Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Physik des Eisens seit 1871.
form verschiedene Bestandteile, wovon der eine nach dem rhombischen,
der andere nach dem quadratischen System krystallisierte. Er hielt
das erstere für Viertelkarburet (Fe4 C), das andere für kohlenstofffreies
Eisen.

Stets wird das Kleingefüge in vielfacher Weise beeinflusst sowohl
durch mechanische Einmengungen, wie Schlacken und Gasblasen, als
durch chemische Bestandteile, wie Mangan, Silicium, Schwefel, Alu-
minium, Arsen, Phosphor u. s. w., was besonders Professor Arnold 1894
nachgewiesen hat. Dagegen verneint Kreuzpointner die vielfach
angenommene Gefügsänderung durch mechanische Einwirkungen.

Nachfolgende Figuren zeigen charakteristische mikroskopische
Bilder des Kleingefüges der wichtigsten Eisensorten (nach Wedding):
Fig. 130 (S. 381) graphitisches
Roheisen, Fig. 131 weisses Roh-
eisen, Fig. 132 gefeintes Eisen,
Fig. 133 Spiegeleisen, Fig. 134
Tiegelgussstahl, Fig. 135 Fluss-
eisen von 0,12 Prozent Kohlen-
stoff, Fig. 136 sehniges Schweiss-
eisen mit viel Schlacken.

In der Weiterentwickelung
der mikroskopischen Analyse
des Stahls kam auch F. Osmond
dazu, eine grössere Anzahl be-
stimmter Bestandteile im Stahl
anzunehmen 1). Er unterschied:

1. Ferrit (nach Howe) als

[Abbildung] Fig. 136.
nahezu reines Eisen, das beim Polieren matt bleibt und keine Fär-
bung annimmt.

2. Cementit nach (Howe), eine Kohlenstoffeisenverbindung, die
dem Drittelkarburet von Karsten und dem Karbid von Abel,
Müller
und anderen entspricht. Sie hat die Zusammensetzung Fe3 C
und erscheint im Cementstahl in grösseren Lamellen, die sich leicht
isolieren lassen.

3. Sorbit entspricht dem Perlit von M. Howe. Osmond gab dieser
kohlenstoffhaltigen Verbindung den Namen, weil Sorby ihn als perl-
artigen Bestandteil (pearly constituent) bezeichnete und zwar deshalb,
weil er bei schief einfallendem Licht Perlmutterglanz zeigt. Dies rührt

1) Bullet. d. 1. Societe d'Encourag. 1895, Maiheft.

Physik des Eisens seit 1871.
form verschiedene Bestandteile, wovon der eine nach dem rhombischen,
der andere nach dem quadratischen System krystallisierte. Er hielt
das erstere für Viertelkarburet (Fe4 C), das andere für kohlenstofffreies
Eisen.

Stets wird das Kleingefüge in vielfacher Weise beeinfluſst sowohl
durch mechanische Einmengungen, wie Schlacken und Gasblasen, als
durch chemische Bestandteile, wie Mangan, Silicium, Schwefel, Alu-
minium, Arsen, Phosphor u. s. w., was besonders Professor Arnold 1894
nachgewiesen hat. Dagegen verneint Kreuzpointner die vielfach
angenommene Gefügsänderung durch mechanische Einwirkungen.

Nachfolgende Figuren zeigen charakteristische mikroskopische
Bilder des Kleingefüges der wichtigsten Eisensorten (nach Wedding):
Fig. 130 (S. 381) graphitisches
Roheisen, Fig. 131 weiſses Roh-
eisen, Fig. 132 gefeintes Eisen,
Fig. 133 Spiegeleisen, Fig. 134
Tiegelguſsstahl, Fig. 135 Fluſs-
eisen von 0,12 Prozent Kohlen-
stoff, Fig. 136 sehniges Schweiſs-
eisen mit viel Schlacken.

In der Weiterentwickelung
der mikroskopischen Analyse
des Stahls kam auch F. Osmond
dazu, eine gröſsere Anzahl be-
stimmter Bestandteile im Stahl
anzunehmen 1). Er unterschied:

1. Ferrit (nach Howe) als

[Abbildung] Fig. 136.
nahezu reines Eisen, das beim Polieren matt bleibt und keine Fär-
bung annimmt.

2. Cementit nach (Howe), eine Kohlenstoffeisenverbindung, die
dem Drittelkarburet von Karsten und dem Karbid von Abel,
Müller
und anderen entspricht. Sie hat die Zusammensetzung Fe3 C
und erscheint im Cementstahl in gröſseren Lamellen, die sich leicht
isolieren lassen.

3. Sorbit entspricht dem Perlit von M. Howe. Osmond gab dieser
kohlenstoffhaltigen Verbindung den Namen, weil Sorby ihn als perl-
artigen Bestandteil (pearly constituent) bezeichnete und zwar deshalb,
weil er bei schief einfallendem Licht Perlmutterglanz zeigt. Dies rührt

