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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Fortschritte der Bearbeitung des Eisens 1861 bis 1870.
und dann in einer zweiten Hitze auswalzte. Allgemein brauchte man
1867 nur 2 Hitzen, während man 1862 zu Sheffield noch 4 nötig
gehabt hatte. Man benutzte kräftige Walzwerke von 150 Pferdekräften
In Bochum goss man 1867 die Blöcke 1150 kg schwer für 4 Schienen,
walzte die überschmiedeten Blöcke in Stangen von einem halben Fuss
im Quadrat, die man in 4 Stücke zersägte und dann auf einer Walzen-
strasse von 200 Pferdekräften und mehr auswalzte. Das Schienen-
walzwerk von John Brown in Sheffield hatte 1867 eine Dampf-
maschine von 400 Pferdekräften, die mit 60 Pfund Dampfdruck
arbeitete. Das neue Schienenwalzwerk zu Dowlais wurde 1868 von
2 Balanciermaschinen von 800 Pferdekräften getrieben. Von schmiede-
eisernen Schienen mit Stahlköpfen kam man um so mehr ab, je billiger
der Bessemerstahl hergestellt wurde.

Ein neues wichtiges Absatzgebiet für die Walzindustrie begann
sich dadurch zu eröffnen, dass man versuchte, bei dem Eisenbahn-
unterbau
die Holzschwellen durch Walzeisen zu ersetzen.

Der Engländer Barlow war der erste, der lange sattel-
förmige Laschen (Längsschwellen), die kontinuierliche Lastträger
bildeten, direkt auf die Kiesbettung des Eisenbahndammes legte und
sie mittels eiserner Querverbindungen in der richtigen Spur hielt.
Dieser Barlowsche Oberbau war 1862 auf der Londoner Weltaus-
stellung zu sehen. Die Barlowschiene bewährte sich aber in der
Praxis nicht. Hierauf wurden andere Vorschläge von Scheffler und
Heusinger in Deutschland, von Köstlin und Balting in Wien und
von Mazilier in Paris gemacht. Eiserne Querschwellen wurden 1864
mit Erfolg in Belgien angewendet. In demselben Jahre schlug Geheimer
Baurat Hartwich ein System vor, welches dem von Barlow ähnlich
war. Schiene und Schwelle bestanden auch hier aus einem Stück,
aber er machte seine Schiene 11 Zoll hoch statt sonst 5 Zoll. Durch
die doppelte Höhe erreichte er die doppelte Tragfähigkeit und brauchte
die Schiene nur in den vierfachen Abständen zu unterstützen.

Auf der Pariser Weltausstellung konnte man die verschiedenen
vorgeführten eisernen Schwellen für den Eisenbahnoberbau bereits in
drei Klassen einteilen. 1. Isolierte Schwellen in Glocken- oder Platten-
form, sogenannte Glockenstühle. Solche waren auf der Bahn von
Kairo nach Alexandria angewendet worden, hatten sich aber nicht
bewährt. 2. Längsschwellen, wie die oben angeführten. Hiervon gab
es viele Systeme, die aber alle wieder verlassen worden waren.
3. Querschwellen, die ähnlich wie die Holzschwellen gelegt wurden.
Diese waren auf der Bahn von Sclessin nach Lüttich in Anwendung

Beck, Geschichte des Eisens. 14

Fortschritte der Bearbeitung des Eisens 1861 bis 1870.
und dann in einer zweiten Hitze auswalzte. Allgemein brauchte man
1867 nur 2 Hitzen, während man 1862 zu Sheffield noch 4 nötig
gehabt hatte. Man benutzte kräftige Walzwerke von 150 Pferdekräften
In Bochum goſs man 1867 die Blöcke 1150 kg schwer für 4 Schienen,
walzte die überschmiedeten Blöcke in Stangen von einem halben Fuſs
im Quadrat, die man in 4 Stücke zersägte und dann auf einer Walzen-
straſse von 200 Pferdekräften und mehr auswalzte. Das Schienen-
walzwerk von John Brown in Sheffield hatte 1867 eine Dampf-
maschine von 400 Pferdekräften, die mit 60 Pfund Dampfdruck
arbeitete. Das neue Schienenwalzwerk zu Dowlais wurde 1868 von
2 Balanciermaschinen von 800 Pferdekräften getrieben. Von schmiede-
eisernen Schienen mit Stahlköpfen kam man um so mehr ab, je billiger
der Bessemerstahl hergestellt wurde.

Ein neues wichtiges Absatzgebiet für die Walzindustrie begann
sich dadurch zu eröffnen, daſs man versuchte, bei dem Eisenbahn-
unterbau
die Holzschwellen durch Walzeisen zu ersetzen.

