wie je zuvor empfunden, nachdem die Eisenbahnen das Gebiet dem Weltverkehr erschlossen und die Kokszufuhr aus dem Ruhrgebiete erleichtert hatten. Der Zweck der Beschränkungen war die Schonung der Wälder gewesen; sobald man zu Koksbetrieb überging, hatten sie keinen Sinn mehr und waren eigentlich auch nicht mehr rechtsver- bindlich; trotzdem erhielten sie sich aus uralter Gewohnheit. Man erhoffte die förmliche Aufhebung der alten Hütten- und Hammer- ordnungen durch das neue in Beratung begriffene preussische Berg- gesetz, und man sah mit Ungeduld der Einführung desselben ent- gegen. Diese zog sich lange Zeit hin, erst am 25. Juli 1865 trat endlich das neue Berggesetz in Kraft und damit eine neue Ära für die Siegensche Eisenindustrie.
Schon einige Jahre zuvor (1862) hatten die Gewerken der Eisenhütte bei Niederschelden einen Kokshochofen nach modernen Grundsätzen zu Charlottenhütte erbaut, nachdem es J. H. Dresler auf der Heinrichshütte bei Hamm an der Sieg gelungen war, sogar Spiegeleisen mit Koks zu erzeugen. Auf der Heinrichshütte führte man auch den Langenschen Gasfang ein. Auf der Charlottenhütte legte man grossen Wert auf die Gestellkühlung. Der Hochofen der Charlottenhütte lieferte 1864 30000 kg Spiegeleisen oder 35000 kg Roheisen in 24 Stunden.
Gegen Ende der alten Zeit veröffentlichte der bekannte fran- zösische Hütteningenieur Jordan eine interessante Studie über das Siegerland 1), zu der er angeregt wurde durch die Aufmerksam- keit, welche besonders seit der Weltausstellung in London 1862 das siegensche Spiegeleisen erregte und durch den Wunsch, die Fabri- kation desselben auch in Frankreich einzuführen. Nach diesem Bericht waren 1863 17 Hochöfen im Siegerlande im Betriebe, welche 28050 Tonnen Roheisen und 7550 Tonnen Spiegeleisen produ- zierten, ausserdem wurden erzeugt 1730 Tonnen Eisengusswaren, 14900 Tonnen Stabblecheisen und Rohstahl, 4150 Tonnen Schwarz- blech und 2550 Tonnen Eisendraht 2). Die Hütten bei Müsen erzeug- ten 1862/63 3813 Tonnen Rohstahleisen (Spiegeleisen), 233 Tonnen Puddel- und 64 Tonnen Rohstahl.
In Westfalen arbeitete man 1861 noch vielfach mit gemischtem Brennmaterial, d. h. einem Gemenge von Koks und Holzkohlen.
1) Siehe Jordan, Etat actuel de la Metallurgie du Fer dans le Pays de Siegen (Prusse), 1864.
2) Vergl. auch Masse der Eisen- und Stahlhütten im Siegerland in 1862. Berggeist, 30. Januar 1866.
Deutschland 1861 bis 1870.
wie je zuvor empfunden, nachdem die Eisenbahnen das Gebiet dem Weltverkehr erschlossen und die Kokszufuhr aus dem Ruhrgebiete erleichtert hatten. Der Zweck der Beschränkungen war die Schonung der Wälder gewesen; sobald man zu Koksbetrieb überging, hatten sie keinen Sinn mehr und waren eigentlich auch nicht mehr rechtsver- bindlich; trotzdem erhielten sie sich aus uralter Gewohnheit. Man erhoffte die förmliche Aufhebung der alten Hütten- und Hammer- ordnungen durch das neue in Beratung begriffene preuſsische Berg- gesetz, und man sah mit Ungeduld der Einführung desselben ent- gegen. Diese zog sich lange Zeit hin, erst am 25. Juli 1865 trat endlich das neue Berggesetz in Kraft und damit eine neue Ära für die Siegensche Eisenindustrie.
Schon einige Jahre zuvor (1862) hatten die Gewerken der Eisenhütte bei Niederschelden einen Kokshochofen nach modernen Grundsätzen zu Charlottenhütte erbaut, nachdem es J. H. Dresler auf der Heinrichshütte bei Hamm an der Sieg gelungen war, sogar Spiegeleisen mit Koks zu erzeugen. Auf der Heinrichshütte führte man auch den Langenschen Gasfang ein. Auf der Charlottenhütte legte man groſsen Wert auf die Gestellkühlung. Der Hochofen der Charlottenhütte lieferte 1864 30000 kg Spiegeleisen oder 35000 kg Roheisen in 24 Stunden.