1) Bullet. d. 1. Société d’Encourag. 1895, Maiheft.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0399" n="383"/><fw place="top" type="header">Physik des Eisens seit 1871.</fw><lb/>
form verschiedene Bestandteile, wovon der eine nach dem rhombischen,<lb/>
der andere nach dem quadratischen System krystallisierte. Er hielt<lb/>
das erstere für Viertelkarburet (Fe<hi rendition="#sub">4</hi> C), das andere für kohlenstofffreies<lb/>
Eisen.</p><lb/>
          <p>Stets wird das Kleingefüge in vielfacher Weise beeinflu&#x017F;st sowohl<lb/>
durch mechanische Einmengungen, wie Schlacken und Gasblasen, als<lb/>
durch chemische Bestandteile, wie Mangan, Silicium, Schwefel, Alu-<lb/>
minium, Arsen, Phosphor u. s. w., was besonders Professor <hi rendition="#g">Arnold</hi> 1894<lb/>
nachgewiesen hat. Dagegen verneint <hi rendition="#g">Kreuzpointner</hi> die vielfach<lb/>
angenommene Gefügsänderung durch mechanische Einwirkungen.</p><lb/>
          <p>Nachfolgende Figuren zeigen charakteristische mikroskopische<lb/>
Bilder des Kleingefüges der wichtigsten Eisensorten (nach <hi rendition="#g">Wedding</hi>):<lb/>
Fig. 130 (S. 381) graphitisches<lb/>
Roheisen, Fig. 131 wei&#x017F;ses Roh-<lb/>
eisen, Fig. 132 gefeintes Eisen,<lb/>
Fig. 133 Spiegeleisen, Fig. 134<lb/>
Tiegelgu&#x017F;sstahl, Fig. 135 Flu&#x017F;s-<lb/>
eisen von 0,12 Prozent Kohlen-<lb/>
stoff, Fig. 136 sehniges Schwei&#x017F;s-<lb/>
eisen mit viel Schlacken.</p><lb/>
          <p>In der Weiterentwickelung<lb/>
der mikroskopischen Analyse<lb/>
des Stahls kam auch F. <hi rendition="#g">Osmond</hi><lb/>
dazu, eine grö&#x017F;sere Anzahl be-<lb/>
stimmter Bestandteile im Stahl<lb/>
anzunehmen <note place="foot" n="1)">Bullet. d. 1. Société d&#x2019;Encourag. 1895, Maiheft.</note>. Er unterschied:</p><lb/>
          <p>1. Ferrit (nach <hi rendition="#g">Howe</hi>) als<lb/><figure><head>Fig. 136.</head></figure><lb/>
nahezu reines Eisen, das beim Polieren matt bleibt und keine Fär-<lb/>
bung annimmt.</p><lb/>
          <p>2. Cementit nach (<hi rendition="#g">Howe</hi>), eine Kohlenstoffeisenverbindung, die<lb/>
dem Drittelkarburet von <hi rendition="#g">Karsten</hi> und dem Karbid von <hi rendition="#g">Abel,<lb/>
Müller</hi> und anderen entspricht. Sie hat die Zusammensetzung Fe<hi rendition="#sup">3</hi> C<lb/>
und erscheint im Cementstahl in grö&#x017F;seren Lamellen, die sich leicht<lb/>
isolieren lassen.</p><lb/>
          <p>3. Sorbit entspricht dem Perlit von M. <hi rendition="#g">Howe. Osmond</hi> gab dieser<lb/>
kohlenstoffhaltigen Verbindung den Namen, weil <hi rendition="#g">Sorby</hi> ihn als perl-<lb/>
artigen Bestandteil (pearly constituent) bezeichnete und zwar deshalb,<lb/>
weil er bei schief einfallendem Licht Perlmutterglanz zeigt. Dies rührt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[383/0399] Physik des Eisens seit 1871. form verschiedene Bestandteile, wovon der eine nach dem rhombischen, der andere nach dem quadratischen System krystallisierte. Er hielt das erstere für Viertelkarburet (Fe4 C), das andere für kohlenstofffreies Eisen. Stets wird das Kleingefüge in vielfacher Weise beeinfluſst sowohl durch mechanische Einmengungen, wie Schlacken und Gasblasen, als durch chemische Bestandteile, wie Mangan, Silicium, Schwefel, Alu- minium, Arsen, Phosphor u. s. w., was besonders Professor Arnold 1894 nachgewiesen hat. Dagegen verneint Kreuzpointner die vielfach angenommene Gefügsänderung durch mechanische Einwirkungen. Nachfolgende Figuren zeigen charakteristische mikroskopische Bilder des Kleingefüges der wichtigsten Eisensorten (nach Wedding): Fig. 130 (S. 381) graphitisches Roheisen, Fig. 131 weiſses Roh- eisen, Fig. 132 gefeintes Eisen, Fig. 133 Spiegeleisen, Fig. 134 Tiegelguſsstahl, Fig. 135 Fluſs- eisen von 0,12 Prozent Kohlen- stoff, Fig. 136 sehniges Schweiſs- eisen mit viel Schlacken. In der Weiterentwickelung der mikroskopischen Analyse des Stahls kam auch F. Osmond dazu, eine gröſsere Anzahl be- stimmter Bestandteile im Stahl anzunehmen 1). Er unterschied: 1. Ferrit (nach Howe) als [Abbildung Fig. 136.] nahezu reines Eisen, das beim Polieren matt bleibt und keine Fär- bung annimmt. 2. Cementit nach (Howe), eine Kohlenstoffeisenverbindung, die dem Drittelkarburet von Karsten und dem Karbid von Abel, Müller und anderen entspricht. Sie hat die Zusammensetzung Fe3 C und erscheint im Cementstahl in gröſseren Lamellen, die sich leicht isolieren lassen. 3. Sorbit entspricht dem Perlit von M. Howe. Osmond gab dieser kohlenstoffhaltigen Verbindung den Namen, weil Sorby ihn als perl- artigen Bestandteil (pearly constituent) bezeichnete und zwar deshalb, weil er bei schief einfallendem Licht Perlmutterglanz zeigt. Dies rührt 1) Bullet. d. 1. Société d’Encourag. 1895, Maiheft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/399
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/399>, abgerufen am 22.11.2024.