Fortschritte in der Verwendung des Stahls und Flusseisens 1861 bis 1870.
Durch Bessemers Erfindung und die Einführung derselben in die Praxis wurde der Technik ein ganz neues Material zur Verarbeitung geboten. Dasselbe wurde zwar von dem Erfinder und auch von dem Publikum als Stahl bezeichnet, doch war der Bessemerstahl durchaus verschieden sowohl von dem Schweissstahl als von dem Tiegelgussstahl. Abgesehen von seinen abweichenden Eigenschaften unterschied er sich von ersterem dadurch, dass er als flüssiges Metall erhalten wurde, von letzterem dadurch, dass es kein umgeschmolzenes Material, sondern ein durch den pneumatischen Prozess aus Roheisen gebildetes Produkt war. Dieses zeigte zwar Ähnlichkeit mit dem Tiegelstahl, erreichte aber nicht dessen Güte; die Engländer nannten es deshalb zur Unterscheidung lieber Bessemermetall.
Als nun auch noch der in seinem Verhalten ähnliche Siemens-Martin- stahl hinzukam, schien eine bedenkliche Verwirrung dadurch einzureissen, dass man alle diese verschiedenen und auf verschiedene Weise erzeugten Eisenkohlenstoffverbindungen mit demselben Namen Stahl bezeichnete. Es war deshalb ein dankenswerter Fortschritt für die deutsche Sprache, als Professor Wedding für alle durch einmalige Schmelzung aus den Rohstoffen in flüssigem Zustande erhaltenen Stahl- und Eisen- sorten die Namen Flusseisen und Flussstahl vorschlug, die sich rasch einbürgerten. Dieses neue Material wurde anfänglich noch mit Miss- trauen betrachtet und fand erst nach und nach allgemeinere Ver- wendung, wie wir bereits an vielen Beispielen gezeigt haben. Ausser für Eisenbahnschienen wurde es schon frühe beim Schiffsbau verwendet. Das erste Handelsschiff, das aus Bessemerstahlplatten hergestellt wurde, war der 1859/60 erbaute Jason, ein für Fahrten auf dem Schwarzen Meere bestimmtes englisches Schiff von 452 Tonnen Tragfähigkeit. Diesem folgten 1860/61 fünf Kanaldampfer.
1862 begann die Verwendung des Bessemermetalls für Dampfkessel. P. Harkort hatte bereits durch Versuche nachgewiesen, dass Gussstahl- kessel in der gleichen Zeit 20 bis 28 Prozent mehr verdampfen, als Eisenblechkessel, dass sie wegen glatterer Oberfläche weniger Kessel- stein ansetzen und eine 40 bis 50 Prozent grössere Festigkeit besitzen.
Samuel Adamson veranlasste 1862 die Firma Platt in Oldham, zwei Dampfkessel von 7 Fuss Durchmesser und 36 Fuss Länge aus
Fortschritte in der Verwendung des Stahls
Fortschritte in der Verwendung des Stahls und Fluſseisens 1861 bis 1870.
Durch Bessemers Erfindung und die Einführung derselben in die Praxis wurde der Technik ein ganz neues Material zur Verarbeitung geboten. Dasselbe wurde zwar von dem Erfinder und auch von dem Publikum als Stahl bezeichnet, doch war der Bessemerstahl durchaus verschieden sowohl von dem Schweiſsstahl als von dem Tiegelguſsstahl. Abgesehen von seinen abweichenden Eigenschaften unterschied er sich von ersterem dadurch, daſs er als flüssiges Metall erhalten wurde, von letzterem dadurch, daſs es kein umgeschmolzenes Material, sondern ein durch den pneumatischen Prozeſs aus Roheisen gebildetes Produkt war. Dieses zeigte zwar Ähnlichkeit mit dem Tiegelstahl, erreichte aber nicht dessen Güte; die Engländer nannten es deshalb zur Unterscheidung lieber Bessemermetall.
