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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vorarbeiten zu den Frischprozessen.
siliciumreichem Roheisen vermischt in die Bessemerbirne oder den
Siemens-Martinofen abgestochen. Ein Reinigungsofen genügte für
12 Siemens-Martinöfen. Der Prozess wurde zuerst in Essen fabrik-
mässig betrieben, doch nur wenig länger als zwei Jahre (1878 bis 1880),
indem er dann von dem Thomasverfahren verdrängt wurde. Dagegen
wurde das Verfahren in Nordamerika in den achtziger Jahren mit
Erfolg eingeführt und hat sich der Kruppsche "Waschprozess",
wie er genannt wurde, dort länger erhalten. Zuerst geschah dies in
Ohio. Der Prozess selbst erfuhr verschiedene Abänderungen. Bereits
in Essen hatte man nicht ohne Erfolg versucht, das Roheisen in einem
mit basischem Futter von Eisenerz, Bauxit, Magnesia und Kohlen-
schiefer ausgekleideten Kupolofen zu reinigen. Dieser Ofen hatte
gekühlte Wände und einen fahrbaren Vorherd.

In den Vereinigten Staaten von Nordamerika waren Krupps
Waschöfen (washers) 1886 auf vier Werken in Gebrauch. Eine Eisen-
hütte zu Youngtown bei Cleveland erzeugte drei nach dem Phosphor-
gehalt unterschiedene Sorten von "Krupp-Metall": I mit 0,01, II mit
0,02 bis 0,03 und III mit 0,05 bis 0,06 Prozent Phosphor. In Spring-
field, wo man zuerst Krupps Verfahren eingeführt hatte, setzte man
Chargen von 10 Tonnen in den Waschofen ein. Das entphosphorte
Eisen wurde in zwei Martin-Pernotöfen zu 15 Tonnen weiter ver-
arbeitet.

Auf den Cambria-Eisenwerken bei Johnstown verarbeitete man
Chargen von 6 bis 8 Tonnen. Die Herdsohle des Ofens, die 4,4 m
inneren Durchmesser hatte, war aus Hämatit vom Oberen See, der nur
0,04 Prozent Phosphor enthielt, hergestellt. Der Zuschlag bestand
aus 1 Prozent des Roheisens an Kalk und 14 Prozent Erze und Walz-
schlacke; derselbe wurde gut vorgewärmt. Der Prozess dauerte
25 Minuten und wurden dem Roheisen 70 bis 85 Prozent seines
Phosphors entzogen, indem das eingesetzte Eisen 0,10 bis 0,15 Prozent,
das gereinigte 0,02 Prozent Phosphor durchschnittlich enthielt.

Das Roheisen wurde in einem Kupolofen eingeschmolzen, floss
von da in den Wascher; aus diesem wurde es in eine Pfanne ab-
gestochen, aus der es in Massel gegossen wurde. Man machte in der
Regel nur 6 Chargen zu 6 Tonnen in 24 Stunden, weil das Reinigen
des Herdes immer viel Zeit kostete. Der Aufgang an Erzen für Ofen-
futter und Zuschläge wechselte von 1 bis 2 Tonnen für die Charge.
Der Abbrand betrug 5 bis 6 Prozent, der Kohlenverbrauch 225 bis
270 kg auf die Tonne. Das Produkt hiess Waschmetall (washed metal).
1890 war das Verfahren auf den Cambrawerken noch im Gange.


Vorarbeiten zu den Frischprozessen.
siliciumreichem Roheisen vermischt in die Bessemerbirne oder den
Siemens-Martinofen abgestochen. Ein Reinigungsofen genügte für
12 Siemens-Martinöfen. Der Prozeſs wurde zuerst in Essen fabrik-
mäſsig betrieben, doch nur wenig länger als zwei Jahre (1878 bis 1880),
indem er dann von dem Thomasverfahren verdrängt wurde. Dagegen
wurde das Verfahren in Nordamerika in den achtziger Jahren mit
Erfolg eingeführt und hat sich der Kruppsche „Waschprozeſs“,
wie er genannt wurde, dort länger erhalten. Zuerst geschah dies in
Ohio. Der Prozeſs selbst erfuhr verschiedene Abänderungen. Bereits
in Essen hatte man nicht ohne Erfolg versucht, das Roheisen in einem
mit basischem Futter von Eisenerz, Bauxit, Magnesia und Kohlen-
schiefer ausgekleideten Kupolofen zu reinigen. Dieser Ofen hatte
gekühlte Wände und einen fahrbaren Vorherd.

In den Vereinigten Staaten von Nordamerika waren Krupps
Waschöfen (washers) 1886 auf vier Werken in Gebrauch. Eine Eisen-
hütte zu Youngtown bei Cleveland erzeugte drei nach dem Phosphor-
gehalt unterschiedene Sorten von „Krupp-Metall“: I mit 0,01, II mit
0,02 bis 0,03 und III mit 0,05 bis 0,06 Prozent Phosphor. In Spring-
field, wo man zuerst Krupps Verfahren eingeführt hatte, setzte man
Chargen von 10 Tonnen in den Waschofen ein. Das entphosphorte
Eisen wurde in zwei Martin-Pernotöfen zu 15 Tonnen weiter ver-
arbeitet.

