Vor Fleury hatten schon Wall und Black ein Patent zur Reinigung des Stahls durch den galvanischen Strom genommen; das Verfahren war aber sehr kompliziert. 1865 nahm S. C. Kreeft in London ein Patent, wonach er mittels Durchleitens eines elektrischen Stromes durch flüssigen Stahl einen sehr gleichartigen, dichten Stahl bekommen will. Erfolg hatte keiner dieser Vorschläge.
Dass festes Eisen auf flüssigem schwimmt, war eine schon lang beobachtete Erscheinung. Schott in Ilsenburg suchte sie dadurch zu erklären, dass flüssiges Eisen im Moment der Erstarrung durch Krystallisation eine Ausdehnung erfahre. Erhard will dagegen das Schwimmen des Eisens nur durch die sofort eintretende Ausdehnung durch Hitze erklären (1868).
H. Deville und L. Troost hatten gefunden, dass Schmiedeeisen bei hohen Temperaturen für Wasserstoff durchdringlich ist, ferner dass die Feuergase die Wände eines gusseisernen Ofens bei dunkler und heller Rotglut durchdringen. Odling fand, dass schon rot- glühendes Eisen für Wasserstoff durchgängig ist, und Cailletet wies die Durchdringlichkeit des Eisens für Gase schon bei gewöhnlicher Temperatur nach.
Odling entdeckte ferner, dass Eisen bis 46 Prozent Wasserstoff und bis 415 Prozent Kohlenoxydgas absorbiert. Letzteres hielt er für wichtig zur Erklärung der Stahlbildung, indem Kohlenoxydgas bei sehr hoher Temperatur in Kohlenstoff und Kohlensäure zerfallen könne.
Für die Praxis waren die Festigkeitsbestimmungen die wichtigsten physikalischen Versuche, die man mit dem Eisen vornahm. Wir können nur die hervorragenden Ergebnisse der zahlreichen Ver- suche hier zusammenstellen.
Eine Streitfrage bildete damals die Verminderung der Festigkeit des Eisens durch Strukturveränderung infolge lange Zeit fortgesetzter Erschütterungen. Wilh. Armstrong1) nahm 1860 an, dass die Festigkeitsverminderung die Folge einer eintretenden Krystallisation sei, und schlug einen Zusatz von Nickel beim Puddeln als bestes Mittel dagegen vor. Gurlt bezweifelt diese Wirkung, weil sich das Nickel unter diesen Umständen nicht mit dem Eisen legiere.
W. Liebe stellte im Oktober 1860 in der Fabrik von Joh. Casp. Harkort auf Harkorten ausgedehnte Festigkeitsversuche mit deut- schen Eisensorten, besonders mit Holzkohlen- und Koksnieteisen an 2).
1) Siehe Dingler, Polyt. Journ. 158, S. 416.
2) Siehe Beilage zu Nr. 22 des Berggeist von 1861.
Physik 1861 bis 1870.
Vor Fleury hatten schon Wall und Black ein Patent zur Reinigung des Stahls durch den galvanischen Strom genommen; das Verfahren war aber sehr kompliziert. 1865 nahm S. C. Kreeft in London ein Patent, wonach er mittels Durchleitens eines elektrischen Stromes durch flüssigen Stahl einen sehr gleichartigen, dichten Stahl bekommen will. Erfolg hatte keiner dieser Vorschläge.
Daſs festes Eisen auf flüssigem schwimmt, war eine schon lang beobachtete Erscheinung. Schott in Ilsenburg suchte sie dadurch zu erklären, daſs flüssiges Eisen im Moment der Erstarrung durch Krystallisation eine Ausdehnung erfahre. Erhard will dagegen das Schwimmen des Eisens nur durch die sofort eintretende Ausdehnung durch Hitze erklären (1868).
H. Deville und L. Troost hatten gefunden, daſs Schmiedeeisen bei hohen Temperaturen für Wasserstoff durchdringlich ist, ferner daſs die Feuergase die Wände eines guſseisernen Ofens bei dunkler und heller Rotglut durchdringen. Odling fand, daſs schon rot- glühendes Eisen für Wasserstoff durchgängig ist, und Cailletet wies die Durchdringlichkeit des Eisens für Gase schon bei gewöhnlicher Temperatur nach.
