Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochöfen.

Am unsichersten ist bis jetzt noch die Ermittelung der Wärme-
verluste durch Strahlung und Leitung, welche in der Regel aus der
Differenz ermittelt worden sind. Direkte Messungen sind höchst
schwierig und bis jetzt noch nicht ausgeführt. Wedding kommt aber
bei seiner Berechnung der Wärmeverluste bei Hochöfen zu dem Schluss,
dass die englischen und amerikanischen Angaben zu niedrig und des-
halb unrichtig sein müssen.

Hohe Produktion von Roheisen und niedriger Kohlenverbrauch auf
das erzeugte Eisen sind die Hauptziele eines guten Hochofenbetriebes.
Dieselben sind zwar zunächst abhängig von der Reichhaltigkeit der Erze
und der Natur des Brennstoffs; wie grosse Fortschritte aber verbesserte
Betriebseinrichtungen herbeiführen können, haben die Erfolge der
letzten 25 Jahre glänzend bewiesen. Diese lassen sich am deutlichsten
erkennen, wenn man die Fortschritte der gleichen Gebiete vergleicht.

Den Eisenindustriellen des Clevelanddistriktes in Nordengland
gebührt der Vortritt, denn von ihnen gingen die Verbesserungen aus,
welche die Fortschritte im Hochofenbau und -betriebe in anderen
Ländern angeregt haben. Die glanzvollste Entwickelung der Eisen-
industrie Clevelands fällt zwar in das vorausgegangene Jahrzehnt,
doch marschierte sie auch noch in den folgenden 25 Jahren an der Spitze
des Fortschritts. Von 1871 bis 1890 nahm die Eisenproduktion von
Cleveland von 1823294 Tonnen bis 2846089 Tonnen zu. 1872 wurden
6300000 Tonnen einheimische Erze zu 1920000 Tonnen Roheisen
verschmolzen. 1891 wurden nur 5300000 Tonnen einheimische Erze
auf 1493000 Tonnen Roheisen, daneben aber noch 2260000 Tonnen
importierte Erze, wovon 2100000 Tonnen aus Spanien kamen, auf
1330000 Tonnen Eisen verschmolzen. Da die Clevelanderze arm sind
und nur 30 Prozent Eisen im Durchschnitt enthalten, so war die
Erzeugung der einzelnen Öfen lange nicht so hoch als die der grossen
amerikanischen Öfen. Sie betrug im Durchschnitt 300 Tonnen in der
Woche, der Consettofen lieferte allerdings 850 Tonnen, die ameri-
kanischen dagegen 1128 Tonnen die Woche.

Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, welche über-
raschenden Fortschritte die Hochofenproduktion in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika
in diesem Zeitraum gemacht hat 1),
hauptsächlich veranlasst durch das rasche Erblühen der Bessemer-

1) Siehe James Gayleys Vortrag über die Entwickelung des amerikanischen
Hochofenbetriebes 1890, vor dem Iron and Steel Institute in New York gehalten;
Stahl und Eisen 1890, S. 1004.
Hochöfen.

Am unsichersten ist bis jetzt noch die Ermittelung der Wärme-
verluste durch Strahlung und Leitung, welche in der Regel aus der
Differenz ermittelt worden sind. Direkte Messungen sind höchst
schwierig und bis jetzt noch nicht ausgeführt. Wedding kommt aber
bei seiner Berechnung der Wärmeverluste bei Hochöfen zu dem Schluſs,
daſs die englischen und amerikanischen Angaben zu niedrig und des-
halb unrichtig sein müssen.

Hohe Produktion von Roheisen und niedriger Kohlenverbrauch auf
das erzeugte Eisen sind die Hauptziele eines guten Hochofenbetriebes.
Dieselben sind zwar zunächst abhängig von der Reichhaltigkeit der Erze
und der Natur des Brennstoffs; wie groſse Fortschritte aber verbesserte
Betriebseinrichtungen herbeiführen können, haben die Erfolge der
letzten 25 Jahre glänzend bewiesen. Diese lassen sich am deutlichsten
erkennen, wenn man die Fortschritte der gleichen Gebiete vergleicht.

