Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
und Neuberg zusammen nur 3/11 der obigen Erzeugung der Cambria- hütte lieferten.
Welchen raschen Siegeslauf der Thomasprozess in Deutschland nahm, erhellt aus folgenden Zahlen:
[Tabelle]
Eine sehr wichtige Erfindung war die von J. H. Darby in Brymbo in England 1888 vorgeschlagene Rückkohlung mittels Kohle 1). Da- nach sollte die Reinigung und Nachkohlung des fertig geblasenen Flusseisens einfach durch eine Filtrierung durch Holzkohlen in einem mit feuerfestem Thon ausgekleideten Cylinder erfolgen. Später ver- wendete er gemahlenen Graphit, den er durch eine Röhre gleichzeitig mit dem in die Giesspfanne ausfliessenden Strahl des Flussmetalles in Berührung brachte. Er machte seine Versuche mit Martinstahl.
Der Phönixhütte bei Ruhrort und ihrem Direktor A. Thielen gebührt das Verdienst, Darbys Erfindung für den Konverterprozess praktisch ausgebildet zu haben 2). 1889 nahm die Gesellschaft Phönix ihr erstes Patent (D. R. P. Nr. 47215) auf "Kohlung von Eisen, darin bestehend, dass das geschmolzene Metall aus der Giesspfanne durch die in einem Kessel enthaltene Schicht von Kohlenstoff in eine zweite Giesspfanne filtriert wird".
Als geeignetes und billigstes Kohlungsmittel erwies sich Koks- pulver. Statt des Kessels nahm man später einen trichterförmigen Eisenblechbehälter mit durchlöchertem Boden, in welchen regelbare Mengen Kohlungsmaterial gleichzeitig mit dem flüssigen Eisen zu- geführt wurden (D. R. P. Nr. 51353). Hierbei ergab es sich, dass man den Trichter oder Kessel ganz entbehren konnte, wenn man nur das erforderliche Kohlungsmaterial dem fliessenden Eisen so zu- führte, dass es sich mit demselben vermischte; dies konnte ohne ein- geschaltetes Gefäss in der Giesspfanne oder selbst in der Gussform geschehen. Hierauf erwarb die Gesellschaft ihr drittes Patent (D. R. P. Nr. 53784) für eine Abänderung ihres Verfahrens, darin bestehend, "dass behufs Erzielung einer gleichartigen Zusammensetzung der ge-
1) Stahl und Eisen 1890, S. 920; daselbst 1894, S. 465.
2) Siehe Wedding in Stahl und Eisen 1894, S. 468.
Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
und Neuberg zusammen nur 3/11 der obigen Erzeugung der Cambria- hütte lieferten.
Welchen raschen Siegeslauf der Thomasprozeſs in Deutschland nahm, erhellt aus folgenden Zahlen:
[Tabelle]
Eine sehr wichtige Erfindung war die von J. H. Darby in Brymbo in England 1888 vorgeschlagene Rückkohlung mittels Kohle 1). Da- nach sollte die Reinigung und Nachkohlung des fertig geblasenen Fluſseisens einfach durch eine Filtrierung durch Holzkohlen in einem mit feuerfestem Thon ausgekleideten Cylinder erfolgen. Später ver- wendete er gemahlenen Graphit, den er durch eine Röhre gleichzeitig mit dem in die Gieſspfanne ausflieſsenden Strahl des Fluſsmetalles in Berührung brachte. Er machte seine Versuche mit Martinstahl.
Der Phönixhütte bei Ruhrort und ihrem Direktor A. Thielen gebührt das Verdienst, Darbys Erfindung für den Konverterprozeſs praktisch ausgebildet zu haben 2). 1889 nahm die Gesellschaft Phönix ihr erstes Patent (D. R. P. Nr. 47215) auf „Kohlung von Eisen, darin bestehend, daſs das geschmolzene Metall aus der Gieſspfanne durch die in einem Kessel enthaltene Schicht von Kohlenstoff in eine zweite Gieſspfanne filtriert wird“.
