Der heisse und gepresste Wind ist das wichtigste Mittel für einen guten Betrieb des Hochofens. Durch Erhöhung oder Verminde- rung der Windtemperatur und der Pressung regelt man den Ofen- gang und die Produktion. Die Apparate für die Winderhitzung haben wir oben beschrieben; die steinernen, in denen man den Wind leicht auf ca. 800° erwärmen konnte, fanden immer mehr Anwendung. Die älteren Cowper-Apparate wurden anfangs durch die Winderhitzer von Whitwell verdrängt, die namentlich auf dem europäischen Kontinent vorgezogen wurden. In Deutschland wurden 1881 24 Hoch- öfen mit Whitwell- und nur drei mit Cowper-Apparaten betrieben. Indes genügten auch die älteren Whitwell-Apparate bald nicht mehr, da sie zu wenig Heizfläche hatten. Man verbesserte sie Anfang der achtziger Jahre dadurch, dass man sie beträchtlich erhöhte und die Anzahl der Schlangenwindungen verminderte. Trotzdem konnten sie sich gegen die verbesserten Cowper-Apparate auf die Dauer nicht halten. Die Windtemperatur ist in den letzten 25 Jahren im Durch- schnitt von 500° C. auf 800° C. durch die steinernen Winderhitzer gestiegen. Je heisser der Wind zugeführt wird, je vollständiger voll- zieht sich die Verbrennung vor den Formen, je höher ist die Tempe- ratur im Schmelzraum. Dadurch, dass der Sauerstoff des Windes vor und über den Formen vollständig mit Kohle verbrennt, findet keine Wärmeentwickelung im Ofenschacht statt, kein Oberfeuer und es tritt die auffallende Erscheinung ein, dass die Gichtgase um so kälter den Ofen verlassen, je heisser der Wind ist. Nach J. Wolters' Versuchen 1875 betrug die Wärme der Gichtgase bei 200° warmem Wind 180°, bei 400° 160°, bei 600° 140°, bei 800° 120°, bei 1000° nur 100° C. Es resultiert also eine viel bessere Ausnutzung der Wärme.
Das Trocknen des Windes wurde schon empfohlen von Fryer in Colefort (Glocestershire) 1890 und von W. Henry in Amerika 1891.
Bei Störungen und Versetzungen im Hochofen blies man mit dem Winde öfters feste oder gasförmige Substanzen ein. Alberts zu Aplerbeck konstruierte 1878 hierfür einen Apparat. In Nordamerika
Hochöfen.
[Tabelle]
Der heiſse und gepreſste Wind ist das wichtigste Mittel für einen guten Betrieb des Hochofens. Durch Erhöhung oder Verminde- rung der Windtemperatur und der Pressung regelt man den Ofen- gang und die Produktion. Die Apparate für die Winderhitzung haben wir oben beschrieben; die steinernen, in denen man den Wind leicht auf ca. 800° erwärmen konnte, fanden immer mehr Anwendung. Die älteren Cowper-Apparate wurden anfangs durch die Winderhitzer von Whitwell verdrängt, die namentlich auf dem europäischen Kontinent vorgezogen wurden. In Deutschland wurden 1881 24 Hoch- öfen mit Whitwell- und nur drei mit Cowper-Apparaten betrieben. Indes genügten auch die älteren Whitwell-Apparate bald nicht mehr, da sie zu wenig Heizfläche hatten. Man verbesserte sie Anfang der achtziger Jahre dadurch, daſs man sie beträchtlich erhöhte und die Anzahl der Schlangenwindungen verminderte. Trotzdem konnten sie sich gegen die verbesserten Cowper-Apparate auf die Dauer nicht halten. Die Windtemperatur ist in den letzten 25 Jahren im Durch- schnitt von 500° C. auf 800° C. durch die steinernen Winderhitzer gestiegen. Je heiſser der Wind zugeführt wird, je vollständiger voll- zieht sich die Verbrennung vor den Formen, je höher ist die Tempe- ratur im Schmelzraum. Dadurch, daſs der Sauerstoff des Windes vor und über den Formen vollständig mit Kohle verbrennt, findet keine Wärmeentwickelung im Ofenschacht statt, kein Oberfeuer und es tritt die auffallende Erscheinung ein, daſs die Gichtgase um so kälter den Ofen verlassen, je heiſser der Wind ist. Nach J. Wolters’ Versuchen 1875 betrug die Wärme der Gichtgase bei 200° warmem Wind 180°, bei 400° 160°, bei 600° 140°, bei 800° 120°, bei 1000° nur 100° C. Es resultiert also eine viel bessere Ausnutzung der Wärme.
Das Trocknen des Windes wurde schon empfohlen von Fryer in Colefort (Glocestershire) 1890 und von W. Henry in Amerika 1891.