Der Engländer Barlow war der erste, der lange sattel-
förmige Laschen (Längsschwellen), die kontinuierliche Lastträger
bildeten, direkt auf die Kiesbettung des Eisenbahndammes legte und
sie mittels eiserner Querverbindungen in der richtigen Spur hielt.
Dieser Barlowsche Oberbau war 1862 auf der Londoner Weltaus-
stellung zu sehen. Die Barlowschiene bewährte sich aber in der
Praxis nicht. Hierauf wurden andere Vorschläge von Scheffler und
Heusinger in Deutschland, von Köstlin und Balting in Wien und
von Mazilier in Paris gemacht. Eiserne Querschwellen wurden 1864
mit Erfolg in Belgien angewendet. In demselben Jahre schlug Geheimer
Baurat Hartwich ein System vor, welches dem von Barlow ähnlich
war. Schiene und Schwelle bestanden auch hier aus einem Stück,
aber er machte seine Schiene 11 Zoll hoch statt sonst 5 Zoll. Durch
die doppelte Höhe erreichte er die doppelte Tragfähigkeit und brauchte
die Schiene nur in den vierfachen Abständen zu unterstützen.

Auf der Pariser Weltausstellung konnte man die verschiedenen
vorgeführten eisernen Schwellen für den Eisenbahnoberbau bereits in
drei Klassen einteilen. 1. Isolierte Schwellen in Glocken- oder Platten-
form, sogenannte Glockenstühle. Solche waren auf der Bahn von
Kairo nach Alexandria angewendet worden, hatten sich aber nicht
bewährt. 2. Längsschwellen, wie die oben angeführten. Hiervon gab
es viele Systeme, die aber alle wieder verlassen worden waren.
3. Querschwellen, die ähnlich wie die Holzschwellen gelegt wurden.
Diese waren auf der Bahn von Sclessin nach Lüttich in Anwendung

Beck, Geschichte des Eisens. 14
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[209/0225] Fortschritte der Bearbeitung des Eisens 1861 bis 1870. und dann in einer zweiten Hitze auswalzte. Allgemein brauchte man 1867 nur 2 Hitzen, während man 1862 zu Sheffield noch 4 nötig gehabt hatte. Man benutzte kräftige Walzwerke von 150 Pferdekräften In Bochum goſs man 1867 die Blöcke 1150 kg schwer für 4 Schienen, walzte die überschmiedeten Blöcke in Stangen von einem halben Fuſs im Quadrat, die man in 4 Stücke zersägte und dann auf einer Walzen- straſse von 200 Pferdekräften und mehr auswalzte. Das Schienen- walzwerk von John Brown in Sheffield hatte 1867 eine Dampf- maschine von 400 Pferdekräften, die mit 60 Pfund Dampfdruck arbeitete. Das neue Schienenwalzwerk zu Dowlais wurde 1868 von 2 Balanciermaschinen von 800 Pferdekräften getrieben. Von schmiede- eisernen Schienen mit Stahlköpfen kam man um so mehr ab, je billiger der Bessemerstahl hergestellt wurde. Ein neues wichtiges Absatzgebiet für die Walzindustrie begann sich dadurch zu eröffnen, daſs man versuchte, bei dem Eisenbahn- unterbau die Holzschwellen durch Walzeisen zu ersetzen. Der Engländer Barlow war der erste, der lange sattel- förmige Laschen (Längsschwellen), die kontinuierliche Lastträger bildeten, direkt auf die Kiesbettung des Eisenbahndammes legte und sie mittels eiserner Querverbindungen in der richtigen Spur hielt. Dieser Barlowsche Oberbau war 1862 auf der Londoner Weltaus- stellung zu sehen. Die Barlowschiene bewährte sich aber in der Praxis nicht. Hierauf wurden andere Vorschläge von Scheffler und Heusinger in Deutschland, von Köstlin und Balting in Wien und von Mazilier in Paris gemacht. Eiserne Querschwellen wurden 1864 mit Erfolg in Belgien angewendet. In demselben Jahre schlug Geheimer Baurat Hartwich ein System vor, welches dem von Barlow ähnlich war. Schiene und Schwelle bestanden auch hier aus einem Stück, aber er machte seine Schiene 11 Zoll hoch statt sonst 5 Zoll. Durch die doppelte Höhe erreichte er die doppelte Tragfähigkeit und brauchte die Schiene nur in den vierfachen Abständen zu unterstützen. Auf der Pariser Weltausstellung konnte man die verschiedenen vorgeführten eisernen Schwellen für den Eisenbahnoberbau bereits in drei Klassen einteilen. 1. Isolierte Schwellen in Glocken- oder Platten- form, sogenannte Glockenstühle. Solche waren auf der Bahn von Kairo nach Alexandria angewendet worden, hatten sich aber nicht bewährt. 2. Längsschwellen, wie die oben angeführten. Hiervon gab es viele Systeme, die aber alle wieder verlassen worden waren. 3. Querschwellen, die ähnlich wie die Holzschwellen gelegt wurden. Diese waren auf der Bahn von Sclessin nach Lüttich in Anwendung Beck, Geschichte des Eisens. 14

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/225>, abgerufen am 18.04.2024.