Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Puddelprozess oder das Flammofenfrischen.
Österreich führte sie die Innerberger Gewerkschaft auf ihrem Eisen-
werk zu Donawitz ein.

Die alten Puddelwerke liessen sich leicht in Pernotofen-Anlagen
umbauen. 20 Puddelöfen sollten durch 5 Pernotöfen ersetzt werden.
Diese kosteten 102000 Mark und erzeugten soviel Eisen wie 10 Danks-
öfen, die 231000 bis 277000 Mark kosteten.

Mit gutem Erfolg wurden die Pernotöfen auch zur Flussstahl-
fabrikation verwendet, worauf wir später noch zurückkommen werden.

Ehrenwerth hatte zuerst die Ansicht ausgesprochen, man könne
in dem Pernotofen in Verbindung mit Siemens' Regenerativfeuerung
den Prozess so führen, dass man geschmolzenes Eisen (Flusseisen)
bei kontinuierlichem Betriebe erhalte.

Das anfängliche Lob der Pernotöfen war aber mindestens insofern
übertrieben, als die Arbeitserleichterung dabei nur eine sehr geringe
war. In Steiermark blieb auch die Qualität hinter der der alten
Puddelöfen zurück. In den achtziger Jahren wendete man, wie es
scheint, die Pernotöfen nur noch selten zum Puddeln an.

Andere Konstruktionen von Telleröfen hatten keinen grösseren
Erfolg. Als solche sind zu nennen Riley und Henleys horizontal
drehender Tellerofen 1) (1873), dessen Rührhaken wie ein Pflug ge-
bildet war, der auf dem Boden hinstrich, und Hendersons horizon-
taler Drehofen mit direkter Gasfeuerung (1884). Der Herd machte
drei bis vier Drehungen in der Minute.

Ein Zwischending zwischen den Telleröfen und den rotierenden
Öfen waren die Schaukelöfen. Solche hatte Ed. Daelen schon
1874 vorgeschlagen; ausgeführt wurden sie 1875 von Menessier 2),
Direktor der Forge de l'Onzion bei St. Chammond in Frankreich.
Der Herd war cylindrisch, von einem feststehenden Gewölbe überbaut.
Durch zwei Bleuelstangen wurde der Herd in oszillierende Schwin-
gungen bis zu 90 Grad versetzt. Gruner sprach sich günstig über
das System aus.

Nessel erfand in Österreich einen Centrifugal-Puddelofen mit
Wasserkühlung 3). Einen schwingenden Puddelofen mit aufgehängtem
Herd konstruierte Gidlow 1880 4).


1) The Engineering and Mining Journal XVI, Nr. 22. New York 1873. --
Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1875, S. 32.
2) Siehe Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1876, S. 442.
3) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1875, S. 40.
4) Siehe Dinglers Polyt. Journ. 1881, I, S. 135; IV, S. 129.

Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen.
Österreich führte sie die Innerberger Gewerkschaft auf ihrem Eisen-
werk zu Donawitz ein.

Die alten Puddelwerke lieſsen sich leicht in Pernotofen-Anlagen
umbauen. 20 Puddelöfen sollten durch 5 Pernotöfen ersetzt werden.
Diese kosteten 102000 Mark und erzeugten soviel Eisen wie 10 Danks-
öfen, die 231000 bis 277000 Mark kosteten.

Mit gutem Erfolg wurden die Pernotöfen auch zur Fluſsstahl-
fabrikation verwendet, worauf wir später noch zurückkommen werden.

Ehrenwerth hatte zuerst die Ansicht ausgesprochen, man könne
in dem Pernotofen in Verbindung mit Siemens’ Regenerativfeuerung
den Prozeſs so führen, daſs man geschmolzenes Eisen (Fluſseisen)
bei kontinuierlichem Betriebe erhalte.

Das anfängliche Lob der Pernotöfen war aber mindestens insofern
übertrieben, als die Arbeitserleichterung dabei nur eine sehr geringe
war. In Steiermark blieb auch die Qualität hinter der der alten
Puddelöfen zurück. In den achtziger Jahren wendete man, wie es
scheint, die Pernotöfen nur noch selten zum Puddeln an.

