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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.
James Birch einen Hochofen mit zwei Arbeitsseiten konstruiert (s. Bd. IV,
Fig. 20). Die Erweiterung des Ofens bis zur Gicht war von William
Truran
vorgeschlagen und die Abwärmung mit Kanälen und einer
vor dem Ofen angebrachten Feuerung
war ebenfalls bekannt und nament-
lich bei den belgischen Öfen in
Anwendung. Raschettes Erfindung
bestand also nur in der Vereinigung
dieser vorgeschlagenen Verbesse-
rungen.

Aubel veröffentlichte 1892 eine
Broschüre über den Raschette-
schen Universalofen, in welcher er
die Vorzüge desselben in das
glänzendste Licht zu setzen suchte.
Er gab für Eisenschmelzöfen ein
Maximum der Breite des Ofens vor
den Formen von 3 Fuss, der Länge

[Abbildung] Fig. 43.
von 20 Fuss, der Höhe von 30 Fuss an. Der von Raschette zuletzt
erbaute Ofen zum Eisenschmelzen sei nur 22 Fuss hoch gewesen,
so dass die Gichten schon in sieben Stunden vor die Formen träten.
Die darin verschmolzenen Erze waren reiche Magneteisensteine.
Aubel behauptet, dass für leichtflüssigere und ärmere Erze diese
"normale Zeitdauer" noch abgekürzt werden könne. Das war aller-
dings neu, denn bei den Hochöfen galt es als ein Erfahrungssatz,
dass die Beschickung auch unter den günstigsten Bedingungen
wenigstens 16 Stunden zu ihrer richtigen Vorbereitung im Ofen ver-
weilen müsse. Aubels widersprechende Angaben haben sich denn
auch in der Praxis als unwahr erwiesen.

Folgende Vorteile wurden dem Raschetteofen zugeschrieben:
1. gleichmässiger Niedergang der Gichten, 2. gleichmässigeres Auf-
gichten, 3. vorteilhafte Verteilung der Wärme in der Schmelzzone durch
die Stellung der Formen, 4. rasches und billiges Abwärmen des Ofens
durch die Feuerungskanäle, 5. geringere Pressung des Windes,
6. billigere Anlage und 7. leichtere Führung des Ofens. Die Produk-
tion sollte im Verhältnis zu dem Inhalt von ca. 2000 Kubikfuss gegen
sonst 5000 Kubikfuss mehr als das 31/2fache und in 24 Stunden bei
Holzkohlenbetrieb 30000 kg betragen. Ein Ofen, der in 21/2 bis
3 Monaten fertig gebaut werden konnte, kostete 30000 Mark gegen
ca. 150000 Mark für einen entsprechenden Hochofen.


Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb.
James Birch einen Hochofen mit zwei Arbeitsseiten konstruiert (s. Bd. IV,
Fig. 20). Die Erweiterung des Ofens bis zur Gicht war von William
Truran
vorgeschlagen und die Abwärmung mit Kanälen und einer
vor dem Ofen angebrachten Feuerung
war ebenfalls bekannt und nament-
lich bei den belgischen Öfen in
Anwendung. Raschettes Erfindung
bestand also nur in der Vereinigung
dieser vorgeschlagenen Verbesse-
rungen.

Aubel veröffentlichte 1892 eine
Broschüre über den Raschette-
schen Universalofen, in welcher er
die Vorzüge desselben in das
glänzendste Licht zu setzen suchte.
Er gab für Eisenschmelzöfen ein
Maximum der Breite des Ofens vor
den Formen von 3 Fuſs, der Länge

[Abbildung] Fig. 43.
von 20 Fuſs, der Höhe von 30 Fuſs an. Der von Raschette zuletzt
erbaute Ofen zum Eisenschmelzen sei nur 22 Fuſs hoch gewesen,
so daſs die Gichten schon in sieben Stunden vor die Formen träten.
Die darin verschmolzenen Erze waren reiche Magneteisensteine.
Aubel behauptet, daſs für leichtflüssigere und ärmere Erze diese
„normale Zeitdauer“ noch abgekürzt werden könne. Das war aller-
dings neu, denn bei den Hochöfen galt es als ein Erfahrungssatz,
daſs die Beschickung auch unter den günstigsten Bedingungen
wenigstens 16 Stunden zu ihrer richtigen Vorbereitung im Ofen ver-
weilen müsse. Aubels widersprechende Angaben haben sich denn
auch in der Praxis als unwahr erwiesen.

