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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Über die grossartigen Verladevorrichtungen der Hüttenwerke und
Docks am Südufer des Eriesees, besonders der der Lorain-Stahlgesell-
schaft, verweisen wir auf die Schilderung von A. C. Johnston in der
Zeitschrift Stahl und Eisen (1891, S. 14). Wir nennen nur den
Hulethschen Erzumlader und die Eisenbahnwagen-Entlademaschinen
der McMyler-Gesellschaft, ferner die neueste von Carnegie & Co.
in Conneaut (Ohio) erbaute Ausladevorrichtung von George H. Hullet.
Diese besteht aus einer hochliegenden Blechbrücke, die wie ein Balancier
befestigt und beweglich ist. An dem einen Ende hängt ein grosser
Greiferkübel, der 10 Tonnen Erz aus dem Schiffe fasst. Alsdann wird
die Brücke mit dem Kübel hochgeschwenkt, das Greifgefäss gleitet an
das andere Ende der Brücke und entleert jetzt hier am tiefsten Punkte
seinen Inhalt in einen Trichter über dem Eisenbahnwagen.

Die neuesten von Rockfeller, Carnegie und anderen aus Stahl
gebauten grossen Transportschiffe, die wegen ihres gekrümmten
Oberdecks "Walfischrücken" (whalebacks) heissen, sind 150 m lang
und fassen 8000 Tonnen Erz. Starke Dampfer schleppen immer je
zwei Erzschiffe über die Seeen, meist zu den Häfen am südlichen
Ufer des Eriesees, wie Toledo, Huron, Lorain, Cleveland, Fairport,
Conneaut, Ashtabula u. s. w. Die Wasserfracht betrug 1900 5,35 Mark
für die Tonne; Carnegie, der im Mesabibezirk die Erze selbst ab-
baute und sie auf eigenen Schiffen nach dem Carnegiehafen am
Eriesee fuhr, hatte sogar 1897 nur 2,31 Mark Frachtkosten ein-
schliesslich zweimaligen Umladens. Die Eisenbahnfracht war ebenfalls
weit niedriger als in Europa, besonders als bei uns in Deutschland.
Sie wurde nicht nach feststehenden Tarifen berechnet, sondern nach
Vereinbarungen und überstiegen oft kaum die Selbstkosten. Die
Verfrachtung geschah in zweckmässig konstruierten Erzwagen, die ein
hohes Ladegewicht bis zu 50 Tonnen hatten. Im Jahre 1897 stellte
sich die Eisenbahnfracht bis Pittsburgh nicht höher als etwa 7 Mark
die Tonne. Nur auf dieser Grundlage war es möglich, dass Pitts-
burgh das Centrum der Roheisenerzeugung blieb.

Für die Südstaaten war der Bezug der reichen Erze von Cuba
wichtig geworden. Der Krieg gegen Spanien war hierfür sehr
störend.

Die immer zunehmende Grösse der amerikanischen industriellen
Unternehmungen zwang fast die Einzelunternehmer zum Zusammen-
schluss zu grossen Vereinigungen gleichartiger Werke 1) oder zur Bildung

1) Stahl und Eisen 1900, S. 510.
Beck, Geschichte des Eisens. 83
Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Über die groſsartigen Verladevorrichtungen der Hüttenwerke und
Docks am Südufer des Eriesees, besonders der der Lorain-Stahlgesell-
schaft, verweisen wir auf die Schilderung von A. C. Johnston in der
Zeitschrift Stahl und Eisen (1891, S. 14). Wir nennen nur den
Hulethschen Erzumlader und die Eisenbahnwagen-Entlademaschinen
der McMyler-Gesellschaft, ferner die neueste von Carnegie & Co.
in Conneaut (Ohio) erbaute Ausladevorrichtung von George H. Hullet.
Diese besteht aus einer hochliegenden Blechbrücke, die wie ein Balancier
befestigt und beweglich ist. An dem einen Ende hängt ein groſser
Greiferkübel, der 10 Tonnen Erz aus dem Schiffe faſst. Alsdann wird
die Brücke mit dem Kübel hochgeschwenkt, das Greifgefäſs gleitet an
das andere Ende der Brücke und entleert jetzt hier am tiefsten Punkte
seinen Inhalt in einen Trichter über dem Eisenbahnwagen.