Als nun auch noch der in seinem Verhalten ähnliche Siemens-Martin- stahl hinzukam, schien eine bedenkliche Verwirrung dadurch einzureiſsen, daſs man alle diese verschiedenen und auf verschiedene Weise erzeugten Eisenkohlenstoffverbindungen mit demselben Namen Stahl bezeichnete. Es war deshalb ein dankenswerter Fortschritt für die deutsche Sprache, als Professor Wedding für alle durch einmalige Schmelzung aus den Rohstoffen in flüssigem Zustande erhaltenen Stahl- und Eisen- sorten die Namen Fluſseisen und Fluſsstahl vorschlug, die sich rasch einbürgerten. Dieses neue Material wurde anfänglich noch mit Miſs- trauen betrachtet und fand erst nach und nach allgemeinere Ver- wendung, wie wir bereits an vielen Beispielen gezeigt haben. Auſser für Eisenbahnschienen wurde es schon frühe beim Schiffsbau verwendet. Das erste Handelsschiff, das aus Bessemerstahlplatten hergestellt wurde, war der 1859/60 erbaute Jason, ein für Fahrten auf dem Schwarzen Meere bestimmtes englisches Schiff von 452 Tonnen Tragfähigkeit. Diesem folgten 1860/61 fünf Kanaldampfer.
1862 begann die Verwendung des Bessemermetalls für Dampfkessel. P. Harkort hatte bereits durch Versuche nachgewiesen, daſs Guſsstahl- kessel in der gleichen Zeit 20 bis 28 Prozent mehr verdampfen, als Eisenblechkessel, daſs sie wegen glatterer Oberfläche weniger Kessel- stein ansetzen und eine 40 bis 50 Prozent gröſsere Festigkeit besitzen.
Samuel Adamson veranlaſste 1862 die Firma Platt in Oldham, zwei Dampfkessel von 7 Fuſs Durchmesser und 36 Fuſs Länge aus
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Fortschritte in der Verwendung des Stahls
Fortschritte in der Verwendung des Stahls und Fluſseisens
1861 bis 1870.
Durch Bessemers Erfindung und die Einführung derselben in die
Praxis wurde der Technik ein ganz neues Material zur Verarbeitung
geboten. Dasselbe wurde zwar von dem Erfinder und auch von dem
Publikum als Stahl bezeichnet, doch war der Bessemerstahl durchaus
verschieden sowohl von dem Schweiſsstahl als von dem Tiegelguſsstahl.
Abgesehen von seinen abweichenden Eigenschaften unterschied er sich
von ersterem dadurch, daſs er als flüssiges Metall erhalten wurde,
von letzterem dadurch, daſs es kein umgeschmolzenes Material, sondern
ein durch den pneumatischen Prozeſs aus Roheisen gebildetes Produkt
war. Dieses zeigte zwar Ähnlichkeit mit dem Tiegelstahl, erreichte
aber nicht dessen Güte; die Engländer nannten es deshalb zur
Unterscheidung lieber Bessemermetall.
Als nun auch noch der in seinem Verhalten ähnliche Siemens-Martin-
stahl hinzukam, schien eine bedenkliche Verwirrung dadurch einzureiſsen,
daſs man alle diese verschiedenen und auf verschiedene Weise erzeugten
Eisenkohlenstoffverbindungen mit demselben Namen Stahl bezeichnete.
Es war deshalb ein dankenswerter Fortschritt für die deutsche
Sprache, als Professor Wedding für alle durch einmalige Schmelzung
aus den Rohstoffen in flüssigem Zustande erhaltenen Stahl- und Eisen-
sorten die Namen Fluſseisen und Fluſsstahl vorschlug, die sich rasch
einbürgerten. Dieses neue Material wurde anfänglich noch mit Miſs-
trauen betrachtet und fand erst nach und nach allgemeinere Ver-
wendung, wie wir bereits an vielen Beispielen gezeigt haben. Auſser
für Eisenbahnschienen wurde es schon frühe beim Schiffsbau verwendet.
Das erste Handelsschiff, das aus Bessemerstahlplatten hergestellt wurde,
war der 1859/60 erbaute Jason, ein für Fahrten auf dem Schwarzen
Meere bestimmtes englisches Schiff von 452 Tonnen Tragfähigkeit.
Diesem folgten 1860/61 fünf Kanaldampfer.
1862 begann die Verwendung des Bessemermetalls für Dampfkessel.
P. Harkort hatte bereits durch Versuche nachgewiesen, daſs Guſsstahl-
kessel in der gleichen Zeit 20 bis 28 Prozent mehr verdampfen, als
Eisenblechkessel, daſs sie wegen glatterer Oberfläche weniger Kessel-
stein ansetzen und eine 40 bis 50 Prozent gröſsere Festigkeit besitzen.
Samuel Adamson veranlaſste 1862 die Firma Platt in Oldham,
zwei Dampfkessel von 7 Fuſs Durchmesser und 36 Fuſs Länge aus
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/234>, abgerufen am 22.11.2024.
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