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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Chemie.

Auf Flusseisen wirkt es nach Turner 1) wie folgt:

"Silicium giebt ein blasenfreies Flusseisen und vermehrt, wie der
Kohlenstoff, Festigkeit und Härte. Ein Gehalt von mehr als 0,15 Proz.
macht das Flusseisen rotbrüchig und ungeeignet zum Walzen. Zuweilen
macht es das Flusseisen kaltbrüchig. Silicium macht Flusseisen dicht
(sound), jedoch ist jeder Überschuss zu vermeiden, da sonst Brüchig-
keit und geringe Dehnbarkeit erfolgen; 0,3 Prozent gilt noch als
zulässig."

Nach Snelus macht ein Siliciumgehalt von 0,1 Prozent Fluss-
eisen schon hart und kaltbrüchig. Wo es hauptsächlich auf die
Härte ankommt, wie vielfach beim Stahl, ist ein etwas höherer
Siliciumgehalt in Verbindung mit einem entsprechenden Kohlengehalt
statthaft. So verlangen die englischen Stahlfabrikanten bei mehr als
0,2 Procent Silicium ein Heruntergehen des Kohlenstoffs unter
0,35 Prozent. Guter Werkzeugstahl kann 0,5 bis 0,8 Prozent Silicium
enthalten (Müller) 2).

Den Phosphor sah man früher unter allen Umständen als eine
nachteilige Beimischung, als einen Feind des Eisens an. Durch die
wichtige Entdeckung des Thomasverfahrens (1879) ist das Ansehen
des Phosphors gestiegen. Dieser Prozess verlangt ein phosphorreiches
Roheisen; infolgedessen wurden die vorher wertlosen phosphorhaltigen
Puddelschlacken ein gesuchtes Material und phosphorreiche Eisenerze
stiegen im Preise. Das Verhalten des Phosphors zum Eisen wurde
genau studiert. Diese Untersuchungen ergaben in Kürze das Folgende:
Phosphor verbindet sich mit dem Eisen in allen Verhältnissen bis
etwas über 26 Prozent. Hilgenstock fand 25,65 Prozent, Brackels-
berg
3) 26,36 Prozent als Maximum. Es bildet aber Phosphor mit
dem Eisen im Gegensatz zum Silicium eine Anzahl bestimmter
chemischer Verbindungen, Phosphide. Von diesen ist das Drittel-
phosphoreisen, Fe3 P (entsprechend dem Eisenkarbid Fe3 C) das feuer-
beständigste und als ein Gemengteil mancher Roheisensorten nach-
gewiesen. Leopold Schneider hat es (1886) aus acht Roheisensorten
durch Behandlung mit Kupferchlorid abgeschieden 4). Leopold
Schneider
5) und Hans von Jüptner 6) haben neben diesem Eisen-
phosphid auch ein Manganphosphid, Mn3 P2, in manchen Eisensorten

1) Siehe Stahl und Eisen 1888, S. 297.
2) Daselbst S. 376.
3) Engineering and Mining Journ. 44, 1887, p. 9.
4) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1886, S. 735.
5) Daselbst 1896, S. 736.
6) Siehe Stahl und Eisen 1897, S. 524.
Chemie.

Auf Fluſseisen wirkt es nach Turner 1) wie folgt:

„Silicium giebt ein blasenfreies Fluſseisen und vermehrt, wie der
Kohlenstoff, Festigkeit und Härte. Ein Gehalt von mehr als 0,15 Proz.
macht das Fluſseisen rotbrüchig und ungeeignet zum Walzen. Zuweilen
macht es das Fluſseisen kaltbrüchig. Silicium macht Fluſseisen dicht
(sound), jedoch ist jeder Überschuſs zu vermeiden, da sonst Brüchig-
keit und geringe Dehnbarkeit erfolgen; 0,3 Prozent gilt noch als
zulässig.“

Nach Snelus macht ein Siliciumgehalt von 0,1 Prozent Fluſs-
eisen schon hart und kaltbrüchig. Wo es hauptsächlich auf die
Härte ankommt, wie vielfach beim Stahl, ist ein etwas höherer
Siliciumgehalt in Verbindung mit einem entsprechenden Kohlengehalt
statthaft. So verlangen die englischen Stahlfabrikanten bei mehr als
0,2 Procent Silicium ein Heruntergehen des Kohlenstoffs unter
0,35 Prozent. Guter Werkzeugstahl kann 0,5 bis 0,8 Prozent Silicium
enthalten (Müller) 2).

