und bei Erzeugung der höchsten Temperatur geschlossen wird. In diesem "Ofen mit rundum offener Zone" sollen Eisenerze in Pulver- form bis Nussgrösse mit Zuschlägen eingeschmolzen und alsdann durch eingetragenen Kohlenstoff reduciert werden. Die Reduktion geht von oben vor sich unter kochender Bewegung der Schmelzmasse; das Eisen sammelt sich in flüssigem Zustande unter der Schlackendecke an, und man kann je nach dem Kohlungsgrad Schrot oder Erzstücke nachschmelzen. Eine praktische Bedeutung hat dieses Verfahren aber bis jetzt nicht erlangt.
Schon 1874 hatte G. Kazetl den Vorschlag gemacht, Ein- schmelzen, Reducieren und Ausfällen in demselben Flammofen zu bewirken, dabei aber die Reduktion nicht durch festen Kohlen- stoff, sondern durch eingepresstes Kohlenoxydgas zu bewirken. Letzteres hatten Bessemer selbst und Jones in Middlesborough bereits früher versucht, ebenso Siemens, der aber mit Kohlenoxyd- gas keinen Erfolg erzielt hatte.
Gerhardt schlug 1874 vor, das gepulverte Erz mit dem Fluss- mittel und Teer zu mengen und in Ziegelform im Puddelofen direkt auf Puddelluppen zu verarbeiten.
In Amerika machte Jac. Reese auf den Fort Pitt-Eisen- und Stahlwerken 1877 den Versuch, Eisenerze im Kupolofen zu einer Schlacke zu schmelzen, diese in Konverter laufen zu lassen und durch die flüssige Masse ein auf 315° erhitztes Gemenge von Benzin und Wasserdampf zu leiten.
In demselben Jahre führte Chas. M. Du Puy1) ein abweichendes Verfahren zur direkten Darstellung von Schweisseisen und Stahl ein, das eine Zeit lang die Beachtung der Hüttenleute auf sich zog. Die zerkleinerten Erze wurden mit Kohlen in Blechbüchsen gepackt, in einem Flammofen erhitzt und die reducierte und zusammengeschweisste Masse mitsamt der Umhüllung unter Luppenquetschen und Walzen zu Rohschienen verarbeitet. Das phosphorarme Eisen wurde in Tiegeln oder Siemens-Martinöfen eingeschmolzen. Anfangs nahm man nur Holzkohlen, später auch Steinkohlen, Anthrazit und andere Kohlenarten zur Reduktion. Der Betrieb war (1881) auf den Werken der Phönix-Iron-Company (U. S.) eingeführt; das in Tiegeln um- geschmolzene Produkt lieferte angeblich einen brauchbaren Werk- zeugstahl. Auf den genannten Werken hatte man das Verfahren
1) Journal of the Franklin Instit. 1877, Dezbr., p. 377; Berg- und Hüttenm. Ztg. 1878, S. 197; Stahl und Eisen 1883, S. 588.
Die direkte Eisengewinnung.
und bei Erzeugung der höchsten Temperatur geschlossen wird. In diesem „Ofen mit rundum offener Zone“ sollen Eisenerze in Pulver- form bis Nuſsgröſse mit Zuschlägen eingeschmolzen und alsdann durch eingetragenen Kohlenstoff reduciert werden. Die Reduktion geht von oben vor sich unter kochender Bewegung der Schmelzmasse; das Eisen sammelt sich in flüssigem Zustande unter der Schlackendecke an, und man kann je nach dem Kohlungsgrad Schrot oder Erzstücke nachschmelzen. Eine praktische Bedeutung hat dieses Verfahren aber bis jetzt nicht erlangt.
Schon 1874 hatte G. Kazetl den Vorschlag gemacht, Ein- schmelzen, Reducieren und Ausfällen in demselben Flammofen zu bewirken, dabei aber die Reduktion nicht durch festen Kohlen- stoff, sondern durch eingepreſstes Kohlenoxydgas zu bewirken. Letzteres hatten Bessemer selbst und Jones in Middlesborough bereits früher versucht, ebenso Siemens, der aber mit Kohlenoxyd- gas keinen Erfolg erzielt hatte.
Gerhardt schlug 1874 vor, das gepulverte Erz mit dem Fluſs- mittel und Teer zu mengen und in Ziegelform im Puddelofen direkt auf Puddelluppen zu verarbeiten.
