Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schweisseisenbereitung 1861 bis 1870.
schiedenen, so von Bowron und Lunge und namentlich von
Henderson 1869 vorgeschlagen.

Heatons Frischverfahren mit Natronsalpeter (1868) werden wir
bei der Stahlbereitung kennen lernen.

Es muss hier erwähnt werden, dass man bei dem Betriebe der
Puddelöfen mit besserem Verständnis und grösserer Sorgfalt auf Er-
zeugung bestimmter Qualitäten hinarbeitete als früher. Das Stahl-
puddeln hatte in dieser Hinsicht eine günstige Einwirkung auf das
Eisenpuddeln ausgeübt. Man hatte dadurch gelernt, nach Belieben
härteres oder weicheres Eisen zu erzeugen, und unterschied scharf das
Puddeln auf Sehne von dem Puddeln auf Korn 1).

Etwa seit der Mitte der sechziger Jahre legte man grossen Wert
auf heissen Gang beim Puddelprozess und suchte diesen zu befördern.
Schneider & Comp. zu Creuzot erreichten dies durch gepressten
Wind, den sie unter den Rost einführten. Dem Nachteil der dabei
entstehenden grossen Hitze für die Ofenwände wurde durch Wasser-
kühlung des Herdbodens und Kühlung der Wände durch Druckluft
entgegengearbeitet. Mit diesen Mitteln sollte man den Prozess leicht
regulieren und nach Belieben Stahl oder Schmiedeeisen erzeugen
können. -- Auf anderen Hüttenwerken haben aber die Versuche mit
gepresstem Wind keine günstigen Resultate ergeben.

Bei heissem Ofengang war die "Kornfrischschlacke", welche das
Roheisen bei der Arbeit gab, eisenoxydulreich und basisch, bei
kaltem Ofengang war sie sauer. Trocken nannte man die eisenoxyd-
haltige Schlacke, die gewöhnlich teigig war. Nur der heisse Gang
gab gut gereinigtes und gekohltes Eisen. Die chemische Zusammen-
setzung der Kornfrischschlacke war deshalb wesentlich. Eisenoxyd
kann durch Kohlenstoff und durch Eisen zu Oxydul reduziert werden,
wodurch das Mittel zur Bildung der Kornfrischschlacke gegeben ist.

Beim Stahlpuddeln bewährten sich zu Dowlais (1865) Graphit-
herde.

Ein eigentümliches Verfahren und einen eigenen Apparat zum
Stahlpuddeln schlug M. Morgan 1865 vor 2). "Das cylindrische Um-
wandlungsgefäss" ruhte auf Rädern und wurde während der Rühr-
periode in wiegende Bewegung gesetzt. Beim Einsetzen gab man
Spiegeleisen zu und blies Wasserdampf oder gepresste Luft in die
Esse, um den Zug zu vermehren.


1) Siehe Dr. A. Gurlt in Berggeist 1860, Nr. 64, 65 etc.
2) Siehe Mechanic's Magazine 1866, p. 150; Dinglers Journ. 179, S. 288.

Die Schweiſseisenbereitung 1861 bis 1870.
schiedenen, so von Bowron und Lunge und namentlich von
Henderson 1869 vorgeschlagen.

Heatons Frischverfahren mit Natronsalpeter (1868) werden wir
bei der Stahlbereitung kennen lernen.

Es muſs hier erwähnt werden, daſs man bei dem Betriebe der
Puddelöfen mit besserem Verständnis und gröſserer Sorgfalt auf Er-
zeugung bestimmter Qualitäten hinarbeitete als früher. Das Stahl-
puddeln hatte in dieser Hinsicht eine günstige Einwirkung auf das
Eisenpuddeln ausgeübt. Man hatte dadurch gelernt, nach Belieben
härteres oder weicheres Eisen zu erzeugen, und unterschied scharf das
Puddeln auf Sehne von dem Puddeln auf Korn 1).

Etwa seit der Mitte der sechziger Jahre legte man groſsen Wert
auf heiſsen Gang beim Puddelprozeſs und suchte diesen zu befördern.
Schneider & Comp. zu Creuzot erreichten dies durch gepreſsten
Wind, den sie unter den Rost einführten. Dem Nachteil der dabei
entstehenden groſsen Hitze für die Ofenwände wurde durch Wasser-
kühlung des Herdbodens und Kühlung der Wände durch Druckluft
entgegengearbeitet. Mit diesen Mitteln sollte man den Prozeſs leicht
regulieren und nach Belieben Stahl oder Schmiedeeisen erzeugen
können. — Auf anderen Hüttenwerken haben aber die Versuche mit
gepreſstem Wind keine günstigen Resultate ergeben.

