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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Henry Bessemer und seine Erfindung.
Beschreibung. Da ihm nur ein Winddruck von 20 bis 24 Zoll Wasser
zur Verfügung stand, durfte sein Eisenbad nur 3 Zoll Höhe haben. Er
nahm 25 Pfund weisses Roheisen. Unter diesen ungünstigen Bedingungen
war der Erfolg nur ein geringer, doch verkochte das Eisen in der
von Bessemer angegebenen Weise und das Produkt war zum Teil
schmiedbar. Dr. Ebermeyer gewann aus seinem Versuch die Über-
zeugung, dass der Prozess Erfolg verspreche und er empfahl Versuche
im grossen bei 10 Pfund Winddruck auf den Quadratzoll und eine
Eisensäule von 18 bis 24 Zoll zu unternehmen.

Derjenige Sachverständige, der aber von Anfang an ohne Leiden-
schaftlichkeit und mit klarem Blick die grosse Bedeutung der Er-
findung Bessemers erkannte und dafür eintrat, war Peter Tunner
in Österreich. Er kennzeichnete das Verfahren 1856 als "eine Ver-
feinerung des Roheisens, welche bis zu dessen vollkommener Metall-
natur getrieben und wobei der Brennstoff gespart wird". Durch seine
Autorität und dadurch, dass er zuerst die Aufmerksamkeit auf die
erfolgreichen Versuche in Schweden lenkte, hat er viel zur Würdigung
und zum richtigen Verständnis des Bessemerprozesses beigetragen.

Die Versuche in Schweden, welche Goran Fredrik Göranson
im Einvernehmen mit Bessemer zu Garpenberg im Jahre 1856 begann,
sind von der grössten geschichtlichen Wichtigkeit für die Entwickelung
des Bessemerprozesses geworden. Ehe wir dieselben aber näher
betrachten, wollen wir erst den weiteren Verlauf der Dinge in England
ins Auge fassen.

Bessemers Vortrag und die Veröffentlichung seiner Erfindung
machte ihn über Nacht zu einem berühmten Manne; sie versetzte
ihn aber auch plötzlich aus dem Zustande friedlichen Forschens
und Experimentierens in den Zustand des Kampfes und zwar eines
heftigen und erbitterten Kampfes, denn wo grosse materielle Interessen
in Frage kommen, wird der Kampf immer mit Leidenschaft geführt.
Bessemer hatte durch seinen Vortrag zu grosse Erwartungen erregt;
dieselben hatten sich nicht erfüllt, das Publikum fühlte sich enttäuscht
und so fand er bei diesem keinen Beistand gegen die allseitigen An-
griffe. Er war allein auf sich und seine Kraft angewiesen. Der geringe
Erfolg, den die Versuche im grossen hatten, war für ihn selbst eine
Enttäuschung, aber er verzagte nicht, wenn ihm auch manchmal in-
folge des Ansturmes von allen Seiten der Mut sank. Durchdrungen
von der Richtigkeit seines Princips schlug er den richtigsten Weg
ein, indem er jede litterarische Fehde vermied, den persönlichen An-
griffen Schweigen entgegensetzte und Kräfte und Mittel zusammen-

Beck, Geschichte des Eisens. 59

Henry Bessemer und seine Erfindung.
Beschreibung. Da ihm nur ein Winddruck von 20 bis 24 Zoll Wasser
zur Verfügung stand, durfte sein Eisenbad nur 3 Zoll Höhe haben. Er
nahm 25 Pfund weiſses Roheisen. Unter diesen ungünstigen Bedingungen
war der Erfolg nur ein geringer, doch verkochte das Eisen in der
von Bessemer angegebenen Weise und das Produkt war zum Teil
schmiedbar. Dr. Ebermeyer gewann aus seinem Versuch die Über-
zeugung, daſs der Prozeſs Erfolg verspreche und er empfahl Versuche
im groſsen bei 10 Pfund Winddruck auf den Quadratzoll und eine
Eisensäule von 18 bis 24 Zoll zu unternehmen.

Derjenige Sachverständige, der aber von Anfang an ohne Leiden-
schaftlichkeit und mit klarem Blick die groſse Bedeutung der Er-
findung Bessemers erkannte und dafür eintrat, war Peter Tunner
in Österreich. Er kennzeichnete das Verfahren 1856 als „eine Ver-
feinerung des Roheisens, welche bis zu dessen vollkommener Metall-
natur getrieben und wobei der Brennstoff gespart wird“. Durch seine
Autorität und dadurch, daſs er zuerst die Aufmerksamkeit auf die
erfolgreichen Versuche in Schweden lenkte, hat er viel zur Würdigung
und zum richtigen Verständnis des Bessemerprozesses beigetragen.