Den Eisenindustriellen des Clevelanddistriktes in Nordengland
gebührt der Vortritt, denn von ihnen gingen die Verbesserungen aus,
welche die Fortschritte im Hochofenbau und -betriebe in anderen
Ländern angeregt haben. Die glanzvollste Entwickelung der Eisen-
industrie Clevelands fällt zwar in das vorausgegangene Jahrzehnt,
doch marschierte sie auch noch in den folgenden 25 Jahren an der Spitze
des Fortschritts. Von 1871 bis 1890 nahm die Eisenproduktion von
Cleveland von 1823294 Tonnen bis 2846089 Tonnen zu. 1872 wurden
6300000 Tonnen einheimische Erze zu 1920000 Tonnen Roheisen
verschmolzen. 1891 wurden nur 5300000 Tonnen einheimische Erze
auf 1493000 Tonnen Roheisen, daneben aber noch 2260000 Tonnen
importierte Erze, wovon 2100000 Tonnen aus Spanien kamen, auf
1330000 Tonnen Eisen verschmolzen. Da die Clevelanderze arm sind
und nur 30 Prozent Eisen im Durchschnitt enthalten, so war die
Erzeugung der einzelnen Öfen lange nicht so hoch als die der groſsen
amerikanischen Öfen. Sie betrug im Durchschnitt 300 Tonnen in der
Woche, der Consettofen lieferte allerdings 850 Tonnen, die ameri-
kanischen dagegen 1128 Tonnen die Woche.

Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, welche über-
raschenden Fortschritte die Hochofenproduktion in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika
in diesem Zeitraum gemacht hat 1),
hauptsächlich veranlaſst durch das rasche Erblühen der Bessemer-

