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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Der Puddelprozess oder das Flammofenfrischen.
in England wurden die Erwartungen nicht erfüllt. Bei den günstigen
Betriebsberechnungen von Lester und Jones waren die Reparatur-
kosten viel zu niedrig veranschlagt. Diese waren sehr hoch nicht
nur für den Drehmechanismus, als noch mehr für die rasche Zer-
störung des Ofenfutters. Ausserdem erforderten die grossen Luppen
viel stärkere Zänge- und Walzvorrichtungen als der gewöhnliche
Puddelbetrieb.

Man bemühte sich, Verbesserungen anzubringen. Das Roheisen
in geschmolzenem Zustande einzutragen und zu verfrischen, war
zwar billiger, wirkte aber infolge des raschen Verlaufs nachteilig
auf die Qualität. Wood in Middlesborough verbesserte 1874 die-
selbe dadurch, dass er das Eisen in granuliertem Zustande aufgab
und einschmolz. Bodmer zerkleinerte das Roheisen heiss zwischen
Walzen. Dennoch wurden bereits 1874 in Staffordshire verschiedene
Danksöfen wieder kalt gestellt, weil die häufigen Reparaturen und
Störungen kein erspriessliches Arbeiten gestatteten. Auch in den
Vereinigten Staaten ersetzten die Roane-Eisenwerke zu Chattanooga
ihre zehn Danksöfen wieder durch Puddelöfen. Dagegen war man
auf den Carlton- und Erimus-Eisenwerken in England mit dem
Betrieb mit granuliertem Roheisen zufrieden; 1875 wurden auf den
Erimuswerken wöchentlich 1000 Centner Luppeneisen in Danksöfen
erzeugt. Ebenso erzielte Heath in North-Staffordshire angeblich gute
Resultate.

Ein Nachteil war die Grösse und die Ungleichmässigkeit der
Luppen. Der ganze Einsatz gab nur eine Luppe. Versuche, dieselben
zu teilen, hatten sich nicht bewährt. Ebenso war die Dickflüssigkeit
der Schlacke ein Missstand.

In den Vereinigten Staaten erwarb sich John T. Williams,
Direktor der Mill-Vale-Hütte bei Pittsburg, Verdienste um die Ver-
besserung der Danksöfen, die er erst für dauernden Betrieb tauglich
gemacht hat. Es gelang ihm, die Chargendauer auf 50 Minuten
abzukürzen. Die Verbesserungen bezogen sich auf Abänderung des
runden Querschnitts in einen elliptischen, Wasserkühlungen, auf den
besseren Anschluss des Drehofens an Fuchs und Feuerbrücke und auf
die Feuerung. Gegen Ende der siebziger Jahre hatte sich die Zahl
der Danksöfen in den Vereinigten Staaten und in England bereits
sehr vermindert. Am längsten setzten die Otis-Eisenwerke bei
Cleveland (Ohio) den Betrieb zur Erzeugung von Qualitätseisen fort
Die Drehöfen waren 2 m lang und 2 m im Durchmesser aus Stahl-
platten zusammengesetzt. Es wurden 1882 10 bis 12 Tonnen Eisen

Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen.
in England wurden die Erwartungen nicht erfüllt. Bei den günstigen
Betriebsberechnungen von Lester und Jones waren die Reparatur-
kosten viel zu niedrig veranschlagt. Diese waren sehr hoch nicht
nur für den Drehmechanismus, als noch mehr für die rasche Zer-
störung des Ofenfutters. Auſserdem erforderten die groſsen Luppen
viel stärkere Zänge- und Walzvorrichtungen als der gewöhnliche
Puddelbetrieb.

Man bemühte sich, Verbesserungen anzubringen. Das Roheisen
in geschmolzenem Zustande einzutragen und zu verfrischen, war
zwar billiger, wirkte aber infolge des raschen Verlaufs nachteilig
auf die Qualität. Wood in Middlesborough verbesserte 1874 die-
selbe dadurch, daſs er das Eisen in granuliertem Zustande aufgab
und einschmolz. Bodmer zerkleinerte das Roheisen heiſs zwischen
Walzen. Dennoch wurden bereits 1874 in Staffordshire verschiedene
Danksöfen wieder kalt gestellt, weil die häufigen Reparaturen und
Störungen kein ersprieſsliches Arbeiten gestatteten. Auch in den
Vereinigten Staaten ersetzten die Roane-Eisenwerke zu Chattanooga
ihre zehn Danksöfen wieder durch Puddelöfen. Dagegen war man
auf den Carlton- und Erimus-Eisenwerken in England mit dem
Betrieb mit granuliertem Roheisen zufrieden; 1875 wurden auf den
Erimuswerken wöchentlich 1000 Centner Luppeneisen in Danksöfen
erzeugt. Ebenso erzielte Heath in North-Staffordshire angeblich gute
Resultate.