Bei Störungen und Versetzungen im Hochofen blies man mit dem Winde öfters feste oder gasförmige Substanzen ein. Alberts zu Aplerbeck konstruierte 1878 hierfür einen Apparat. In Nordamerika
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0510"n="494"/><fwplace="top"type="header">Hochöfen.</fw><lb/><table><row><cell/></row></table><p>Der <hirendition="#g">heiſse</hi> und <hirendition="#g">gepreſste Wind</hi> ist das wichtigste Mittel für<lb/>
einen guten Betrieb des Hochofens. Durch Erhöhung oder Verminde-<lb/>
rung der Windtemperatur und der Pressung regelt man den Ofen-<lb/>
gang und die Produktion. Die Apparate für die Winderhitzung haben<lb/>
wir oben beschrieben; die steinernen, in denen man den Wind leicht<lb/>
auf ca. 800° erwärmen konnte, fanden immer mehr Anwendung. Die<lb/>
älteren <hirendition="#g">Cowper-Apparate</hi> wurden anfangs durch die Winderhitzer<lb/>
von <hirendition="#g">Whitwell</hi> verdrängt, die namentlich auf dem europäischen<lb/>
Kontinent vorgezogen wurden. In Deutschland wurden 1881 24 Hoch-<lb/>
öfen mit Whitwell- und nur drei mit Cowper-Apparaten betrieben.<lb/>
Indes genügten auch die älteren Whitwell-Apparate bald nicht mehr,<lb/>
da sie zu wenig Heizfläche hatten. Man verbesserte sie Anfang der<lb/>
achtziger Jahre dadurch, daſs man sie beträchtlich erhöhte und die<lb/>
Anzahl der Schlangenwindungen verminderte. Trotzdem konnten sie<lb/>
sich gegen die verbesserten Cowper-Apparate auf die Dauer nicht<lb/>
halten. Die Windtemperatur ist in den letzten 25 Jahren im Durch-<lb/>
schnitt von 500° C. auf 800° C. durch die steinernen Winderhitzer<lb/>
gestiegen. Je heiſser der Wind zugeführt wird, je vollständiger voll-<lb/>
zieht sich die Verbrennung vor den Formen, je höher ist die Tempe-<lb/>
ratur im Schmelzraum. Dadurch, daſs der Sauerstoff des Windes vor<lb/>
und über den Formen vollständig mit Kohle verbrennt, findet keine<lb/>
Wärmeentwickelung im Ofenschacht statt, kein Oberfeuer und es tritt<lb/>
die auffallende Erscheinung ein, daſs die Gichtgase um so kälter den<lb/>
Ofen verlassen, je heiſser der Wind ist. Nach J. <hirendition="#g">Wolters’</hi> Versuchen<lb/>
1875 betrug die Wärme der Gichtgase bei 200° warmem Wind 180°,<lb/>
bei 400° 160°, bei 600° 140°, bei 800° 120°, bei 1000° nur 100° C. Es<lb/>
resultiert also eine viel bessere Ausnutzung der Wärme.</p><lb/><p>Das Trocknen des Windes wurde schon empfohlen von <hirendition="#g">Fryer</hi> in<lb/>
Colefort (Glocestershire) 1890 und von W. <hirendition="#g">Henry</hi> in Amerika 1891.</p><lb/><p>Bei Störungen und Versetzungen im Hochofen blies man mit dem<lb/>
Winde öfters feste oder gasförmige Substanzen ein. <hirendition="#g">Alberts</hi> zu<lb/>
Aplerbeck konstruierte 1878 hierfür einen Apparat. In Nordamerika<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[494/0510]
Hochöfen.
Der heiſse und gepreſste Wind ist das wichtigste Mittel für
einen guten Betrieb des Hochofens. Durch Erhöhung oder Verminde-
rung der Windtemperatur und der Pressung regelt man den Ofen-
gang und die Produktion. Die Apparate für die Winderhitzung haben
wir oben beschrieben; die steinernen, in denen man den Wind leicht
auf ca. 800° erwärmen konnte, fanden immer mehr Anwendung. Die
älteren Cowper-Apparate wurden anfangs durch die Winderhitzer
von Whitwell verdrängt, die namentlich auf dem europäischen
Kontinent vorgezogen wurden. In Deutschland wurden 1881 24 Hoch-
öfen mit Whitwell- und nur drei mit Cowper-Apparaten betrieben.
Indes genügten auch die älteren Whitwell-Apparate bald nicht mehr,
da sie zu wenig Heizfläche hatten. Man verbesserte sie Anfang der
achtziger Jahre dadurch, daſs man sie beträchtlich erhöhte und die
Anzahl der Schlangenwindungen verminderte. Trotzdem konnten sie
sich gegen die verbesserten Cowper-Apparate auf die Dauer nicht
halten. Die Windtemperatur ist in den letzten 25 Jahren im Durch-
schnitt von 500° C. auf 800° C. durch die steinernen Winderhitzer
gestiegen. Je heiſser der Wind zugeführt wird, je vollständiger voll-
zieht sich die Verbrennung vor den Formen, je höher ist die Tempe-
ratur im Schmelzraum. Dadurch, daſs der Sauerstoff des Windes vor
und über den Formen vollständig mit Kohle verbrennt, findet keine
Wärmeentwickelung im Ofenschacht statt, kein Oberfeuer und es tritt
die auffallende Erscheinung ein, daſs die Gichtgase um so kälter den
Ofen verlassen, je heiſser der Wind ist. Nach J. Wolters’ Versuchen
1875 betrug die Wärme der Gichtgase bei 200° warmem Wind 180°,
bei 400° 160°, bei 600° 140°, bei 800° 120°, bei 1000° nur 100° C. Es
resultiert also eine viel bessere Ausnutzung der Wärme.
Das Trocknen des Windes wurde schon empfohlen von Fryer in
Colefort (Glocestershire) 1890 und von W. Henry in Amerika 1891.
Bei Störungen und Versetzungen im Hochofen blies man mit dem
Winde öfters feste oder gasförmige Substanzen ein. Alberts zu
Aplerbeck konstruierte 1878 hierfür einen Apparat. In Nordamerika
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/510>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.