Folgende Vorteile wurden dem Raschetteofen zugeschrieben:
1. gleichmäſsiger Niedergang der Gichten, 2. gleichmäſsigeres Auf-
gichten, 3. vorteilhafte Verteilung der Wärme in der Schmelzzone durch
die Stellung der Formen, 4. rasches und billiges Abwärmen des Ofens
durch die Feuerungskanäle, 5. geringere Pressung des Windes,
6. billigere Anlage und 7. leichtere Führung des Ofens. Die Produk-
tion sollte im Verhältnis zu dem Inhalt von ca. 2000 Kubikfuſs gegen
sonst 5000 Kubikfuſs mehr als das 3½fache und in 24 Stunden bei
Holzkohlenbetrieb 30000 kg betragen. Ein Ofen, der in 2½ bis
3 Monaten fertig gebaut werden konnte, kostete 30000 Mark gegen
ca. 150000 Mark für einen entsprechenden Hochofen.


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[53/0069] Vorbereitungsarbeiten für den Hochofenbetrieb. James Birch einen Hochofen mit zwei Arbeitsseiten konstruiert (s. Bd. IV, Fig. 20). Die Erweiterung des Ofens bis zur Gicht war von William Truran vorgeschlagen und die Abwärmung mit Kanälen und einer vor dem Ofen angebrachten Feuerung war ebenfalls bekannt und nament- lich bei den belgischen Öfen in Anwendung. Raschettes Erfindung bestand also nur in der Vereinigung dieser vorgeschlagenen Verbesse- rungen. Aubel veröffentlichte 1892 eine Broschüre über den Raschette- schen Universalofen, in welcher er die Vorzüge desselben in das glänzendste Licht zu setzen suchte. Er gab für Eisenschmelzöfen ein Maximum der Breite des Ofens vor den Formen von 3 Fuſs, der Länge [Abbildung Fig. 43.] von 20 Fuſs, der Höhe von 30 Fuſs an. Der von Raschette zuletzt erbaute Ofen zum Eisenschmelzen sei nur 22 Fuſs hoch gewesen, so daſs die Gichten schon in sieben Stunden vor die Formen träten. Die darin verschmolzenen Erze waren reiche Magneteisensteine. Aubel behauptet, daſs für leichtflüssigere und ärmere Erze diese „normale Zeitdauer“ noch abgekürzt werden könne. Das war aller- dings neu, denn bei den Hochöfen galt es als ein Erfahrungssatz, daſs die Beschickung auch unter den günstigsten Bedingungen wenigstens 16 Stunden zu ihrer richtigen Vorbereitung im Ofen ver- weilen müsse. Aubels widersprechende Angaben haben sich denn auch in der Praxis als unwahr erwiesen. Folgende Vorteile wurden dem Raschetteofen zugeschrieben: 1. gleichmäſsiger Niedergang der Gichten, 2. gleichmäſsigeres Auf- gichten, 3. vorteilhafte Verteilung der Wärme in der Schmelzzone durch die Stellung der Formen, 4. rasches und billiges Abwärmen des Ofens durch die Feuerungskanäle, 5. geringere Pressung des Windes, 6. billigere Anlage und 7. leichtere Führung des Ofens. Die Produk- tion sollte im Verhältnis zu dem Inhalt von ca. 2000 Kubikfuſs gegen sonst 5000 Kubikfuſs mehr als das 3½fache und in 24 Stunden bei Holzkohlenbetrieb 30000 kg betragen. Ein Ofen, der in 2½ bis 3 Monaten fertig gebaut werden konnte, kostete 30000 Mark gegen ca. 150000 Mark für einen entsprechenden Hochofen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/69>, abgerufen am 19.04.2024.