Gegen Ende der alten Zeit veröffentlichte der bekannte fran- zösische Hütteningenieur Jordan eine interessante Studie über das Siegerland 1), zu der er angeregt wurde durch die Aufmerksam- keit, welche besonders seit der Weltausstellung in London 1862 das siegensche Spiegeleisen erregte und durch den Wunsch, die Fabri- kation desselben auch in Frankreich einzuführen. Nach diesem Bericht waren 1863 17 Hochöfen im Siegerlande im Betriebe, welche 28050 Tonnen Roheisen und 7550 Tonnen Spiegeleisen produ- zierten, auſserdem wurden erzeugt 1730 Tonnen Eisenguſswaren, 14900 Tonnen Stabblecheisen und Rohstahl, 4150 Tonnen Schwarz- blech und 2550 Tonnen Eisendraht 2). Die Hütten bei Müsen erzeug- ten 1862/63 3813 Tonnen Rohstahleisen (Spiegeleisen), 233 Tonnen Puddel- und 64 Tonnen Rohstahl.
In Westfalen arbeitete man 1861 noch vielfach mit gemischtem Brennmaterial, d. h. einem Gemenge von Koks und Holzkohlen.
1) Siehe Jordan, État actuel de la Métallurgie du Fer dans le Pays de Siegen (Prusse), 1864.
2) Vergl. auch Maſse der Eisen- und Stahlhütten im Siegerland in 1862. Berggeist, 30. Januar 1866.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0281"n="265"/><fwplace="top"type="header">Deutschland 1861 bis 1870.</fw><lb/>
wie je zuvor empfunden, nachdem die Eisenbahnen das Gebiet dem<lb/>
Weltverkehr erschlossen und die Kokszufuhr aus dem Ruhrgebiete<lb/>
erleichtert hatten. Der Zweck der Beschränkungen war die Schonung<lb/>
der Wälder gewesen; sobald man zu Koksbetrieb überging, hatten sie<lb/>
keinen Sinn mehr und waren eigentlich auch nicht mehr rechtsver-<lb/>
bindlich; trotzdem erhielten sie sich aus uralter Gewohnheit. Man<lb/>
erhoffte die förmliche Aufhebung der alten Hütten- und Hammer-<lb/>
ordnungen durch das neue in Beratung begriffene preuſsische Berg-<lb/>
gesetz, und man sah mit Ungeduld der Einführung desselben ent-<lb/>
gegen. Diese zog sich lange Zeit hin, erst am 25. Juli 1865 trat<lb/>
endlich das neue Berggesetz in Kraft und damit eine neue Ära für<lb/>
die Siegensche Eisenindustrie.</p><lb/><p>Schon einige Jahre zuvor (1862) hatten die Gewerken der<lb/>
Eisenhütte bei Niederschelden einen Kokshochofen nach modernen<lb/>
Grundsätzen zu Charlottenhütte erbaut, nachdem es J. H. <hirendition="#g">Dresler</hi><lb/>
auf der Heinrichshütte bei Hamm an der Sieg gelungen war, sogar<lb/>
Spiegeleisen mit Koks zu erzeugen. Auf der Heinrichshütte führte<lb/>
man auch den <hirendition="#g">Langens</hi>chen Gasfang ein. Auf der Charlottenhütte<lb/>
legte man groſsen Wert auf die Gestellkühlung. Der Hochofen der<lb/>
Charlottenhütte lieferte 1864 30000 kg Spiegeleisen oder 35000 kg<lb/>
Roheisen in 24 Stunden.</p><lb/><p>Gegen Ende der alten Zeit veröffentlichte der bekannte fran-<lb/>
zösische Hütteningenieur <hirendition="#g">Jordan</hi> eine interessante Studie über das<lb/>
Siegerland <noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Jordan</hi>, État actuel de la Métallurgie du Fer dans le Pays de<lb/>
Siegen (Prusse), 1864.</note>, zu der er angeregt wurde durch die Aufmerksam-<lb/>
keit, welche besonders seit der Weltausstellung in London 1862 das<lb/>
siegensche Spiegeleisen erregte und durch den Wunsch, die Fabri-<lb/>
kation desselben auch in Frankreich einzuführen. Nach diesem<lb/>
Bericht waren 1863 17 Hochöfen im Siegerlande im Betriebe,<lb/>
welche 28050 Tonnen Roheisen und 7550 Tonnen Spiegeleisen produ-<lb/>
zierten, auſserdem wurden erzeugt 1730 Tonnen Eisenguſswaren,<lb/>
14900 Tonnen Stabblecheisen und Rohstahl, 4150 Tonnen Schwarz-<lb/>
blech und 2550 Tonnen Eisendraht <noteplace="foot"n="2)">Vergl. auch Maſse der Eisen- und Stahlhütten im Siegerland in 1862.<lb/>
Berggeist, 30. Januar 1866.</note>. Die Hütten bei Müsen erzeug-<lb/>
ten 1862/63 3813 Tonnen Rohstahleisen (Spiegeleisen), 233 Tonnen<lb/>
Puddel- und 64 Tonnen Rohstahl.</p><lb/><p>In <hirendition="#g">Westfalen</hi> arbeitete man 1861 noch vielfach mit gemischtem<lb/>
Brennmaterial, d. h. einem Gemenge von Koks und Holzkohlen.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[265/0281]
Deutschland 1861 bis 1870.