Bei heiſsem Ofengang war die „Kornfrischschlacke“, welche das
Roheisen bei der Arbeit gab, eisenoxydulreich und basisch, bei
kaltem Ofengang war sie sauer. Trocken nannte man die eisenoxyd-
haltige Schlacke, die gewöhnlich teigig war. Nur der heiſse Gang
gab gut gereinigtes und gekohltes Eisen. Die chemische Zusammen-
setzung der Kornfrischschlacke war deshalb wesentlich. Eisenoxyd
kann durch Kohlenstoff und durch Eisen zu Oxydul reduziert werden,
wodurch das Mittel zur Bildung der Kornfrischschlacke gegeben ist.

Beim Stahlpuddeln bewährten sich zu Dowlais (1865) Graphit-
herde.

Ein eigentümliches Verfahren und einen eigenen Apparat zum
Stahlpuddeln schlug M. Morgan 1865 vor 2). „Das cylindrische Um-
wandlungsgefäſs“ ruhte auf Rädern und wurde während der Rühr-
periode in wiegende Bewegung gesetzt. Beim Einsetzen gab man
Spiegeleisen zu und blies Wasserdampf oder gepreſste Luft in die
Esse, um den Zug zu vermehren.


1) Siehe Dr. A. Gurlt in Berggeist 1860, Nr. 64, 65 etc.
2) Siehe Mechanic’s Magazine 1866, p. 150; Dinglers Journ. 179, S. 288.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0134" n="118"/><fw place="top" type="header">Die Schwei&#x017F;seisenbereitung 1861 bis 1870.</fw><lb/>
schiedenen, so von <hi rendition="#g">Bowron</hi> und <hi rendition="#g">Lunge</hi> und namentlich von<lb/><hi rendition="#g">Henderson</hi> 1869 vorgeschlagen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Heatons</hi> Frischverfahren mit Natronsalpeter (1868) werden wir<lb/>
bei der Stahlbereitung kennen lernen.</p><lb/>
            <p>Es mu&#x017F;s hier erwähnt werden, da&#x017F;s man bei dem Betriebe der<lb/>
Puddelöfen mit besserem Verständnis und grö&#x017F;serer Sorgfalt auf Er-<lb/>
zeugung bestimmter Qualitäten hinarbeitete als früher. Das Stahl-<lb/>
puddeln hatte in dieser Hinsicht eine günstige Einwirkung auf das<lb/>
Eisenpuddeln ausgeübt. Man hatte dadurch gelernt, nach Belieben<lb/>
härteres oder weicheres Eisen zu erzeugen, und unterschied scharf das<lb/>
Puddeln auf Sehne von dem Puddeln auf Korn <note place="foot" n="1)">Siehe Dr. A. <hi rendition="#g">Gurlt</hi> in Berggeist 1860, Nr. 64, 65 etc.</note>.</p><lb/>
            <p>Etwa seit der Mitte der sechziger Jahre legte man gro&#x017F;sen Wert<lb/>
auf hei&#x017F;sen Gang beim Puddelproze&#x017F;s und suchte diesen zu befördern.<lb/><hi rendition="#g">Schneider &amp; Comp</hi>. zu Creuzot erreichten dies durch gepre&#x017F;sten<lb/>
Wind, den sie unter den Rost einführten. Dem Nachteil der dabei<lb/>
entstehenden gro&#x017F;sen Hitze für die Ofenwände wurde durch Wasser-<lb/>
kühlung des Herdbodens und Kühlung der Wände durch Druckluft<lb/>
entgegengearbeitet. Mit diesen Mitteln sollte man den Proze&#x017F;s leicht<lb/>
regulieren und nach Belieben Stahl oder Schmiedeeisen erzeugen<lb/>
können. &#x2014; Auf anderen Hüttenwerken haben aber die Versuche mit<lb/>
gepre&#x017F;stem Wind keine günstigen Resultate ergeben.</p><lb/>
            <p>Bei hei&#x017F;sem Ofengang war die &#x201E;Kornfrischschlacke&#x201C;, welche das<lb/>
Roheisen bei der Arbeit gab, eisenoxydulreich und basisch, bei<lb/>
kaltem Ofengang war sie sauer. Trocken nannte man die eisenoxyd-<lb/>
haltige Schlacke, die gewöhnlich teigig war. Nur der hei&#x017F;se Gang<lb/>
gab gut gereinigtes und gekohltes Eisen. Die chemische Zusammen-<lb/>