Auf den Cambria-Eisenwerken bei Johnstown verarbeitete man
Chargen von 6 bis 8 Tonnen. Die Herdsohle des Ofens, die 4,4 m
inneren Durchmesser hatte, war aus Hämatit vom Oberen See, der nur
0,04 Prozent Phosphor enthielt, hergestellt. Der Zuschlag bestand
aus 1 Prozent des Roheisens an Kalk und 14 Prozent Erze und Walz-
schlacke; derselbe wurde gut vorgewärmt. Der Prozeſs dauerte
25 Minuten und wurden dem Roheisen 70 bis 85 Prozent seines
Phosphors entzogen, indem das eingesetzte Eisen 0,10 bis 0,15 Prozent,
das gereinigte 0,02 Prozent Phosphor durchschnittlich enthielt.

Das Roheisen wurde in einem Kupolofen eingeschmolzen, floſs
von da in den Wascher; aus diesem wurde es in eine Pfanne ab-
gestochen, aus der es in Massel gegossen wurde. Man machte in der
Regel nur 6 Chargen zu 6 Tonnen in 24 Stunden, weil das Reinigen
des Herdes immer viel Zeit kostete. Der Aufgang an Erzen für Ofen-
futter und Zuschläge wechselte von 1 bis 2 Tonnen für die Charge.
Der Abbrand betrug 5 bis 6 Prozent, der Kohlenverbrauch 225 bis
270 kg auf die Tonne. Das Produkt hieſs Waschmetall (washed metal).
1890 war das Verfahren auf den Cambrawerken noch im Gange.


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[581/0597] Vorarbeiten zu den Frischprozessen. siliciumreichem Roheisen vermischt in die Bessemerbirne oder den Siemens-Martinofen abgestochen. Ein Reinigungsofen genügte für 12 Siemens-Martinöfen. Der Prozeſs wurde zuerst in Essen fabrik- mäſsig betrieben, doch nur wenig länger als zwei Jahre (1878 bis 1880), indem er dann von dem Thomasverfahren verdrängt wurde. Dagegen wurde das Verfahren in Nordamerika in den achtziger Jahren mit Erfolg eingeführt und hat sich der Kruppsche „Waschprozeſs“, wie er genannt wurde, dort länger erhalten. Zuerst geschah dies in Ohio. Der Prozeſs selbst erfuhr verschiedene Abänderungen. Bereits in Essen hatte man nicht ohne Erfolg versucht, das Roheisen in einem mit basischem Futter von Eisenerz, Bauxit, Magnesia und Kohlen- schiefer ausgekleideten Kupolofen zu reinigen. Dieser Ofen hatte gekühlte Wände und einen fahrbaren Vorherd. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika waren Krupps Waschöfen (washers) 1886 auf vier Werken in Gebrauch. Eine Eisen- hütte zu Youngtown bei Cleveland erzeugte drei nach dem Phosphor- gehalt unterschiedene Sorten von „Krupp-Metall“: I mit 0,01, II mit 0,02 bis 0,03 und III mit 0,05 bis 0,06 Prozent Phosphor. In Spring- field, wo man zuerst Krupps Verfahren eingeführt hatte, setzte man Chargen von 10 Tonnen in den Waschofen ein. Das entphosphorte Eisen wurde in zwei Martin-Pernotöfen zu 15 Tonnen weiter ver- arbeitet. Auf den Cambria-Eisenwerken bei Johnstown verarbeitete man Chargen von 6 bis 8 Tonnen. Die Herdsohle des Ofens, die 4,4 m inneren Durchmesser hatte, war aus Hämatit vom Oberen See, der nur 0,04 Prozent Phosphor enthielt, hergestellt. Der Zuschlag bestand aus 1 Prozent des Roheisens an Kalk und 14 Prozent Erze und Walz- schlacke; derselbe wurde gut vorgewärmt. Der Prozeſs dauerte 25 Minuten und wurden dem Roheisen 70 bis 85 Prozent seines Phosphors entzogen, indem das eingesetzte Eisen 0,10 bis 0,15 Prozent, das gereinigte 0,02 Prozent Phosphor durchschnittlich enthielt. Das Roheisen wurde in einem Kupolofen eingeschmolzen, floſs von da in den Wascher; aus diesem wurde es in eine Pfanne ab- gestochen, aus der es in Massel gegossen wurde. Man machte in der Regel nur 6 Chargen zu 6 Tonnen in 24 Stunden, weil das Reinigen des Herdes immer viel Zeit kostete. Der Aufgang an Erzen für Ofen- futter und Zuschläge wechselte von 1 bis 2 Tonnen für die Charge. Der Abbrand betrug 5 bis 6 Prozent, der Kohlenverbrauch 225 bis 270 kg auf die Tonne. Das Produkt hieſs Waschmetall (washed metal). 1890 war das Verfahren auf den Cambrawerken noch im Gange.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/597>, abgerufen am 22.11.2024.