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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Für dieses Verfahren, welches in Südwales zur Ausführung kam, erhielt
Parry am 18. November 1861 ein Patent (E. P. Nr. 2900).

J. M. Rowan erhielt am 13. Januar 1862 ein Patent auf ein Ver-
fahren, die Unreinigkeiten im Roheisen, Schwefel, Phosphor und Kiesel
("silica"), durch Einblasen von Chlor oder Fluorwasserstoffsäure mit
dem Wind in die Bessemerbirne zu entfernen. Von einem praktischen
Erfolg dieses Verfahrens ist nichts bekannt geworden. Dasselbe gilt
von dem nachfolgenden Vorschlag.

F. Yates nahm für Gurlt ("A communication from Adolph
Gurlt
") am 17. Dezember 1864 ein Patent auf die Entschweflung
durch Einrühren von Blei oder Bleioxyd in das flüssige Roheisen und
auf Entphosphorung durch Schmelzen der phosphorhaltigen Erze mit
einem Überschuss von Kieselerde. Dadurch sollte der Phosphor in
einen "amorphen Zustand" übergeführt werden, in dem er beim
Frischen und Bessemern leicht abgeschieden werde.

John Ramsbottom wollte Schwefel und Phosphor durch Ein-
blasen von Kohlenwasserstoff mit dem Wind (im Verhältnis von 1 : 30)
entfernen und erhielt darauf am 12. Dezember 1864 ein Patent.

Bessemer selbst hatte in diesem Zeitraum ebenfalls wieder
mehrere Patente für Verbesserungen seines Prozesses genommen, die
wir kurz betrachten müssen.

Das Patent vom 8. Januar 1862 bezieht sich ausser den früher
schon erwähnten Verbesserungen an den Winddüsen und dem Boden
der Birne auch auf eine selbstthätige Windklappe, die den Zutritt des
Windes beim Kippen regelt und die einige Jahre hindurch auf vielen
englischen Werken angewendet wurde. Das Patent sieht auch horizon-
tale Windformen mit grösseren Öffnungen vor, die in einzelnen Fällen
den Vorzug verdienen sollen.

Bessemer schlug vor, hydraulische Pressen auch für die
Verarbeitung der Gussblöcke zu verwenden und die gepressten
Blöcke dann mit hydraulischen Scheren in entsprechende Stücke
zur weiteren Verarbeitung zu zerschneiden. In dem hierauf bezüg-
lichen Patente vom 13. Januar 1863 wird ferner für sehr schwere
Güsse ein stehender Ofen von besonderer Konstruktion angegeben.
Auch bei diesem soll der Wind durch Düsen von unten eintreten,
jede Düse soll aber durch einen beweglichen Pfropfen als Ventil
verschlossen sein, so dass der Wind abgestellt werden könnte,
ohne dass das flüssige Metall in die Düsen eindringt. Auch schlägt
Bessemer vor, die Konverter horizontal zu teilen, so dass der
obere Teil als Haube von dem Boden mit dem flüssigen Inhalt

Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Für dieses Verfahren, welches in Südwales zur Ausführung kam, erhielt
Parry am 18. November 1861 ein Patent (E. P. Nr. 2900).

J. M. Rowan erhielt am 13. Januar 1862 ein Patent auf ein Ver-
fahren, die Unreinigkeiten im Roheisen, Schwefel, Phosphor und Kiesel
(„silica“), durch Einblasen von Chlor oder Fluorwasserstoffsäure mit
dem Wind in die Bessemerbirne zu entfernen. Von einem praktischen
Erfolg dieses Verfahrens ist nichts bekannt geworden. Dasselbe gilt
von dem nachfolgenden Vorschlag.

F. Yates nahm für Gurlt („A communication from Adolph
Gurlt
“) am 17. Dezember 1864 ein Patent auf die Entschweflung
durch Einrühren von Blei oder Bleioxyd in das flüssige Roheisen und
auf Entphosphorung durch Schmelzen der phosphorhaltigen Erze mit
einem Überschuſs von Kieselerde. Dadurch sollte der Phosphor in
einen „amorphen Zustand“ übergeführt werden, in dem er beim
Frischen und Bessemern leicht abgeschieden werde.

John Ramsbottom wollte Schwefel und Phosphor durch Ein-
blasen von Kohlenwasserstoff mit dem Wind (im Verhältnis von 1 : 30)
entfernen und erhielt darauf am 12. Dezember 1864 ein Patent.