Die neuesten von Rockfeller, Carnegie und anderen aus Stahl
gebauten groſsen Transportschiffe, die wegen ihres gekrümmten
Oberdecks „Walfischrücken“ (whalebacks) heiſsen, sind 150 m lang
und fassen 8000 Tonnen Erz. Starke Dampfer schleppen immer je
zwei Erzschiffe über die Seeen, meist zu den Häfen am südlichen
Ufer des Eriesees, wie Toledo, Huron, Lorain, Cleveland, Fairport,
Conneaut, Ashtabula u. s. w. Die Wasserfracht betrug 1900 5,35 Mark
für die Tonne; Carnegie, der im Mesabibezirk die Erze selbst ab-
baute und sie auf eigenen Schiffen nach dem Carnegiehafen am
Eriesee fuhr, hatte sogar 1897 nur 2,31 Mark Frachtkosten ein-
schlieſslich zweimaligen Umladens. Die Eisenbahnfracht war ebenfalls
weit niedriger als in Europa, besonders als bei uns in Deutschland.
Sie wurde nicht nach feststehenden Tarifen berechnet, sondern nach
Vereinbarungen und überstiegen oft kaum die Selbstkosten. Die
Verfrachtung geschah in zweckmäſsig konstruierten Erzwagen, die ein
hohes Ladegewicht bis zu 50 Tonnen hatten. Im Jahre 1897 stellte
sich die Eisenbahnfracht bis Pittsburgh nicht höher als etwa 7 Mark
die Tonne. Nur auf dieser Grundlage war es möglich, daſs Pitts-
burgh das Centrum der Roheisenerzeugung blieb.

Für die Südstaaten war der Bezug der reichen Erze von Cuba
wichtig geworden. Der Krieg gegen Spanien war hierfür sehr
störend.

Die immer zunehmende Gröſse der amerikanischen industriellen
Unternehmungen zwang fast die Einzelunternehmer zum Zusammen-
schluſs zu groſsen Vereinigungen gleichartiger Werke 1) oder zur Bildung

1) Stahl und Eisen 1900, S. 510.
Beck, Geschichte des Eisens. 83
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[1313/1329] Vereinigte Staaten von Nordamerika. Über die groſsartigen Verladevorrichtungen der Hüttenwerke und Docks am Südufer des Eriesees, besonders der der Lorain-Stahlgesell- schaft, verweisen wir auf die Schilderung von A. C. Johnston in der Zeitschrift Stahl und Eisen (1891, S. 14). Wir nennen nur den Hulethschen Erzumlader und die Eisenbahnwagen-Entlademaschinen der McMyler-Gesellschaft, ferner die neueste von Carnegie & Co. in Conneaut (Ohio) erbaute Ausladevorrichtung von George H. Hullet. Diese besteht aus einer hochliegenden Blechbrücke, die wie ein Balancier befestigt und beweglich ist. An dem einen Ende hängt ein groſser Greiferkübel, der 10 Tonnen Erz aus dem Schiffe faſst. Alsdann wird die Brücke mit dem Kübel hochgeschwenkt, das Greifgefäſs gleitet an das andere Ende der Brücke und entleert jetzt hier am tiefsten Punkte seinen Inhalt in einen Trichter über dem Eisenbahnwagen. Die neuesten von Rockfeller, Carnegie und anderen aus Stahl gebauten groſsen Transportschiffe, die wegen ihres gekrümmten Oberdecks „Walfischrücken“ (whalebacks) heiſsen, sind 150 m lang und fassen 8000 Tonnen Erz. Starke Dampfer schleppen immer je zwei Erzschiffe über die Seeen, meist zu den Häfen am südlichen Ufer des Eriesees, wie Toledo, Huron, Lorain, Cleveland, Fairport, Conneaut, Ashtabula u. s. w. Die Wasserfracht betrug 1900 5,35 Mark für die Tonne; Carnegie, der im Mesabibezirk die Erze selbst ab- baute und sie auf eigenen Schiffen nach dem Carnegiehafen am Eriesee fuhr, hatte sogar 1897 nur 2,31 Mark Frachtkosten ein- schlieſslich zweimaligen Umladens. Die Eisenbahnfracht war ebenfalls weit niedriger als in Europa, besonders als bei uns in Deutschland. Sie wurde nicht nach feststehenden Tarifen berechnet, sondern nach Vereinbarungen und überstiegen oft kaum die Selbstkosten. Die Verfrachtung geschah in zweckmäſsig konstruierten Erzwagen, die ein hohes Ladegewicht bis zu 50 Tonnen hatten. Im Jahre 1897 stellte sich die Eisenbahnfracht bis Pittsburgh nicht höher als etwa 7 Mark die Tonne. Nur auf dieser Grundlage war es möglich, daſs Pitts- burgh das Centrum der Roheisenerzeugung blieb. Für die Südstaaten war der Bezug der reichen Erze von Cuba wichtig geworden. Der Krieg gegen Spanien war hierfür sehr störend. Die immer zunehmende Gröſse der amerikanischen industriellen Unternehmungen zwang fast die Einzelunternehmer zum Zusammen- schluſs zu groſsen Vereinigungen gleichartiger Werke 1) oder zur Bildung 1) Stahl und Eisen 1900, S. 510. Beck, Geschichte des Eisens. 83

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1329>, abgerufen am 05.05.2024.