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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Vereinigten Staaten 1861 bis 1870.

Von wichtigeren Gründungen in den einzelnen Staaten ausser
den bereits angeführten und den später zu erwähnenden Stahlwerken
nennen wir die nachfolgenden. In Pennsylvanien wurde 1867
der Emma-Ofen bei Logan im Juniatathal erbaut. Das erste
Walzwerk in Tennessee war Vulcan Rolling mill, welches 1861 von
S. B. Lowe bei Chattanooga gegründet wurde. Es wurde 1863 von
den nordstaatlichen Truppen niedergebrannt, aber 1866 von Lowe
wieder aufgebaut. 1864 war ein Walzwerk zum Umwalzen alter
Schienen im Auftrag der republikanischen Regierung von John Fritz,
Direktor der Bethlehem-Werke, erbaut worden. Zu Knoxville erwarb
sich die dortige Rädergesellschaft grossen Ruf durch ihre vorzüglichen
Hartgussräder, die sie aus Holzkohlenroheisen von dem Carter-Ofen
und anderen Hochöfen von Osttennessee goss. In Alabama wurden
während des Krieges verschiedene Holzkohlenhochöfen erbaut, so einer
in Sanford County 1861, der Cornwallofen bei Cedar Bluff 1862, ein
zweiter Ofen bei Shelby 1863, Alabamaofen 1863 und zwei kleine
Hochöfen bei Bierford 1863 und 1864. Der Shelbyofen mit Walzwerk
lieferte Panzerplatten für die Südstaaten, namentlich wurden die
Platten für das Panzerschiff Tennessee hier gegossen. Zu Selma
wurden Kanonen für die Regierung gegossen. In Ohio wurde im
Clevelanddistrikt 1861/62 das Union-Walzwerk erbaut. In Wisconsin
baute die Wisconsin-Eisengesellschaft 1865 bei Iron Ridge einen Holz-
kohlenhochofen. 1868 wurde das erste Walzwerk bei Millwaukee
errichtet. Der erste Hochofen bei St. Louis war der Pionierofen bei
Corondelet, der 1863 für Koksbetrieb aufgeführt wurde. Auch in
Texas wurden während des Krieges mehrere neue Eisenhütten, meist
Rennwerke, erbaut, um Eisen für die südstaatliche Armee zu liefern,
so z. B. 1863 bei Nashville ein Rennwerk mit Dampfbetrieb, ein
anderes, "Montalbo", lieferte Eisen für die Gewehre der Konföderierten.
Alle diese Anlagen verschwanden teils während des Krieges, teils nach
demselben. 1869 wurde bei Jefferson ein Holzkohlenhochofen errichtet.
In Californien wurde 1868 ein Walzwerk für Schienen und Faconeisen
bei San Franzisko angelegt. Zu Oswego wurde 1866/67 der erste
Holzkohlenhochofen in Oregon erbaut.

Die Geschichte der Einführung des Bessemerprozesses in den
Vereinigten Staaten von Nordamerika, die sich erst spät und nach
Überwindung vieler Schwierigkeiten vollzog, ist von allgemeinem
Interesse. Henry Bessemer nahm dort schon im Jahre 1856 zwei
Patente auf seine Erfindung, die aber sogleich von dem Amerikaner
William Kelly, der die Priorität der Erfindung beanspruchte, mit

Die Vereinigten Staaten 1861 bis 1870.

Von wichtigeren Gründungen in den einzelnen Staaten auſser
den bereits angeführten und den später zu erwähnenden Stahlwerken
nennen wir die nachfolgenden. In Pennsylvanien wurde 1867
der Emma-Ofen bei Logan im Juniatathal erbaut. Das erste
Walzwerk in Tennessee war Vulcan Rolling mill, welches 1861 von
S. B. Lowe bei Chattanooga gegründet wurde. Es wurde 1863 von
den nordstaatlichen Truppen niedergebrannt, aber 1866 von Lowe
wieder aufgebaut. 1864 war ein Walzwerk zum Umwalzen alter
Schienen im Auftrag der republikanischen Regierung von John Fritz,
Direktor der Bethlehem-Werke, erbaut worden. Zu Knoxville erwarb
sich die dortige Rädergesellschaft groſsen Ruf durch ihre vorzüglichen
Hartguſsräder, die sie aus Holzkohlenroheisen von dem Carter-Ofen
und anderen Hochöfen von Osttennessee goſs. In Alabama wurden
während des Krieges verschiedene Holzkohlenhochöfen erbaut, so einer
in Sanford County 1861, der Cornwallofen bei Cedar Bluff 1862, ein
zweiter Ofen bei Shelby 1863, Alabamaofen 1863 und zwei kleine
Hochöfen bei Bierford 1863 und 1864. Der Shelbyofen mit Walzwerk
lieferte Panzerplatten für die Südstaaten, namentlich wurden die
Platten für das Panzerschiff Tennessee hier gegossen. Zu Selma
wurden Kanonen für die Regierung gegossen. In Ohio wurde im
Clevelanddistrikt 1861/62 das Union-Walzwerk erbaut. In Wisconsin
baute die Wisconsin-Eisengesellschaft 1865 bei Iron Ridge einen Holz-
kohlenhochofen. 1868 wurde das erste Walzwerk bei Millwaukee
errichtet. Der erste Hochofen bei St. Louis war der Pionierofen bei
Corondelet, der 1863 für Koksbetrieb aufgeführt wurde. Auch in
Texas wurden während des Krieges mehrere neue Eisenhütten, meist
Rennwerke, erbaut, um Eisen für die südstaatliche Armee zu liefern,
so z. B. 1863 bei Nashville ein Rennwerk mit Dampfbetrieb, ein
anderes, „Montalbo“, lieferte Eisen für die Gewehre der Konföderierten.
Alle diese Anlagen verschwanden teils während des Krieges, teils nach
demselben. 1869 wurde bei Jefferson ein Holzkohlenhochofen errichtet.
In Californien wurde 1868 ein Walzwerk für Schienen und Façoneisen
bei San Franzisko angelegt. Zu Oswego wurde 1866/67 der erste
Holzkohlenhochofen in Oregon erbaut.