Odling entdeckte ferner, daſs Eisen bis 46 Prozent Wasserstoff und bis 415 Prozent Kohlenoxydgas absorbiert. Letzteres hielt er für wichtig zur Erklärung der Stahlbildung, indem Kohlenoxydgas bei sehr hoher Temperatur in Kohlenstoff und Kohlensäure zerfallen könne.
Für die Praxis waren die Festigkeitsbestimmungen die wichtigsten physikalischen Versuche, die man mit dem Eisen vornahm. Wir können nur die hervorragenden Ergebnisse der zahlreichen Ver- suche hier zusammenstellen.
Eine Streitfrage bildete damals die Verminderung der Festigkeit des Eisens durch Strukturveränderung infolge lange Zeit fortgesetzter Erschütterungen. Wilh. Armstrong1) nahm 1860 an, daſs die Festigkeitsverminderung die Folge einer eintretenden Krystallisation sei, und schlug einen Zusatz von Nickel beim Puddeln als bestes Mittel dagegen vor. Gurlt bezweifelt diese Wirkung, weil sich das Nickel unter diesen Umständen nicht mit dem Eisen legiere.
W. Liebe stellte im Oktober 1860 in der Fabrik von Joh. Casp. Harkort auf Harkorten ausgedehnte Festigkeitsversuche mit deut- schen Eisensorten, besonders mit Holzkohlen- und Koksnieteisen an 2).
1) Siehe Dingler, Polyt. Journ. 158, S. 416.
2) Siehe Beilage zu Nr. 22 des Berggeist von 1861.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0041"n="27"/><fwplace="top"type="header">Physik 1861 bis 1870.</fw><lb/><p>Vor <hirendition="#g">Fleury</hi> hatten schon <hirendition="#g">Wall</hi> und <hirendition="#g">Black</hi> ein Patent zur<lb/>
Reinigung des Stahls durch den galvanischen Strom genommen; das<lb/>
Verfahren war aber sehr kompliziert. 1865 nahm S. C. <hirendition="#g">Kreeft</hi> in<lb/>
London ein Patent, wonach er mittels Durchleitens eines elektrischen<lb/>
Stromes durch flüssigen Stahl einen sehr gleichartigen, dichten Stahl<lb/>
bekommen will. Erfolg hatte keiner dieser Vorschläge.</p><lb/><p>Daſs festes Eisen auf flüssigem schwimmt, war eine schon lang<lb/>
beobachtete Erscheinung. <hirendition="#g">Schott</hi> in Ilsenburg suchte sie dadurch zu<lb/>
erklären, daſs flüssiges Eisen im Moment der Erstarrung durch<lb/>
Krystallisation eine Ausdehnung erfahre. <hirendition="#g">Erhard</hi> will dagegen das<lb/>
Schwimmen des Eisens nur durch die sofort eintretende Ausdehnung<lb/>
durch Hitze erklären (1868).</p><lb/><p>H. <hirendition="#g">Deville</hi> und L. <hirendition="#g">Troost</hi> hatten gefunden, daſs Schmiedeeisen<lb/>
bei hohen Temperaturen für Wasserstoff durchdringlich ist, ferner<lb/>
daſs die Feuergase die Wände eines guſseisernen Ofens bei dunkler<lb/>
und heller Rotglut durchdringen. <hirendition="#g">Odling</hi> fand, daſs schon rot-<lb/>
glühendes Eisen für Wasserstoff durchgängig ist, und <hirendition="#g">Cailletet</hi> wies<lb/>
die Durchdringlichkeit des Eisens für Gase schon bei gewöhnlicher<lb/>
Temperatur nach.</p><lb/><p><hirendition="#g">Odling</hi> entdeckte ferner, daſs Eisen bis 46 Prozent Wasserstoff<lb/>
und bis 415 Prozent Kohlenoxydgas absorbiert. Letzteres hielt er für<lb/>
wichtig zur Erklärung der Stahlbildung, indem Kohlenoxydgas<lb/>
bei sehr hoher Temperatur in Kohlenstoff und Kohlensäure zerfallen<lb/>
könne.</p><lb/><p>Für die Praxis waren die <hirendition="#g">Festigkeitsbestimmungen</hi> die<lb/>
wichtigsten physikalischen Versuche, die man mit dem Eisen vornahm.<lb/>
Wir können nur die hervorragenden Ergebnisse der zahlreichen Ver-<lb/>
suche hier zusammenstellen.</p><lb/><p>Eine Streitfrage bildete damals die Verminderung der Festigkeit<lb/>