In Amerika machte Jac. Reese auf den Fort Pitt-Eisen- und Stahlwerken 1877 den Versuch, Eisenerze im Kupolofen zu einer Schlacke zu schmelzen, diese in Konverter laufen zu lassen und durch die flüssige Masse ein auf 315° erhitztes Gemenge von Benzin und Wasserdampf zu leiten.
In demselben Jahre führte Chas. M. Du Puy1) ein abweichendes Verfahren zur direkten Darstellung von Schweiſseisen und Stahl ein, das eine Zeit lang die Beachtung der Hüttenleute auf sich zog. Die zerkleinerten Erze wurden mit Kohlen in Blechbüchsen gepackt, in einem Flammofen erhitzt und die reducierte und zusammengeschweiſste Masse mitsamt der Umhüllung unter Luppenquetschen und Walzen zu Rohschienen verarbeitet. Das phosphorarme Eisen wurde in Tiegeln oder Siemens-Martinöfen eingeschmolzen. Anfangs nahm man nur Holzkohlen, später auch Steinkohlen, Anthrazit und andere Kohlenarten zur Reduktion. Der Betrieb war (1881) auf den Werken der Phönix-Iron-Company (U. S.) eingeführt; das in Tiegeln um- geschmolzene Produkt lieferte angeblich einen brauchbaren Werk- zeugstahl. Auf den genannten Werken hatte man das Verfahren
1) Journal of the Franklin Instit. 1877, Dezbr., p. 377; Berg- und Hüttenm. Ztg. 1878, S. 197; Stahl und Eisen 1883, S. 588.
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und bei Erzeugung der höchsten Temperatur geschlossen wird. In
diesem „Ofen mit rundum offener Zone“ sollen Eisenerze in Pulver-
form bis Nuſsgröſse mit Zuschlägen eingeschmolzen und alsdann durch
eingetragenen Kohlenstoff reduciert werden. Die Reduktion geht von
oben vor sich unter kochender Bewegung der Schmelzmasse; das
Eisen sammelt sich in flüssigem Zustande unter der Schlackendecke
an, und man kann je nach dem Kohlungsgrad Schrot oder Erzstücke
nachschmelzen. Eine praktische Bedeutung hat dieses Verfahren aber
bis jetzt nicht erlangt.
Schon 1874 hatte G. Kazetl den Vorschlag gemacht, Ein-
schmelzen, Reducieren und Ausfällen in demselben Flammofen zu
bewirken, dabei aber die Reduktion nicht durch festen Kohlen-
stoff, sondern durch eingepreſstes Kohlenoxydgas zu bewirken.
Letzteres hatten Bessemer selbst und Jones in Middlesborough
bereits früher versucht, ebenso Siemens, der aber mit Kohlenoxyd-
gas keinen Erfolg erzielt hatte.
Gerhardt schlug 1874 vor, das gepulverte Erz mit dem Fluſs-
mittel und Teer zu mengen und in Ziegelform im Puddelofen direkt
auf Puddelluppen zu verarbeiten.
In Amerika machte Jac. Reese auf den Fort Pitt-Eisen- und
Stahlwerken 1877 den Versuch, Eisenerze im Kupolofen zu einer
Schlacke zu schmelzen, diese in Konverter laufen zu lassen und durch
die flüssige Masse ein auf 315° erhitztes Gemenge von Benzin und
Wasserdampf zu leiten.
In demselben Jahre führte Chas. M. Du Puy 1) ein abweichendes
Verfahren zur direkten Darstellung von Schweiſseisen und Stahl ein,
das eine Zeit lang die Beachtung der Hüttenleute auf sich zog. Die
zerkleinerten Erze wurden mit Kohlen in Blechbüchsen gepackt, in
einem Flammofen erhitzt und die reducierte und zusammengeschweiſste
Masse mitsamt der Umhüllung unter Luppenquetschen und Walzen
zu Rohschienen verarbeitet. Das phosphorarme Eisen wurde in
Tiegeln oder Siemens-Martinöfen eingeschmolzen. Anfangs nahm man
nur Holzkohlen, später auch Steinkohlen, Anthrazit und andere
Kohlenarten zur Reduktion. Der Betrieb war (1881) auf den Werken
der Phönix-Iron-Company (U. S.) eingeführt; das in Tiegeln um-
geschmolzene Produkt lieferte angeblich einen brauchbaren Werk-
zeugstahl. Auf den genannten Werken hatte man das Verfahren
1) Journal of the Franklin Instit. 1877, Dezbr., p. 377; Berg- und Hüttenm.
Ztg. 1878, S. 197; Stahl und Eisen 1883, S. 588.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/586>, abgerufen am 23.11.2024.
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