Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
kohlten Blöcke das geschmolzene Metall mit dem zerkleinerten, in
gleichbleibenden Mengen zugeführten Kohlenstoff vor dem Eintritt
in die Gussform oder während desselben vereinigt wird". Die Zu-
führung des getrockneten Kokspulvers geschah durch ein an der
oberen Bühne pendelnd aufgehängtes Rohr mit Trichter und Ent-
leerungsschieber 1).

Andere Eisenhütten modifizierten das Darbysche Entkohlungs-
verfahren wieder in anderer Weise und erwarben Patentschutz für ihre
Verbesserungen. Von diesen hat das Düdelinger Kohlungsver-
fahren
von Direktor J. Meier von 1894 (D. R. P. Nr. 74819) die meiste
Anwendung gefunden 2). Es besteht zunächst in der Herstellung von
Kohlenziegeln aus reinen Anthrazitkohlen oder Kokspulver, welche mit
Kalkmilch eingebunden werden. Diese Kohlenziegel werden alsdann in
entsprechender Menge auf den Boden der Giesspfanne gelegt und das
flüssige Metall darauf gegossen. Ein späteres Patent (Nr. 80340)
sieht die Anwendung des Kohlungsmittels in Pulverform und das Ein-
tragen desselben in die Guss- oder Blockform vor. Dieses Verfahren
wurde auf verschiedenen anderen Werken, wie bei de Wendel zu
Hayingen und Joeuf, zu Ougree, Creuzot u. s. w., mit Erfolg eingeführt.

In Oberhausen warf man das in Blechbüchsen eingeschlossene
Kohlenpulver direkt in die Birne. Damit sie besser in das Bad ein-
tauchten, beschwerte man die mit 10 kg Kokspulver gefüllten Büchsen
noch mit je 8 kg zerkleinertem Spiegeleisen. Die Kohlung in der Birne
hat sich aber weniger bewährt als die in der Giesspfanne. In Österreich
brachte man einfach Holzkohlenpulver auf den Boden der Pfanne. In
Amerika warf man Säcke mit 22 kg Kokspulver in das Stahlbad. Es
tritt sofort eine heftige Reaktion, aber kein Überkochen ein.

Erfahrungsmässig wurde von dem verwendeten Kohlenstoff nur
etwa die Hälfte von dem Flusseisen aufgenommen.

Andere, zum Teil ältere Vorschläge, wie der 1885 von W. Mathe-
sius
in Hörde gemachte, Teer, Petroleum oder ähnliche Stoffe vor
beginnender Entphosphorung in den Konverter einzublasen, ferner
die 1888 von Jos. Toussaint vorgeschlagene Reinigung des Fluss-
eisens durch Fett und die von Alf. Griffith empfohlene durch den
elektrischen Strom haben eine praktische Bedeutung nicht erlangt.
Dagegen will man in den Vereinigten Staaten 1889 durch Einblasen
von Naturgas eine Reinigung des Flusseisens erzielt haben.

Der grosse Wert des Darbyschen Kohlungsverfahrens ist einer-

1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 925.
2) Zeitschr. f. angew. Chemie 1894, S. 357; Stahl und Eisen 1894, S. 473.

Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
kohlten Blöcke das geschmolzene Metall mit dem zerkleinerten, in
gleichbleibenden Mengen zugeführten Kohlenstoff vor dem Eintritt
in die Guſsform oder während desselben vereinigt wird“. Die Zu-
führung des getrockneten Kokspulvers geschah durch ein an der
oberen Bühne pendelnd aufgehängtes Rohr mit Trichter und Ent-
leerungsschieber 1).

Andere Eisenhütten modifizierten das Darbysche Entkohlungs-
verfahren wieder in anderer Weise und erwarben Patentschutz für ihre
Verbesserungen. Von diesen hat das Düdelinger Kohlungsver-
fahren
von Direktor J. Meier von 1894 (D. R. P. Nr. 74819) die meiste
Anwendung gefunden 2). Es besteht zunächst in der Herstellung von
Kohlenziegeln aus reinen Anthrazitkohlen oder Kokspulver, welche mit
Kalkmilch eingebunden werden. Diese Kohlenziegel werden alsdann in
entsprechender Menge auf den Boden der Gieſspfanne gelegt und das
flüssige Metall darauf gegossen. Ein späteres Patent (Nr. 80340)
sieht die Anwendung des Kohlungsmittels in Pulverform und das Ein-
tragen desselben in die Guſs- oder Blockform vor. Dieses Verfahren
wurde auf verschiedenen anderen Werken, wie bei de Wendel zu
Hayingen und Joeuf, zu Ougrée, Creuzot u. s. w., mit Erfolg eingeführt.