Die Versuche in Schweden, welche Goran Fredrik Göranson
im Einvernehmen mit Bessemer zu Garpenberg im Jahre 1856 begann,
sind von der gröſsten geschichtlichen Wichtigkeit für die Entwickelung
des Bessemerprozesses geworden. Ehe wir dieselben aber näher
betrachten, wollen wir erst den weiteren Verlauf der Dinge in England
ins Auge fassen.

Bessemers Vortrag und die Veröffentlichung seiner Erfindung
machte ihn über Nacht zu einem berühmten Manne; sie versetzte
ihn aber auch plötzlich aus dem Zustande friedlichen Forschens
und Experimentierens in den Zustand des Kampfes und zwar eines
heftigen und erbitterten Kampfes, denn wo groſse materielle Interessen
in Frage kommen, wird der Kampf immer mit Leidenschaft geführt.
Bessemer hatte durch seinen Vortrag zu groſse Erwartungen erregt;
dieselben hatten sich nicht erfüllt, das Publikum fühlte sich enttäuscht
und so fand er bei diesem keinen Beistand gegen die allseitigen An-
griffe. Er war allein auf sich und seine Kraft angewiesen. Der geringe
Erfolg, den die Versuche im groſsen hatten, war für ihn selbst eine
Enttäuschung, aber er verzagte nicht, wenn ihm auch manchmal in-
folge des Ansturmes von allen Seiten der Mut sank. Durchdrungen
von der Richtigkeit seines Princips schlug er den richtigsten Weg
ein, indem er jede litterarische Fehde vermied, den persönlichen An-
griffen Schweigen entgegensetzte und Kräfte und Mittel zusammen-

Beck, Geschichte des Eisens. 59
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[929/0945] Henry Bessemer und seine Erfindung. Beschreibung. Da ihm nur ein Winddruck von 20 bis 24 Zoll Wasser zur Verfügung stand, durfte sein Eisenbad nur 3 Zoll Höhe haben. Er nahm 25 Pfund weiſses Roheisen. Unter diesen ungünstigen Bedingungen war der Erfolg nur ein geringer, doch verkochte das Eisen in der von Bessemer angegebenen Weise und das Produkt war zum Teil schmiedbar. Dr. Ebermeyer gewann aus seinem Versuch die Über- zeugung, daſs der Prozeſs Erfolg verspreche und er empfahl Versuche im groſsen bei 10 Pfund Winddruck auf den Quadratzoll und eine Eisensäule von 18 bis 24 Zoll zu unternehmen. Derjenige Sachverständige, der aber von Anfang an ohne Leiden- schaftlichkeit und mit klarem Blick die groſse Bedeutung der Er- findung Bessemers erkannte und dafür eintrat, war Peter Tunner in Österreich. Er kennzeichnete das Verfahren 1856 als „eine Ver- feinerung des Roheisens, welche bis zu dessen vollkommener Metall- natur getrieben und wobei der Brennstoff gespart wird“. Durch seine Autorität und dadurch, daſs er zuerst die Aufmerksamkeit auf die erfolgreichen Versuche in Schweden lenkte, hat er viel zur Würdigung und zum richtigen Verständnis des Bessemerprozesses beigetragen. Die Versuche in Schweden, welche Goran Fredrik Göranson im Einvernehmen mit Bessemer zu Garpenberg im Jahre 1856 begann, sind von der gröſsten geschichtlichen Wichtigkeit für die Entwickelung des Bessemerprozesses geworden. Ehe wir dieselben aber näher betrachten, wollen wir erst den weiteren Verlauf der Dinge in England ins Auge fassen. Bessemers Vortrag und die Veröffentlichung seiner Erfindung machte ihn über Nacht zu einem berühmten Manne; sie versetzte ihn aber auch plötzlich aus dem Zustande friedlichen Forschens und Experimentierens in den Zustand des Kampfes und zwar eines heftigen und erbitterten Kampfes, denn wo groſse materielle Interessen in Frage kommen, wird der Kampf immer mit Leidenschaft geführt. Bessemer hatte durch seinen Vortrag zu groſse Erwartungen erregt; dieselben hatten sich nicht erfüllt, das Publikum fühlte sich enttäuscht und so fand er bei diesem keinen Beistand gegen die allseitigen An- griffe. Er war allein auf sich und seine Kraft angewiesen. Der geringe Erfolg, den die Versuche im groſsen hatten, war für ihn selbst eine Enttäuschung, aber er verzagte nicht, wenn ihm auch manchmal in- folge des Ansturmes von allen Seiten der Mut sank. Durchdrungen von der Richtigkeit seines Princips schlug er den richtigsten Weg ein, indem er jede litterarische Fehde vermied, den persönlichen An- griffen Schweigen entgegensetzte und Kräfte und Mittel zusammen- Beck, Geschichte des Eisens. 59

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 929. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/945>, abgerufen am 23.11.2024.