Andere Konstruktionen von Telleröfen hatten keinen gröſseren
Erfolg. Als solche sind zu nennen Riley und Henleys horizontal
drehender Tellerofen 1) (1873), dessen Rührhaken wie ein Pflug ge-
bildet war, der auf dem Boden hinstrich, und Hendersons horizon-
taler Drehofen mit direkter Gasfeuerung (1884). Der Herd machte
drei bis vier Drehungen in der Minute.

Ein Zwischending zwischen den Telleröfen und den rotierenden
Öfen waren die Schaukelöfen. Solche hatte Ed. Daelen schon
1874 vorgeschlagen; ausgeführt wurden sie 1875 von Menessier 2),
Direktor der Forge de l’Onzion bei St. Chammond in Frankreich.
Der Herd war cylindrisch, von einem feststehenden Gewölbe überbaut.
Durch zwei Bleuelstangen wurde der Herd in oszillierende Schwin-
gungen bis zu 90 Grad versetzt. Gruner sprach sich günstig über
das System aus.

Nessel erfand in Österreich einen Centrifugal-Puddelofen mit
Wasserkühlung 3). Einen schwingenden Puddelofen mit aufgehängtem
Herd konstruierte Gidlow 1880 4).


1) The Engineering and Mining Journal XVI, Nr. 22. New York 1873. —
Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1875, S. 32.
2) Siehe Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1876, S. 442.
3) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1875, S. 40.
4) Siehe Dinglers Polyt. Journ. 1881, I, S. 135; IV, S. 129.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0616" n="600"/><fw place="top" type="header">Der Puddelproze&#x017F;s oder das Flammofenfrischen.</fw><lb/>
Österreich führte sie die Innerberger Gewerkschaft auf ihrem Eisen-<lb/>
werk zu Donawitz ein.</p><lb/>
            <p>Die alten Puddelwerke lie&#x017F;sen sich leicht in Pernotofen-Anlagen<lb/>
umbauen. 20 Puddelöfen sollten durch 5 Pernotöfen ersetzt werden.<lb/>
Diese kosteten 102000 Mark und erzeugten soviel Eisen wie 10 Danks-<lb/>
öfen, die 231000 bis 277000 Mark kosteten.</p><lb/>
            <p>Mit gutem Erfolg wurden die Pernotöfen auch zur Flu&#x017F;sstahl-<lb/>
fabrikation verwendet, worauf wir später noch zurückkommen werden.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Ehrenwerth</hi> hatte zuerst die Ansicht ausgesprochen, man könne<lb/>
in dem Pernotofen in Verbindung mit <hi rendition="#g">Siemens&#x2019;</hi> Regenerativfeuerung<lb/>
den Proze&#x017F;s so führen, da&#x017F;s man geschmolzenes Eisen (Flu&#x017F;seisen)<lb/>
bei kontinuierlichem Betriebe erhalte.</p><lb/>
            <p>Das anfängliche Lob der Pernotöfen war aber mindestens insofern<lb/>
übertrieben, als die Arbeitserleichterung dabei nur eine sehr geringe<lb/>
war. In Steiermark blieb auch die Qualität hinter der der alten<lb/>
Puddelöfen zurück. In den achtziger Jahren wendete man, wie es<lb/>
scheint, die Pernotöfen nur noch selten zum Puddeln an.</p><lb/>
            <p>Andere Konstruktionen von Telleröfen hatten keinen grö&#x017F;seren<lb/>
Erfolg. Als solche sind zu nennen <hi rendition="#g">Riley</hi> und <hi rendition="#g">Henleys</hi> horizontal<lb/>
drehender Tellerofen <note place="foot" n="1)">The Engineering and Mining Journal XVI, Nr. 22. New York 1873. &#x2014;<lb/>
Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1875, S. 32.</note> (1873), dessen Rührhaken wie ein Pflug ge-<lb/>
bildet war, der auf dem Boden hinstrich, und <hi rendition="#g">Hendersons</hi> horizon-<lb/>
taler Drehofen mit direkter Gasfeuerung (1884). Der Herd machte<lb/>
drei bis vier Drehungen in der Minute.</p><lb/>
            <p>Ein Zwischending zwischen den Telleröfen und den rotierenden<lb/>
Öfen waren die <hi rendition="#g">Schaukelöfen</hi>. Solche hatte <hi rendition="#g">Ed. Daelen</hi> schon<lb/>