Als geeignetes und billigstes Kohlungsmittel erwies sich Koks- pulver. Statt des Kessels nahm man später einen trichterförmigen Eisenblechbehälter mit durchlöchertem Boden, in welchen regelbare Mengen Kohlungsmaterial gleichzeitig mit dem flüssigen Eisen zu- geführt wurden (D. R. P. Nr. 51353). Hierbei ergab es sich, daſs man den Trichter oder Kessel ganz entbehren konnte, wenn man nur das erforderliche Kohlungsmaterial dem flieſsenden Eisen so zu- führte, daſs es sich mit demselben vermischte; dies konnte ohne ein- geschaltetes Gefäſs in der Gieſspfanne oder selbst in der Guſsform geschehen. Hierauf erwarb die Gesellschaft ihr drittes Patent (D. R. P. Nr. 53784) für eine Abänderung ihres Verfahrens, darin bestehend, „daſs behufs Erzielung einer gleichartigen Zusammensetzung der ge-
1) Stahl und Eisen 1890, S. 920; daselbst 1894, S. 465.
2) Siehe Wedding in Stahl und Eisen 1894, S. 468.
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hütte lieferten.
Welchen raschen Siegeslauf der Thomasprozeſs in Deutschland
nahm, erhellt aus folgenden Zahlen:
Eine sehr wichtige Erfindung war die von J. H. Darby in Brymbo
in England 1888 vorgeschlagene Rückkohlung mittels Kohle 1). Da-
nach sollte die Reinigung und Nachkohlung des fertig geblasenen
Fluſseisens einfach durch eine Filtrierung durch Holzkohlen in einem
mit feuerfestem Thon ausgekleideten Cylinder erfolgen. Später ver-
wendete er gemahlenen Graphit, den er durch eine Röhre gleichzeitig
mit dem in die Gieſspfanne ausflieſsenden Strahl des Fluſsmetalles
in Berührung brachte. Er machte seine Versuche mit Martinstahl.
Der Phönixhütte bei Ruhrort und ihrem Direktor A. Thielen
gebührt das Verdienst, Darbys Erfindung für den Konverterprozeſs
praktisch ausgebildet zu haben 2). 1889 nahm die Gesellschaft Phönix
ihr erstes Patent (D. R. P. Nr. 47215) auf „Kohlung von Eisen, darin
bestehend, daſs das geschmolzene Metall aus der Gieſspfanne durch die
in einem Kessel enthaltene Schicht von Kohlenstoff in eine zweite
Gieſspfanne filtriert wird“.
Als geeignetes und billigstes Kohlungsmittel erwies sich Koks-
pulver. Statt des Kessels nahm man später einen trichterförmigen
Eisenblechbehälter mit durchlöchertem Boden, in welchen regelbare
Mengen Kohlungsmaterial gleichzeitig mit dem flüssigen Eisen zu-
geführt wurden (D. R. P. Nr. 51353). Hierbei ergab es sich, daſs
man den Trichter oder Kessel ganz entbehren konnte, wenn man
nur das erforderliche Kohlungsmaterial dem flieſsenden Eisen so zu-
führte, daſs es sich mit demselben vermischte; dies konnte ohne ein-
geschaltetes Gefäſs in der Gieſspfanne oder selbst in der Guſsform
geschehen. Hierauf erwarb die Gesellschaft ihr drittes Patent (D. R. P.
Nr. 53784) für eine Abänderung ihres Verfahrens, darin bestehend,
„daſs behufs Erzielung einer gleichartigen Zusammensetzung der ge-
1) Stahl und Eisen 1890, S. 920; daselbst 1894, S. 465.
2) Siehe Wedding in Stahl und Eisen 1894, S. 468.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/694>, abgerufen am 22.11.2024.
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