In Oberhausen warf man das in Blechbüchsen eingeschlossene
Kohlenpulver direkt in die Birne. Damit sie besser in das Bad ein-
tauchten, beschwerte man die mit 10 kg Kokspulver gefüllten Büchsen
noch mit je 8 kg zerkleinertem Spiegeleisen. Die Kohlung in der Birne
hat sich aber weniger bewährt als die in der Gieſspfanne. In Österreich
brachte man einfach Holzkohlenpulver auf den Boden der Pfanne. In
Amerika warf man Säcke mit 22 kg Kokspulver in das Stahlbad. Es
tritt sofort eine heftige Reaktion, aber kein Überkochen ein.

Erfahrungsmäſsig wurde von dem verwendeten Kohlenstoff nur
etwa die Hälfte von dem Fluſseisen aufgenommen.

Andere, zum Teil ältere Vorschläge, wie der 1885 von W. Mathe-
sius
in Hörde gemachte, Teer, Petroleum oder ähnliche Stoffe vor
beginnender Entphosphorung in den Konverter einzublasen, ferner
die 1888 von Jos. Toussaint vorgeschlagene Reinigung des Fluſs-
eisens durch Fett und die von Alf. Griffith empfohlene durch den
elektrischen Strom haben eine praktische Bedeutung nicht erlangt.
Dagegen will man in den Vereinigten Staaten 1889 durch Einblasen
von Naturgas eine Reinigung des Fluſseisens erzielt haben.