1874 vorgeschlagen; ausgeführt wurden sie 1875 von <hi rendition="#g">Menessier</hi> <note place="foot" n="2)">Siehe Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1876, S. 442.</note>,<lb/>
Direktor der Forge de l&#x2019;Onzion bei St. Chammond in Frankreich.<lb/>
Der Herd war cylindrisch, von einem feststehenden Gewölbe überbaut.<lb/>
Durch zwei Bleuelstangen wurde der Herd in oszillierende Schwin-<lb/>
gungen bis zu 90 Grad versetzt. <hi rendition="#g">Gruner</hi> sprach sich günstig über<lb/>
das System aus.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Nessel</hi> erfand in Österreich einen Centrifugal-Puddelofen mit<lb/>
Wasserkühlung <note place="foot" n="3)">Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1875, S. 40.</note>. Einen schwingenden Puddelofen mit aufgehängtem<lb/>
Herd konstruierte <hi rendition="#g">Gidlow</hi> 1880 <note place="foot" n="4)">Siehe Dinglers Polyt. Journ. 1881, I, S. 135; IV, S. 129.</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[600/0616] Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen. Österreich führte sie die Innerberger Gewerkschaft auf ihrem Eisen- werk zu Donawitz ein. Die alten Puddelwerke lieſsen sich leicht in Pernotofen-Anlagen umbauen. 20 Puddelöfen sollten durch 5 Pernotöfen ersetzt werden. Diese kosteten 102000 Mark und erzeugten soviel Eisen wie 10 Danks- öfen, die 231000 bis 277000 Mark kosteten. Mit gutem Erfolg wurden die Pernotöfen auch zur Fluſsstahl- fabrikation verwendet, worauf wir später noch zurückkommen werden. Ehrenwerth hatte zuerst die Ansicht ausgesprochen, man könne in dem Pernotofen in Verbindung mit Siemens’ Regenerativfeuerung den Prozeſs so führen, daſs man geschmolzenes Eisen (Fluſseisen) bei kontinuierlichem Betriebe erhalte. Das anfängliche Lob der Pernotöfen war aber mindestens insofern übertrieben, als die Arbeitserleichterung dabei nur eine sehr geringe war. In Steiermark blieb auch die Qualität hinter der der alten Puddelöfen zurück. In den achtziger Jahren wendete man, wie es scheint, die Pernotöfen nur noch selten zum Puddeln an. Andere Konstruktionen von Telleröfen hatten keinen gröſseren Erfolg. Als solche sind zu nennen Riley und Henleys horizontal drehender Tellerofen 1) (1873), dessen Rührhaken wie ein Pflug ge- bildet war, der auf dem Boden hinstrich, und Hendersons horizon- taler Drehofen mit direkter Gasfeuerung (1884). Der Herd machte drei bis vier Drehungen in der Minute. Ein Zwischending zwischen den Telleröfen und den rotierenden Öfen waren die Schaukelöfen. Solche hatte Ed. Daelen schon 1874 vorgeschlagen; ausgeführt wurden sie 1875 von Menessier 2), Direktor der Forge de l’Onzion bei St. Chammond in Frankreich. Der Herd war cylindrisch, von einem feststehenden Gewölbe überbaut. Durch zwei Bleuelstangen wurde der Herd in oszillierende Schwin- gungen bis zu 90 Grad versetzt. Gruner sprach sich günstig über das System aus. Nessel erfand in Österreich einen Centrifugal-Puddelofen mit Wasserkühlung 3). Einen schwingenden Puddelofen mit aufgehängtem Herd konstruierte Gidlow 1880 4). 1) The Engineering and Mining Journal XVI, Nr. 22. New York 1873. — Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1875, S. 32. 2) Siehe Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. 1876, S. 442. 3) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1875, S. 40. 4) Siehe Dinglers Polyt. Journ. 1881, I, S. 135; IV, S. 129.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/616
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/616>, abgerufen am 21.05.2024.