Die Geschichte der Einführung des Bessemerprozesses in den
Vereinigten Staaten von Nordamerika, die sich erst spät und nach
Überwindung vieler Schwierigkeiten vollzog, ist von allgemeinem
Interesse. Henry Bessemer nahm dort schon im Jahre 1856 zwei
Patente auf seine Erfindung, die aber sogleich von dem Amerikaner
William Kelly, der die Priorität der Erfindung beanspruchte, mit

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[293/0309] Die Vereinigten Staaten 1861 bis 1870. Von wichtigeren Gründungen in den einzelnen Staaten auſser den bereits angeführten und den später zu erwähnenden Stahlwerken nennen wir die nachfolgenden. In Pennsylvanien wurde 1867 der Emma-Ofen bei Logan im Juniatathal erbaut. Das erste Walzwerk in Tennessee war Vulcan Rolling mill, welches 1861 von S. B. Lowe bei Chattanooga gegründet wurde. Es wurde 1863 von den nordstaatlichen Truppen niedergebrannt, aber 1866 von Lowe wieder aufgebaut. 1864 war ein Walzwerk zum Umwalzen alter Schienen im Auftrag der republikanischen Regierung von John Fritz, Direktor der Bethlehem-Werke, erbaut worden. Zu Knoxville erwarb sich die dortige Rädergesellschaft groſsen Ruf durch ihre vorzüglichen Hartguſsräder, die sie aus Holzkohlenroheisen von dem Carter-Ofen und anderen Hochöfen von Osttennessee goſs. In Alabama wurden während des Krieges verschiedene Holzkohlenhochöfen erbaut, so einer in Sanford County 1861, der Cornwallofen bei Cedar Bluff 1862, ein zweiter Ofen bei Shelby 1863, Alabamaofen 1863 und zwei kleine Hochöfen bei Bierford 1863 und 1864. Der Shelbyofen mit Walzwerk lieferte Panzerplatten für die Südstaaten, namentlich wurden die Platten für das Panzerschiff Tennessee hier gegossen. Zu Selma wurden Kanonen für die Regierung gegossen. In Ohio wurde im Clevelanddistrikt 1861/62 das Union-Walzwerk erbaut. In Wisconsin baute die Wisconsin-Eisengesellschaft 1865 bei Iron Ridge einen Holz- kohlenhochofen. 1868 wurde das erste Walzwerk bei Millwaukee errichtet. Der erste Hochofen bei St. Louis war der Pionierofen bei Corondelet, der 1863 für Koksbetrieb aufgeführt wurde. Auch in Texas wurden während des Krieges mehrere neue Eisenhütten, meist Rennwerke, erbaut, um Eisen für die südstaatliche Armee zu liefern, so z. B. 1863 bei Nashville ein Rennwerk mit Dampfbetrieb, ein anderes, „Montalbo“, lieferte Eisen für die Gewehre der Konföderierten. Alle diese Anlagen verschwanden teils während des Krieges, teils nach demselben. 1869 wurde bei Jefferson ein Holzkohlenhochofen errichtet. In Californien wurde 1868 ein Walzwerk für Schienen und Façoneisen bei San Franzisko angelegt. Zu Oswego wurde 1866/67 der erste Holzkohlenhochofen in Oregon erbaut. Die Geschichte der Einführung des Bessemerprozesses in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, die sich erst spät und nach Überwindung vieler Schwierigkeiten vollzog, ist von allgemeinem Interesse. Henry Bessemer nahm dort schon im Jahre 1856 zwei Patente auf seine Erfindung, die aber sogleich von dem Amerikaner William Kelly, der die Priorität der Erfindung beanspruchte, mit

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/309>, abgerufen am 28.11.2024.