des Eisens durch Strukturveränderung infolge lange Zeit fortgesetzter<lb/>
Erschütterungen. <hirendition="#g">Wilh. Armstrong</hi><noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Dingler</hi>, Polyt. Journ. 158, S. 416.</note> nahm 1860 an, daſs die<lb/>
Festigkeitsverminderung die Folge einer eintretenden Krystallisation<lb/>
sei, und schlug einen Zusatz von Nickel beim Puddeln als bestes Mittel<lb/>
dagegen vor. <hirendition="#g">Gurlt</hi> bezweifelt diese Wirkung, weil sich das Nickel<lb/>
unter diesen Umständen nicht mit dem Eisen legiere.</p><lb/><p>W. <hirendition="#g">Liebe</hi> stellte im Oktober 1860 in der Fabrik von <hirendition="#g">Joh. Casp.<lb/>
Harkort</hi> auf Harkorten ausgedehnte Festigkeitsversuche mit deut-<lb/>
schen Eisensorten, besonders mit Holzkohlen- und Koksnieteisen an <noteplace="foot"n="2)">Siehe Beilage zu Nr. 22 des Berggeist von 1861.</note>.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[27/0041]
Physik 1861 bis 1870.
Vor Fleury hatten schon Wall und Black ein Patent zur
Reinigung des Stahls durch den galvanischen Strom genommen; das
Verfahren war aber sehr kompliziert. 1865 nahm S. C. Kreeft in
London ein Patent, wonach er mittels Durchleitens eines elektrischen
Stromes durch flüssigen Stahl einen sehr gleichartigen, dichten Stahl
bekommen will. Erfolg hatte keiner dieser Vorschläge.
Daſs festes Eisen auf flüssigem schwimmt, war eine schon lang
beobachtete Erscheinung. Schott in Ilsenburg suchte sie dadurch zu
erklären, daſs flüssiges Eisen im Moment der Erstarrung durch
Krystallisation eine Ausdehnung erfahre. Erhard will dagegen das
Schwimmen des Eisens nur durch die sofort eintretende Ausdehnung
durch Hitze erklären (1868).
H. Deville und L. Troost hatten gefunden, daſs Schmiedeeisen
bei hohen Temperaturen für Wasserstoff durchdringlich ist, ferner
daſs die Feuergase die Wände eines guſseisernen Ofens bei dunkler
und heller Rotglut durchdringen. Odling fand, daſs schon rot-
glühendes Eisen für Wasserstoff durchgängig ist, und Cailletet wies
die Durchdringlichkeit des Eisens für Gase schon bei gewöhnlicher
Temperatur nach.
Odling entdeckte ferner, daſs Eisen bis 46 Prozent Wasserstoff
und bis 415 Prozent Kohlenoxydgas absorbiert. Letzteres hielt er für
wichtig zur Erklärung der Stahlbildung, indem Kohlenoxydgas
bei sehr hoher Temperatur in Kohlenstoff und Kohlensäure zerfallen
könne.
Für die Praxis waren die Festigkeitsbestimmungen die
wichtigsten physikalischen Versuche, die man mit dem Eisen vornahm.
Wir können nur die hervorragenden Ergebnisse der zahlreichen Ver-
suche hier zusammenstellen.
Eine Streitfrage bildete damals die Verminderung der Festigkeit
des Eisens durch Strukturveränderung infolge lange Zeit fortgesetzter
Erschütterungen. Wilh. Armstrong 1) nahm 1860 an, daſs die
Festigkeitsverminderung die Folge einer eintretenden Krystallisation
sei, und schlug einen Zusatz von Nickel beim Puddeln als bestes Mittel
dagegen vor. Gurlt bezweifelt diese Wirkung, weil sich das Nickel
unter diesen Umständen nicht mit dem Eisen legiere.
W. Liebe stellte im Oktober 1860 in der Fabrik von Joh. Casp.
Harkort auf Harkorten ausgedehnte Festigkeitsversuche mit deut-
schen Eisensorten, besonders mit Holzkohlen- und Koksnieteisen an 2).
1) Siehe Dingler, Polyt. Journ. 158, S. 416.
2) Siehe Beilage zu Nr. 22 des Berggeist von 1861.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/41>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.