1) Siehe James Gayleys Vortrag über die Entwickelung des amerikanischen
Hochofenbetriebes 1890, vor dem Iron and Steel Institute in New York gehalten;
Stahl und Eisen 1890, S. 1004.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0525" n="509"/>
          <fw place="top" type="header">Hochöfen.</fw><lb/>
          <p>Am unsichersten ist bis jetzt noch die Ermittelung der Wärme-<lb/>
verluste durch Strahlung und Leitung, welche in der Regel aus der<lb/>
Differenz ermittelt worden sind. Direkte Messungen sind höchst<lb/>
schwierig und bis jetzt noch nicht ausgeführt. <hi rendition="#g">Wedding</hi> kommt aber<lb/>
bei seiner Berechnung der Wärmeverluste bei Hochöfen zu dem Schlu&#x017F;s,<lb/>
da&#x017F;s die englischen und amerikanischen Angaben zu niedrig und des-<lb/>
halb unrichtig sein müssen.</p><lb/>
          <p>Hohe Produktion von Roheisen und niedriger Kohlenverbrauch auf<lb/>
das erzeugte Eisen sind die Hauptziele eines guten Hochofenbetriebes.<lb/>
Dieselben sind zwar zunächst abhängig von der Reichhaltigkeit der Erze<lb/>
und der Natur des Brennstoffs; wie gro&#x017F;se Fortschritte aber verbesserte<lb/>
Betriebseinrichtungen herbeiführen können, haben die Erfolge der<lb/>
letzten 25 Jahre glänzend bewiesen. Diese lassen sich am deutlichsten<lb/>
erkennen, wenn man die Fortschritte der gleichen Gebiete vergleicht.</p><lb/>
          <p>Den Eisenindustriellen des Clevelanddistriktes in Nordengland<lb/>
gebührt der Vortritt, denn von ihnen gingen die Verbesserungen aus,<lb/>
welche die Fortschritte im Hochofenbau und -betriebe in anderen<lb/>
Ländern angeregt haben. Die glanzvollste Entwickelung der Eisen-<lb/>
industrie Clevelands fällt zwar in das vorausgegangene Jahrzehnt,<lb/>
doch marschierte sie auch noch in den folgenden 25 Jahren an der Spitze<lb/>
des Fortschritts. Von 1871 bis 1890 nahm die Eisenproduktion von<lb/>
Cleveland von 1823294 Tonnen bis 2846089 Tonnen zu. 1872 wurden<lb/>
6300000 Tonnen einheimische Erze zu 1920000 Tonnen Roheisen<lb/>
verschmolzen. 1891 wurden nur 5300000 Tonnen einheimische Erze<lb/>
auf 1493000 Tonnen Roheisen, daneben aber noch 2260000 Tonnen<lb/>
importierte Erze, wovon 2100000 Tonnen aus Spanien kamen, auf<lb/>
1330000 Tonnen Eisen verschmolzen. Da die Clevelanderze arm sind<lb/>
und nur 30 Prozent Eisen im Durchschnitt enthalten, so war die<lb/>
Erzeugung der einzelnen Öfen lange nicht so hoch als die der gro&#x017F;sen<lb/>
amerikanischen Öfen. Sie betrug im Durchschnitt 300 Tonnen in der<lb/>
Woche, der Consettofen lieferte allerdings 850 Tonnen, die ameri-<lb/>
kanischen dagegen 1128 Tonnen die Woche.</p><lb/>
          <p>Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, welche über-<lb/>
raschenden Fortschritte die Hochofenproduktion in den <hi rendition="#g">Vereinigten<lb/>
Staaten von Nordamerika</hi> in diesem Zeitraum gemacht hat <note place="foot" n="1)">Siehe <hi rendition="#g">James Gayleys</hi> Vortrag über die Entwickelung des amerikanischen<lb/>
Hochofenbetriebes 1890, vor dem Iron and Steel Institute in New York gehalten;<lb/>
Stahl und Eisen 1890, S. 1004.</note>,<lb/>
hauptsächlich veranla&#x017F;st durch das rasche Erblühen der Bessemer-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[509/0525] Hochöfen. Am unsichersten ist bis jetzt noch die Ermittelung der Wärme- verluste durch Strahlung und Leitung, welche in der Regel aus der Differenz ermittelt worden sind. Direkte Messungen sind höchst schwierig und bis jetzt noch nicht ausgeführt. Wedding kommt aber bei seiner Berechnung der Wärmeverluste bei Hochöfen zu dem Schluſs, daſs die englischen und amerikanischen Angaben zu niedrig und des- halb unrichtig sein müssen. Hohe Produktion von Roheisen und niedriger Kohlenverbrauch auf das erzeugte Eisen sind die Hauptziele eines guten Hochofenbetriebes. Dieselben sind zwar zunächst abhängig von der Reichhaltigkeit der Erze und der Natur des Brennstoffs; wie groſse Fortschritte aber verbesserte Betriebseinrichtungen herbeiführen können, haben die Erfolge der letzten 25 Jahre glänzend bewiesen. Diese lassen sich am deutlichsten erkennen, wenn man die Fortschritte der gleichen Gebiete vergleicht. Den Eisenindustriellen des Clevelanddistriktes in Nordengland gebührt der Vortritt, denn von ihnen gingen die Verbesserungen aus, welche die Fortschritte im Hochofenbau und -betriebe in anderen Ländern angeregt haben. Die glanzvollste Entwickelung der Eisen- industrie Clevelands fällt zwar in das vorausgegangene Jahrzehnt, doch marschierte sie auch noch in den folgenden 25 Jahren an der Spitze des Fortschritts. Von 1871 bis 1890 nahm die Eisenproduktion von Cleveland von 1823294 Tonnen bis 2846089 Tonnen zu. 1872 wurden 6300000 Tonnen einheimische Erze zu 1920000 Tonnen Roheisen verschmolzen. 1891 wurden nur 5300000 Tonnen einheimische Erze auf 1493000 Tonnen Roheisen, daneben aber noch 2260000 Tonnen importierte Erze, wovon 2100000 Tonnen aus Spanien kamen, auf 1330000 Tonnen Eisen verschmolzen. Da die Clevelanderze arm sind und nur 30 Prozent Eisen im Durchschnitt enthalten, so war die Erzeugung der einzelnen Öfen lange nicht so hoch als die der groſsen amerikanischen Öfen. Sie betrug im Durchschnitt 300 Tonnen in der Woche, der Consettofen lieferte allerdings 850 Tonnen, die ameri- kanischen dagegen 1128 Tonnen die Woche. Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, welche über- raschenden Fortschritte die Hochofenproduktion in den Vereinigten Staaten von Nordamerika in diesem Zeitraum gemacht hat 1), hauptsächlich veranlaſst durch das rasche Erblühen der Bessemer- 1) Siehe James Gayleys Vortrag über die Entwickelung des amerikanischen Hochofenbetriebes 1890, vor dem Iron and Steel Institute in New York gehalten; Stahl und Eisen 1890, S. 1004.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/525
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/525>, abgerufen am 23.11.2024.