Ein Nachteil war die Gröſse und die Ungleichmäſsigkeit der
Luppen. Der ganze Einsatz gab nur eine Luppe. Versuche, dieselben
zu teilen, hatten sich nicht bewährt. Ebenso war die Dickflüssigkeit
der Schlacke ein Miſsstand.

In den Vereinigten Staaten erwarb sich John T. Williams,
Direktor der Mill-Vale-Hütte bei Pittsburg, Verdienste um die Ver-
besserung der Danksöfen, die er erst für dauernden Betrieb tauglich
gemacht hat. Es gelang ihm, die Chargendauer auf 50 Minuten
abzukürzen. Die Verbesserungen bezogen sich auf Abänderung des
runden Querschnitts in einen elliptischen, Wasserkühlungen, auf den
besseren Anschluſs des Drehofens an Fuchs und Feuerbrücke und auf
die Feuerung. Gegen Ende der siebziger Jahre hatte sich die Zahl
der Danksöfen in den Vereinigten Staaten und in England bereits
sehr vermindert. Am längsten setzten die Otis-Eisenwerke bei
Cleveland (Ohio) den Betrieb zur Erzeugung von Qualitätseisen fort
Die Drehöfen waren 2 m lang und 2 m im Durchmesser aus Stahl-
platten zusammengesetzt. Es wurden 1882 10 bis 12 Tonnen Eisen

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[594/0610] Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen. in England wurden die Erwartungen nicht erfüllt. Bei den günstigen Betriebsberechnungen von Lester und Jones waren die Reparatur- kosten viel zu niedrig veranschlagt. Diese waren sehr hoch nicht nur für den Drehmechanismus, als noch mehr für die rasche Zer- störung des Ofenfutters. Auſserdem erforderten die groſsen Luppen viel stärkere Zänge- und Walzvorrichtungen als der gewöhnliche Puddelbetrieb. Man bemühte sich, Verbesserungen anzubringen. Das Roheisen in geschmolzenem Zustande einzutragen und zu verfrischen, war zwar billiger, wirkte aber infolge des raschen Verlaufs nachteilig auf die Qualität. Wood in Middlesborough verbesserte 1874 die- selbe dadurch, daſs er das Eisen in granuliertem Zustande aufgab und einschmolz. Bodmer zerkleinerte das Roheisen heiſs zwischen Walzen. Dennoch wurden bereits 1874 in Staffordshire verschiedene Danksöfen wieder kalt gestellt, weil die häufigen Reparaturen und Störungen kein ersprieſsliches Arbeiten gestatteten. Auch in den Vereinigten Staaten ersetzten die Roane-Eisenwerke zu Chattanooga ihre zehn Danksöfen wieder durch Puddelöfen. Dagegen war man auf den Carlton- und Erimus-Eisenwerken in England mit dem Betrieb mit granuliertem Roheisen zufrieden; 1875 wurden auf den Erimuswerken wöchentlich 1000 Centner Luppeneisen in Danksöfen erzeugt. Ebenso erzielte Heath in North-Staffordshire angeblich gute Resultate. Ein Nachteil war die Gröſse und die Ungleichmäſsigkeit der Luppen. Der ganze Einsatz gab nur eine Luppe. Versuche, dieselben zu teilen, hatten sich nicht bewährt. Ebenso war die Dickflüssigkeit der Schlacke ein Miſsstand. In den Vereinigten Staaten erwarb sich John T. Williams, Direktor der Mill-Vale-Hütte bei Pittsburg, Verdienste um die Ver- besserung der Danksöfen, die er erst für dauernden Betrieb tauglich gemacht hat. Es gelang ihm, die Chargendauer auf 50 Minuten abzukürzen. Die Verbesserungen bezogen sich auf Abänderung des runden Querschnitts in einen elliptischen, Wasserkühlungen, auf den besseren Anschluſs des Drehofens an Fuchs und Feuerbrücke und auf die Feuerung. Gegen Ende der siebziger Jahre hatte sich die Zahl der Danksöfen in den Vereinigten Staaten und in England bereits sehr vermindert. Am längsten setzten die Otis-Eisenwerke bei Cleveland (Ohio) den Betrieb zur Erzeugung von Qualitätseisen fort Die Drehöfen waren 2 m lang und 2 m im Durchmesser aus Stahl- platten zusammengesetzt. Es wurden 1882 10 bis 12 Tonnen Eisen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/610>, abgerufen am 22.11.2024.