Bessemer selbst hatte in diesem Zeitraum ebenfalls wieder
mehrere Patente für Verbesserungen seines Prozesses genommen, die
wir kurz betrachten müssen.

Das Patent vom 8. Januar 1862 bezieht sich auſser den früher
schon erwähnten Verbesserungen an den Winddüsen und dem Boden
der Birne auch auf eine selbstthätige Windklappe, die den Zutritt des
Windes beim Kippen regelt und die einige Jahre hindurch auf vielen
englischen Werken angewendet wurde. Das Patent sieht auch horizon-
tale Windformen mit gröſseren Öffnungen vor, die in einzelnen Fällen
den Vorzug verdienen sollen.

Bessemer schlug vor, hydraulische Pressen auch für die
Verarbeitung der Guſsblöcke zu verwenden und die gepreſsten
Blöcke dann mit hydraulischen Scheren in entsprechende Stücke
zur weiteren Verarbeitung zu zerschneiden. In dem hierauf bezüg-
lichen Patente vom 13. Januar 1863 wird ferner für sehr schwere
Güsse ein stehender Ofen von besonderer Konstruktion angegeben.
Auch bei diesem soll der Wind durch Düsen von unten eintreten,
jede Düse soll aber durch einen beweglichen Pfropfen als Ventil
verschlossen sein, so daſs der Wind abgestellt werden könnte,
ohne daſs das flüssige Metall in die Düsen eindringt. Auch schlägt
Bessemer vor, die Konverter horizontal zu teilen, so daſs der
obere Teil als Haube von dem Boden mit dem flüssigen Inhalt

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[143/0159] Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870. Für dieses Verfahren, welches in Südwales zur Ausführung kam, erhielt Parry am 18. November 1861 ein Patent (E. P. Nr. 2900). J. M. Rowan erhielt am 13. Januar 1862 ein Patent auf ein Ver- fahren, die Unreinigkeiten im Roheisen, Schwefel, Phosphor und Kiesel („silica“), durch Einblasen von Chlor oder Fluorwasserstoffsäure mit dem Wind in die Bessemerbirne zu entfernen. Von einem praktischen Erfolg dieses Verfahrens ist nichts bekannt geworden. Dasselbe gilt von dem nachfolgenden Vorschlag. F. Yates nahm für Gurlt („A communication from Adolph Gurlt“) am 17. Dezember 1864 ein Patent auf die Entschweflung durch Einrühren von Blei oder Bleioxyd in das flüssige Roheisen und auf Entphosphorung durch Schmelzen der phosphorhaltigen Erze mit einem Überschuſs von Kieselerde. Dadurch sollte der Phosphor in einen „amorphen Zustand“ übergeführt werden, in dem er beim Frischen und Bessemern leicht abgeschieden werde. John Ramsbottom wollte Schwefel und Phosphor durch Ein- blasen von Kohlenwasserstoff mit dem Wind (im Verhältnis von 1 : 30) entfernen und erhielt darauf am 12. Dezember 1864 ein Patent. Bessemer selbst hatte in diesem Zeitraum ebenfalls wieder mehrere Patente für Verbesserungen seines Prozesses genommen, die wir kurz betrachten müssen. Das Patent vom 8. Januar 1862 bezieht sich auſser den früher schon erwähnten Verbesserungen an den Winddüsen und dem Boden der Birne auch auf eine selbstthätige Windklappe, die den Zutritt des Windes beim Kippen regelt und die einige Jahre hindurch auf vielen englischen Werken angewendet wurde. Das Patent sieht auch horizon- tale Windformen mit gröſseren Öffnungen vor, die in einzelnen Fällen den Vorzug verdienen sollen. Bessemer schlug vor, hydraulische Pressen auch für die Verarbeitung der Guſsblöcke zu verwenden und die gepreſsten Blöcke dann mit hydraulischen Scheren in entsprechende Stücke zur weiteren Verarbeitung zu zerschneiden. In dem hierauf bezüg- lichen Patente vom 13. Januar 1863 wird ferner für sehr schwere Güsse ein stehender Ofen von besonderer Konstruktion angegeben. Auch bei diesem soll der Wind durch Düsen von unten eintreten, jede Düse soll aber durch einen beweglichen Pfropfen als Ventil verschlossen sein, so daſs der Wind abgestellt werden könnte, ohne daſs das flüssige Metall in die Düsen eindringt. Auch schlägt Bessemer vor, die Konverter horizontal zu teilen, so daſs der obere Teil als Haube von dem Boden mit dem flüssigen Inhalt

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/159>, abgerufen am 23.11.2024.