten, fanden Beifall. Öfen mit hohen Gewölben hatte C. A. Rettig 1884 für Holz- feuerung zu Kilafors in Schweden gebaut.
Otto Wuth in Pittsburg schmolz phosphorfreies Schmiedeeisen in Stücken mit Graphit geschichtet im sauren Martinofen ein und setzte vor dem Abstechen kleine Mengen von Spiegeleisen und Ferro- mangan zu.
Zu Bofors in Schweden stellte man an Stelle der gehämmerten Guſsstahlkanonen nicht gehämmerte Kanonen aus Martinstahl nach dem Verfahren von Terre-noire her, die sich bewährten. Man nahm
1) Siehe Stahl und Eisen 1884, S. 718.
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Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
geschmolzenen Hämatitroheisen betrug 30 Prozent; das Endprodukt
enthielt 1 Prozent Kohlenstoff. Es war nicht gelungen, den Betrieb ohne
Schrottzusatz zu führen. 1880 bestand die Mischung zu Landore aus
70 Prozent Roheisen, 22 Prozent Stahlabfällen und 8 Prozent Spiegel-
erzen. Näher dem reinen Roheisenerzprozeſs kam um diese Zeit
Dowlais, wo die Charge aus 6,5 Tonnen Roheisen mit 5 Prozent Stahl-
abfällen und 1800 kg Erz bestand. Der billigeren Beschickung stand
ein höherer Kohlenverbrauch gegenüber. Derselbe betrug zu Landore
820 kg auf 1000 kg Fluſseisen beim Erzprozeſs, gegen 500 kg beim
Schrottprozeſs.
Wir wollen nun die Fortschritte des Martinprozesses seit 1885 in
chronologischer Folge kurz vorführen.
Nachdem besonders F. W. Dick 1) die Vorzüge vertikaler Regene-
ratoren neben den Flammöfen über der Hüttensohle klar auseinander-
gesetzt hatte, fand dieses System bald Anhänger. So empfahl es z. B.
Const. Steffen 2) in Luxemburg in seinem Entwurf einer Martin-
anlage 1885, in dem die neuesten Verbesserungen berücksichtigt
waren. Er riet zu ovalen Herden mit freiliegenden Wärmespeichern,
Glockensteuerung und Gaserzeuger von Gröbe-Lürmann mit Ver-
gasung durch gepreſsten Wind, nicht zu sehr niedergezogenes Gewölbe
und Auskleidung des Herdes mit Chromeisenerz nach Valton und
Remaury anstatt mit Dinas. Batho legte die Regeneratoren neben
den Schmelzofen und führte die Trennung der Eintrittskanäle von
dem Herdraum durch runde, mit Eisenblech umkleidete Schmelzöfen,
und ebenso gemantelte, daneben stehende Regeneratoren hatten Batho
und Dick & Riley in England eingeführt, und diese sogenannten
Bathoöfen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den Hochöfen mit Blech-
mänteln und den daneben stehenden Cowperapparaten hatten, fanden
Beifall. Öfen mit hohen Gewölben hatte C. A. Rettig 1884 für Holz-
feuerung zu Kilafors in Schweden gebaut.
Otto Wuth in Pittsburg schmolz phosphorfreies Schmiedeeisen
in Stücken mit Graphit geschichtet im sauren Martinofen ein und
setzte vor dem Abstechen kleine Mengen von Spiegeleisen und Ferro-
mangan zu.
Zu Bofors in Schweden stellte man an Stelle der gehämmerten
Guſsstahlkanonen nicht gehämmerte Kanonen aus Martinstahl nach
dem Verfahren von Terre-noire her, die sich bewährten. Man nahm
1) Siehe Stahl und Eisen 1884, S. 718.
2) Daselbst 1885, S. 382, Taf. XVII bis XIX.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/720>, abgerufen am 25.11.2024.
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