setzung der Kornfrischschlacke war deshalb wesentlich. Eisenoxyd<lb/>
kann durch Kohlenstoff und durch Eisen zu Oxydul reduziert werden,<lb/>
wodurch das Mittel zur Bildung der Kornfrischschlacke gegeben ist.</p><lb/>
            <p>Beim Stahlpuddeln bewährten sich zu Dowlais (1865) Graphit-<lb/>
herde.</p><lb/>
            <p>Ein eigentümliches Verfahren und einen eigenen Apparat zum<lb/>
Stahlpuddeln schlug M. <hi rendition="#g">Morgan</hi> 1865 vor <note place="foot" n="2)">Siehe Mechanic&#x2019;s Magazine 1866, p. 150; Dinglers Journ. 179, S. 288.</note>. &#x201E;Das cylindrische Um-<lb/>
wandlungsgefä&#x017F;s&#x201C; ruhte auf Rädern und wurde während der Rühr-<lb/>
periode in wiegende Bewegung gesetzt. Beim Einsetzen gab man<lb/>
Spiegeleisen zu und blies Wasserdampf oder gepre&#x017F;ste Luft in die<lb/>
Esse, um den Zug zu vermehren.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0134] Die Schweiſseisenbereitung 1861 bis 1870. schiedenen, so von Bowron und Lunge und namentlich von Henderson 1869 vorgeschlagen. Heatons Frischverfahren mit Natronsalpeter (1868) werden wir bei der Stahlbereitung kennen lernen. Es muſs hier erwähnt werden, daſs man bei dem Betriebe der Puddelöfen mit besserem Verständnis und gröſserer Sorgfalt auf Er- zeugung bestimmter Qualitäten hinarbeitete als früher. Das Stahl- puddeln hatte in dieser Hinsicht eine günstige Einwirkung auf das Eisenpuddeln ausgeübt. Man hatte dadurch gelernt, nach Belieben härteres oder weicheres Eisen zu erzeugen, und unterschied scharf das Puddeln auf Sehne von dem Puddeln auf Korn 1). Etwa seit der Mitte der sechziger Jahre legte man groſsen Wert auf heiſsen Gang beim Puddelprozeſs und suchte diesen zu befördern. Schneider & Comp. zu Creuzot erreichten dies durch gepreſsten Wind, den sie unter den Rost einführten. Dem Nachteil der dabei entstehenden groſsen Hitze für die Ofenwände wurde durch Wasser- kühlung des Herdbodens und Kühlung der Wände durch Druckluft entgegengearbeitet. Mit diesen Mitteln sollte man den Prozeſs leicht regulieren und nach Belieben Stahl oder Schmiedeeisen erzeugen können. — Auf anderen Hüttenwerken haben aber die Versuche mit gepreſstem Wind keine günstigen Resultate ergeben. Bei heiſsem Ofengang war die „Kornfrischschlacke“, welche das Roheisen bei der Arbeit gab, eisenoxydulreich und basisch, bei kaltem Ofengang war sie sauer. Trocken nannte man die eisenoxyd- haltige Schlacke, die gewöhnlich teigig war. Nur der heiſse Gang gab gut gereinigtes und gekohltes Eisen. Die chemische Zusammen- setzung der Kornfrischschlacke war deshalb wesentlich. Eisenoxyd kann durch Kohlenstoff und durch Eisen zu Oxydul reduziert werden, wodurch das Mittel zur Bildung der Kornfrischschlacke gegeben ist. Beim Stahlpuddeln bewährten sich zu Dowlais (1865) Graphit- herde. Ein eigentümliches Verfahren und einen eigenen Apparat zum Stahlpuddeln schlug M. Morgan 1865 vor 2). „Das cylindrische Um- wandlungsgefäſs“ ruhte auf Rädern und wurde während der Rühr- periode in wiegende Bewegung gesetzt. Beim Einsetzen gab man Spiegeleisen zu und blies Wasserdampf oder gepreſste Luft in die Esse, um den Zug zu vermehren. 1) Siehe Dr. A. Gurlt in Berggeist 1860, Nr. 64, 65 etc. 2) Siehe Mechanic’s Magazine 1866, p. 150; Dinglers Journ. 179, S. 288.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/134
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/134>, abgerufen am 25.04.2024.