Den Phosphor sah man früher unter allen Umständen als eine
nachteilige Beimischung, als einen Feind des Eisens an. Durch die
wichtige Entdeckung des Thomasverfahrens (1879) ist das Ansehen
des Phosphors gestiegen. Dieser Prozeſs verlangt ein phosphorreiches
Roheisen; infolgedessen wurden die vorher wertlosen phosphorhaltigen
Puddelschlacken ein gesuchtes Material und phosphorreiche Eisenerze
stiegen im Preise. Das Verhalten des Phosphors zum Eisen wurde
genau studiert. Diese Untersuchungen ergaben in Kürze das Folgende:
Phosphor verbindet sich mit dem Eisen in allen Verhältnissen bis
etwas über 26 Prozent. Hilgenstock fand 25,65 Prozent, Brackels-
berg
3) 26,36 Prozent als Maximum. Es bildet aber Phosphor mit
dem Eisen im Gegensatz zum Silicium eine Anzahl bestimmter
chemischer Verbindungen, Phosphide. Von diesen ist das Drittel-
phosphoreisen, Fe3 P (entsprechend dem Eisenkarbid Fe3 C) das feuer-
beständigste und als ein Gemengteil mancher Roheisensorten nach-
gewiesen. Leopold Schneider hat es (1886) aus acht Roheisensorten
durch Behandlung mit Kupferchlorid abgeschieden 4). Leopold
Schneider
5) und Hans von Jüptner 6) haben neben diesem Eisen-
phosphid auch ein Manganphosphid, Mn3 P2, in manchen Eisensorten

1) Siehe Stahl und Eisen 1888, S. 297.
2) Daselbst S. 376.
3) Engineering and Mining Journ. 44, 1887, p. 9.
4) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1886, S. 735.
5) Daselbst 1896, S. 736.
6) Siehe Stahl und Eisen 1897, S. 524.
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[344/0360] Chemie. Auf Fluſseisen wirkt es nach Turner 1) wie folgt: „Silicium giebt ein blasenfreies Fluſseisen und vermehrt, wie der Kohlenstoff, Festigkeit und Härte. Ein Gehalt von mehr als 0,15 Proz. macht das Fluſseisen rotbrüchig und ungeeignet zum Walzen. Zuweilen macht es das Fluſseisen kaltbrüchig. Silicium macht Fluſseisen dicht (sound), jedoch ist jeder Überschuſs zu vermeiden, da sonst Brüchig- keit und geringe Dehnbarkeit erfolgen; 0,3 Prozent gilt noch als zulässig.“ Nach Snelus macht ein Siliciumgehalt von 0,1 Prozent Fluſs- eisen schon hart und kaltbrüchig. Wo es hauptsächlich auf die Härte ankommt, wie vielfach beim Stahl, ist ein etwas höherer Siliciumgehalt in Verbindung mit einem entsprechenden Kohlengehalt statthaft. So verlangen die englischen Stahlfabrikanten bei mehr als 0,2 Procent Silicium ein Heruntergehen des Kohlenstoffs unter 0,35 Prozent. Guter Werkzeugstahl kann 0,5 bis 0,8 Prozent Silicium enthalten (Müller) 2). Den Phosphor sah man früher unter allen Umständen als eine nachteilige Beimischung, als einen Feind des Eisens an. Durch die wichtige Entdeckung des Thomasverfahrens (1879) ist das Ansehen des Phosphors gestiegen. Dieser Prozeſs verlangt ein phosphorreiches Roheisen; infolgedessen wurden die vorher wertlosen phosphorhaltigen Puddelschlacken ein gesuchtes Material und phosphorreiche Eisenerze stiegen im Preise. Das Verhalten des Phosphors zum Eisen wurde genau studiert. Diese Untersuchungen ergaben in Kürze das Folgende: Phosphor verbindet sich mit dem Eisen in allen Verhältnissen bis etwas über 26 Prozent. Hilgenstock fand 25,65 Prozent, Brackels- berg 3) 26,36 Prozent als Maximum. Es bildet aber Phosphor mit dem Eisen im Gegensatz zum Silicium eine Anzahl bestimmter chemischer Verbindungen, Phosphide. Von diesen ist das Drittel- phosphoreisen, Fe3 P (entsprechend dem Eisenkarbid Fe3 C) das feuer- beständigste und als ein Gemengteil mancher Roheisensorten nach- gewiesen. Leopold Schneider hat es (1886) aus acht Roheisensorten durch Behandlung mit Kupferchlorid abgeschieden 4). Leopold Schneider 5) und Hans von Jüptner 6) haben neben diesem Eisen- phosphid auch ein Manganphosphid, Mn3 P2, in manchen Eisensorten 1) Siehe Stahl und Eisen 1888, S. 297. 2) Daselbst S. 376. 3) Engineering and Mining Journ. 44, 1887, p. 9. 4) Siehe Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1886, S. 735. 5) Daselbst 1896, S. 736. 6) Siehe Stahl und Eisen 1897, S. 524.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/360>, abgerufen am 06.05.2024.