Der groſse Wert des Darbyschen Kohlungsverfahrens ist einer-

1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 925.
2) Zeitschr. f. angew. Chemie 1894, S. 357; Stahl und Eisen 1894, S. 473.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0695" n="679"/><fw place="top" type="header">Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.</fw><lb/>
kohlten Blöcke das geschmolzene Metall mit dem zerkleinerten, in<lb/>
gleichbleibenden Mengen zugeführten Kohlenstoff vor dem Eintritt<lb/>
in die Gu&#x017F;sform oder während desselben vereinigt wird&#x201C;. Die Zu-<lb/>
führung des getrockneten Kokspulvers geschah durch ein an der<lb/>
oberen Bühne pendelnd aufgehängtes Rohr mit Trichter und Ent-<lb/>
leerungsschieber <note place="foot" n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 925.</note>.</p><lb/>
            <p>Andere Eisenhütten modifizierten das <hi rendition="#g">Darbys</hi>che Entkohlungs-<lb/>
verfahren wieder in anderer Weise und erwarben Patentschutz für ihre<lb/>
Verbesserungen. Von diesen hat das <hi rendition="#g">Düdelinger Kohlungsver-<lb/>
fahren</hi> von Direktor J. <hi rendition="#g">Meier</hi> von 1894 (D. R. P. Nr. 74819) die meiste<lb/>
Anwendung gefunden <note place="foot" n="2)">Zeitschr. f. angew. Chemie 1894, S. 357; Stahl und Eisen 1894, S. 473.</note>. Es besteht zunächst in der Herstellung von<lb/>
Kohlenziegeln aus reinen Anthrazitkohlen oder Kokspulver, welche mit<lb/>
Kalkmilch eingebunden werden. Diese Kohlenziegel werden alsdann in<lb/>
entsprechender Menge auf den Boden der Gie&#x017F;spfanne gelegt und das<lb/>
flüssige Metall darauf gegossen. Ein späteres Patent (Nr. 80340)<lb/>
sieht die Anwendung des Kohlungsmittels in Pulverform und das Ein-<lb/>
tragen desselben in die Gu&#x017F;s- oder Blockform vor. Dieses Verfahren<lb/>
wurde auf verschiedenen anderen Werken, wie bei <hi rendition="#g">de Wendel</hi> zu<lb/>
Hayingen und Joeuf, zu Ougrée, Creuzot u. s. w., mit Erfolg eingeführt.</p><lb/>
            <p>In Oberhausen warf man das in Blechbüchsen eingeschlossene<lb/>
Kohlenpulver direkt in die Birne. Damit sie besser in das Bad ein-<lb/>
tauchten, beschwerte man die mit 10 kg Kokspulver gefüllten Büchsen<lb/>
noch mit je 8 kg zerkleinertem Spiegeleisen. Die Kohlung in der Birne<lb/>
hat sich aber weniger bewährt als die in der Gie&#x017F;spfanne. In Österreich<lb/>
brachte man einfach Holzkohlenpulver auf den Boden der Pfanne. In<lb/>
Amerika warf man Säcke mit 22 kg Kokspulver in das Stahlbad. Es<lb/>
tritt sofort eine heftige Reaktion, aber kein Überkochen ein.</p><lb/>
            <p>Erfahrungsmä&#x017F;sig wurde von dem verwendeten Kohlenstoff nur<lb/>
etwa die Hälfte von dem Flu&#x017F;seisen aufgenommen.</p><lb/>
            <p>Andere, zum Teil ältere Vorschläge, wie der 1885 von W. <hi rendition="#g">Mathe-<lb/>
sius</hi> in Hörde gemachte, Teer, Petroleum oder ähnliche Stoffe vor<lb/>
beginnender Entphosphorung in den Konverter einzublasen, ferner<lb/>
die 1888 von <hi rendition="#g">Jos. Toussaint</hi> vorgeschlagene Reinigung des Flu&#x017F;s-<lb/>
eisens durch Fett und die von <hi rendition="#g">Alf. Griffith</hi> empfohlene durch den<lb/>
elektrischen Strom haben eine praktische Bedeutung nicht erlangt.<lb/>
Dagegen will man in den Vereinigten Staaten 1889 durch Einblasen<lb/>
von Naturgas eine Reinigung des Flu&#x017F;seisens erzielt haben.</p><lb/>
            <p>Der gro&#x017F;se Wert des <hi rendition="#g">Darbys</hi>chen Kohlungsverfahrens ist einer-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[679/0695] Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881. kohlten Blöcke das geschmolzene Metall mit dem zerkleinerten, in gleichbleibenden Mengen zugeführten Kohlenstoff vor dem Eintritt in die Guſsform oder während desselben vereinigt wird“. Die Zu- führung des getrockneten Kokspulvers geschah durch ein an der oberen Bühne pendelnd aufgehängtes Rohr mit Trichter und Ent- leerungsschieber 1). Andere Eisenhütten modifizierten das Darbysche Entkohlungs- verfahren wieder in anderer Weise und erwarben Patentschutz für ihre Verbesserungen. Von diesen hat das Düdelinger Kohlungsver- fahren von Direktor J. Meier von 1894 (D. R. P. Nr. 74819) die meiste Anwendung gefunden 2). Es besteht zunächst in der Herstellung von Kohlenziegeln aus reinen Anthrazitkohlen oder Kokspulver, welche mit Kalkmilch eingebunden werden. Diese Kohlenziegel werden alsdann in entsprechender Menge auf den Boden der Gieſspfanne gelegt und das flüssige Metall darauf gegossen. Ein späteres Patent (Nr. 80340) sieht die Anwendung des Kohlungsmittels in Pulverform und das Ein- tragen desselben in die Guſs- oder Blockform vor. Dieses Verfahren wurde auf verschiedenen anderen Werken, wie bei de Wendel zu Hayingen und Joeuf, zu Ougrée, Creuzot u. s. w., mit Erfolg eingeführt. In Oberhausen warf man das in Blechbüchsen eingeschlossene Kohlenpulver direkt in die Birne. Damit sie besser in das Bad ein- tauchten, beschwerte man die mit 10 kg Kokspulver gefüllten Büchsen noch mit je 8 kg zerkleinertem Spiegeleisen. Die Kohlung in der Birne hat sich aber weniger bewährt als die in der Gieſspfanne. In Österreich brachte man einfach Holzkohlenpulver auf den Boden der Pfanne. In Amerika warf man Säcke mit 22 kg Kokspulver in das Stahlbad. Es tritt sofort eine heftige Reaktion, aber kein Überkochen ein. Erfahrungsmäſsig wurde von dem verwendeten Kohlenstoff nur etwa die Hälfte von dem Fluſseisen aufgenommen. Andere, zum Teil ältere Vorschläge, wie der 1885 von W. Mathe- sius in Hörde gemachte, Teer, Petroleum oder ähnliche Stoffe vor beginnender Entphosphorung in den Konverter einzublasen, ferner die 1888 von Jos. Toussaint vorgeschlagene Reinigung des Fluſs- eisens durch Fett und die von Alf. Griffith empfohlene durch den elektrischen Strom haben eine praktische Bedeutung nicht erlangt. Dagegen will man in den Vereinigten Staaten 1889 durch Einblasen von Naturgas eine Reinigung des Fluſseisens erzielt haben. Der groſse Wert des Darbyschen Kohlungsverfahrens ist einer- 1) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 925. 2) Zeitschr. f. angew. Chemie 1894, S. 357; Stahl und Eisen 1894, S. 473.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/695
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/695>, abgerufen am 23.11.2024.