wie je zuvor empfunden, nachdem die Eisenbahnen das Gebiet dem
Weltverkehr erschlossen und die Kokszufuhr aus dem Ruhrgebiete
erleichtert hatten. Der Zweck der Beschränkungen war die Schonung
der Wälder gewesen; sobald man zu Koksbetrieb überging, hatten sie
keinen Sinn mehr und waren eigentlich auch nicht mehr rechtsver-
bindlich; trotzdem erhielten sie sich aus uralter Gewohnheit. Man
erhoffte die förmliche Aufhebung der alten Hütten- und Hammer-
ordnungen durch das neue in Beratung begriffene preuſsische Berg-
gesetz, und man sah mit Ungeduld der Einführung desselben ent-
gegen. Diese zog sich lange Zeit hin, erst am 25. Juli 1865 trat
endlich das neue Berggesetz in Kraft und damit eine neue Ära für
die Siegensche Eisenindustrie.
Schon einige Jahre zuvor (1862) hatten die Gewerken der
Eisenhütte bei Niederschelden einen Kokshochofen nach modernen
Grundsätzen zu Charlottenhütte erbaut, nachdem es J. H. Dresler
auf der Heinrichshütte bei Hamm an der Sieg gelungen war, sogar
Spiegeleisen mit Koks zu erzeugen. Auf der Heinrichshütte führte
man auch den Langenschen Gasfang ein. Auf der Charlottenhütte
legte man groſsen Wert auf die Gestellkühlung. Der Hochofen der
Charlottenhütte lieferte 1864 30000 kg Spiegeleisen oder 35000 kg
Roheisen in 24 Stunden.
Gegen Ende der alten Zeit veröffentlichte der bekannte fran-
zösische Hütteningenieur Jordan eine interessante Studie über das
Siegerland 1), zu der er angeregt wurde durch die Aufmerksam-
keit, welche besonders seit der Weltausstellung in London 1862 das
siegensche Spiegeleisen erregte und durch den Wunsch, die Fabri-
kation desselben auch in Frankreich einzuführen. Nach diesem
Bericht waren 1863 17 Hochöfen im Siegerlande im Betriebe,
welche 28050 Tonnen Roheisen und 7550 Tonnen Spiegeleisen produ-
zierten, auſserdem wurden erzeugt 1730 Tonnen Eisenguſswaren,
14900 Tonnen Stabblecheisen und Rohstahl, 4150 Tonnen Schwarz-
blech und 2550 Tonnen Eisendraht 2). Die Hütten bei Müsen erzeug-
ten 1862/63 3813 Tonnen Rohstahleisen (Spiegeleisen), 233 Tonnen
Puddel- und 64 Tonnen Rohstahl.
In Westfalen arbeitete man 1861 noch vielfach mit gemischtem
Brennmaterial, d. h. einem Gemenge von Koks und Holzkohlen.
1) Siehe Jordan, État actuel de la Métallurgie du Fer dans le Pays de
Siegen (Prusse), 1864.
2) Vergl. auch Maſse der Eisen- und Stahlhütten im Siegerland in 1862.
Berggeist, 30. Januar 1866.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/281>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.