1890 521,5 Kil.-T., 1898 2256 Kil.-T. Deutschland erzeugte 1880 3,6 Kil.-T., 1899 1721 Kil.-T. Martinflusseisen, wovon 1694 Kil.-T. auf basischem Herde hergestellt waren.
Solange man auf den sauren Prozess allein angewiesen war, spielte der Siemens-Martinprozess nur eine untergeordnete Rolle. Er diente meist als ein Hülfsprozess, um die Flusseisenabfälle besonders bei der Schienenfabrikation vorteilhaft verwerten und in ein brauchbares Produkt überführen zu können, wobei man kaum daran dachte, bessere Qualitäten zu erzielen. Nach Einführung des basischen Futters erhielt man ein viel verwendbareres Produkt und jetzt erst begann das Flamm- ofenflusseisen dem Flammofenschweisseisen ernstlich Konkurrenz zu machen und den Puddelprozess einzuschränken.
Die wachsende Bedeutung des basischen Flussstahls ergiebt sich aus folgenden Produktionsziffern:
Erzeugung von Flusseisen.
In Kilotonnen.
[Tabelle]
Aber auch für den Stahlguss fing das Flussmetall jetzt an, eine grosse Wichtigkeit zu erlangen, und namentlich für Gussstücke, welche zäh und fest sein mussten, das Gusseisen zu verdrängen. Es fand eine so grosse Verschiebung in der Verwendung der nach dem alten und nach dem neuen Verfahren dargestellten Eisensorten statt, dass sich die alten Bezeichnungen als unzulänglich erwiesen und eine ganz neue Einteilung und Benennung der schmiedbaren Eisensorten not- wendig wurde. Hierzu trug ganz besonders der Umstand bei, dass sich ganz allgemein und überall der falsche Sprachgebrauch ein- gebürgert hatte, alles Flusseisen, d. h. alles im Erzeugungszustand flüssige Eisen als Stahl zu bezeichnen. Die Produkte des Bessemer- und Martinverfahrens nannte man in der Praxis stets Bessemerstahl und Martinstahl, obgleich der grössere Teil weiches, nicht härtbares Eisen war. Gegen die Bezeichnung Bessemerstahl hatten in England die Stahlfabrikanten von Anfang an protestiert. Sie fassten es als un- lauteren Wettbewerb auf, dass dieses minderwertige Produkt als Stahl
Einleitung 1870 bis 1900.
1890 521,5 Kil.-T., 1898 2256 Kil.-T. Deutschland erzeugte 1880 3,6 Kil.-T., 1899 1721 Kil.-T. Martinfluſseisen, wovon 1694 Kil.-T. auf basischem Herde hergestellt waren.
Solange man auf den sauren Prozeſs allein angewiesen war, spielte der Siemens-Martinprozeſs nur eine untergeordnete Rolle. Er diente meist als ein Hülfsprozeſs, um die Fluſseisenabfälle besonders bei der Schienenfabrikation vorteilhaft verwerten und in ein brauchbares Produkt überführen zu können, wobei man kaum daran dachte, bessere Qualitäten zu erzielen. Nach Einführung des basischen Futters erhielt man ein viel verwendbareres Produkt und jetzt erst begann das Flamm- ofenfluſseisen dem Flammofenschweiſseisen ernstlich Konkurrenz zu machen und den Puddelprozeſs einzuschränken.
Die wachsende Bedeutung des basischen Fluſsstahls ergiebt sich aus folgenden Produktionsziffern:
Erzeugung von Fluſseisen.
In Kilotonnen.
[Tabelle]
Aber auch für den Stahlguſs fing das Fluſsmetall jetzt an, eine groſse Wichtigkeit zu erlangen, und namentlich für Guſsstücke, welche zäh und fest sein muſsten, das Guſseisen zu verdrängen. Es fand eine so groſse Verschiebung in der Verwendung der nach dem alten und nach dem neuen Verfahren dargestellten Eisensorten statt, daſs sich die alten Bezeichnungen als unzulänglich erwiesen und eine ganz neue Einteilung und Benennung der schmiedbaren Eisensorten not- wendig wurde. Hierzu trug ganz besonders der Umstand bei, daſs sich ganz allgemein und überall der falsche Sprachgebrauch ein- gebürgert hatte, alles Fluſseisen, d. h. alles im Erzeugungszustand flüssige Eisen als Stahl zu bezeichnen. Die Produkte des Bessemer- und Martinverfahrens nannte man in der Praxis stets Bessemerstahl und Martinstahl, obgleich der gröſsere Teil weiches, nicht härtbares Eisen war. Gegen die Bezeichnung Bessemerstahl hatten in England die Stahlfabrikanten von Anfang an protestiert. Sie faſsten es als un- lauteren Wettbewerb auf, daſs dieses minderwertige Produkt als Stahl
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Einleitung 1870 bis 1900.
1890 521,5 Kil.-T., 1898 2256 Kil.-T. Deutschland erzeugte 1880
3,6 Kil.-T., 1899 1721 Kil.-T. Martinfluſseisen, wovon 1694 Kil.-T. auf
basischem Herde hergestellt waren.
Solange man auf den sauren Prozeſs allein angewiesen war, spielte
der Siemens-Martinprozeſs nur eine untergeordnete Rolle. Er diente
meist als ein Hülfsprozeſs, um die Fluſseisenabfälle besonders bei der
Schienenfabrikation vorteilhaft verwerten und in ein brauchbares
Produkt überführen zu können, wobei man kaum daran dachte, bessere
Qualitäten zu erzielen. Nach Einführung des basischen Futters erhielt
man ein viel verwendbareres Produkt und jetzt erst begann das Flamm-
ofenfluſseisen dem Flammofenschweiſseisen ernstlich Konkurrenz zu
machen und den Puddelprozeſs einzuschränken.
Die wachsende Bedeutung des basischen Fluſsstahls ergiebt sich
aus folgenden Produktionsziffern:
Erzeugung von Fluſseisen.
In Kilotonnen.
Aber auch für den Stahlguſs fing das Fluſsmetall jetzt an, eine
groſse Wichtigkeit zu erlangen, und namentlich für Guſsstücke, welche
zäh und fest sein muſsten, das Guſseisen zu verdrängen. Es fand
eine so groſse Verschiebung in der Verwendung der nach dem alten
und nach dem neuen Verfahren dargestellten Eisensorten statt, daſs
sich die alten Bezeichnungen als unzulänglich erwiesen und eine ganz
neue Einteilung und Benennung der schmiedbaren Eisensorten not-
wendig wurde. Hierzu trug ganz besonders der Umstand bei, daſs
sich ganz allgemein und überall der falsche Sprachgebrauch ein-
gebürgert hatte, alles Fluſseisen, d. h. alles im Erzeugungszustand
flüssige Eisen als Stahl zu bezeichnen. Die Produkte des Bessemer-
und Martinverfahrens nannte man in der Praxis stets Bessemerstahl
und Martinstahl, obgleich der gröſsere Teil weiches, nicht härtbares
Eisen war. Gegen die Bezeichnung Bessemerstahl hatten in England
die Stahlfabrikanten von Anfang an protestiert. Sie faſsten es als un-
lauteren Wettbewerb auf, daſs dieses minderwertige Produkt als Stahl
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/327>, abgerufen am 26.11.2024.
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