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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Henry Bessemer und seine Erfindung.
Bessemers Vortrag ausgeführt und bereits am 13. September 1856
veröffentlichte das Mining Journal einen Bericht über dieselben 1).

Die chemische Untersuchung des von Bessemer dargestellten
und gelieferten Metalls fiel nicht ungünstig aus, insofern dasselbe als
ziemlich rein gefunden wurde. Es enthielt 0,3 Proz. Kohlenstoff, keinen
Graphit, kein Silicium, 0,48 Proz. Phosphor und 0,056 Proz. Schwefel.
Das sehr reine Bleanavon-Roheisen, aus dem es bereitet war, ent-
hielt selbst nur 0,48 Proz. Phosphor und 0,062 Proz. Schwefel, woraus
hervorging, dass nahezu der ganze Phosphor und Schwefel bei dem
Eisen geblieben war. Die mechanischen Proben, welche zu Woolwich
mit dem entkohlten Eisen Bessemers angestellt wurden, fielen
dagegen wenig günstig aus. Die unter dem Dampfhammer aus-
geschmiedeten Blöcke waren im Bruch glänzend krystallinisch und
porös. Das Eisen walzte sich schwer und zeigte nach dem Walzen
noch denselben Bruch. Auch wiederholtes Schmieden und Schweissen
erzeugte keine Sehne; es blieb krystallinisch und erschien teilweise
oxydiert. Aus diesem Verhalten folgerte man, dass das Bessemereisen
vielleicht für manche Zwecke das Gusseisen, nicht aber das Schmiede-
eisen ersetzen könne.

Auf dieses ungünstige Ergebnis stützte E. D. Hearne sein ab-
fälliges Urteil, indem er Bessemer die Originalität der Erfindung
absprach, welche eine Nachahmung des Verfahrens von Jos. Gilb.
Martien
aus New Jersey sei und über das erzielte Produkt er sich
dahin äusserte: Herr Bessemer erzeugt trotz seiner Erwartung, ohne
Feuer zu arbeiten, nichts als ein krystallinisches und zerbrechliches
Eisen, dessen Wert nicht viel grösser ist, als das bei seinem Versuche
verwendete Roheisen.

Dieses voreilige, ungerechte Urteil wurde von dem englischen
Publikum, nachdem sich die ersten übertriebenen Erwartungen nicht
sofort erfüllt hatten, als richtig angenommen, und Henry Bessemer
erschien danach fast in dem Lichte eines Charlatans oder gar eines
Schwindlers. Selbst hervorragende Autoritäten, wie der Stahlfabrikant
Karl Saunderson zu Sheffield und Truran zu Dowlais, verurteilten
den Bessemerprozess. Saunderson sagte, das entkohlte Produkt habe
weder die Eigenschaften des Schmiedeeisens, noch weniger die des
Gussstahls. Es könne nicht geschmiedet, keine Nadel, keine Feile
daraus gemacht werden, kurz, es werde niemals den Handelswert des
Stahls erlangen. Bessemers Produkt sei ein entkohltes Roheisen,

1) Siehe Dinglers polyt. Journal, Bd. 141, S. 430.

Henry Bessemer und seine Erfindung.
Bessemers Vortrag ausgeführt und bereits am 13. September 1856
veröffentlichte das Mining Journal einen Bericht über dieselben 1).

Die chemische Untersuchung des von Bessemer dargestellten
und gelieferten Metalls fiel nicht ungünstig aus, insofern dasselbe als
ziemlich rein gefunden wurde. Es enthielt 0,3 Proz. Kohlenstoff, keinen
Graphit, kein Silicium, 0,48 Proz. Phosphor und 0,056 Proz. Schwefel.
Das sehr reine Bleanavon-Roheisen, aus dem es bereitet war, ent-
hielt selbst nur 0,48 Proz. Phosphor und 0,062 Proz. Schwefel, woraus
hervorging, daſs nahezu der ganze Phosphor und Schwefel bei dem
Eisen geblieben war. Die mechanischen Proben, welche zu Woolwich
mit dem entkohlten Eisen Bessemers angestellt wurden, fielen
dagegen wenig günstig aus. Die unter dem Dampfhammer aus-
geschmiedeten Blöcke waren im Bruch glänzend krystallinisch und
porös. Das Eisen walzte sich schwer und zeigte nach dem Walzen
noch denselben Bruch. Auch wiederholtes Schmieden und Schweiſsen
erzeugte keine Sehne; es blieb krystallinisch und erschien teilweise
oxydiert. Aus diesem Verhalten folgerte man, daſs das Bessemereisen
vielleicht für manche Zwecke das Guſseisen, nicht aber das Schmiede-
eisen ersetzen könne.

Auf dieses ungünstige Ergebnis stützte E. D. Hearne sein ab-
fälliges Urteil, indem er Bessemer die Originalität der Erfindung
absprach, welche eine Nachahmung des Verfahrens von Jos. Gilb.
Martien
aus New Jersey sei und über das erzielte Produkt er sich
dahin äuſserte: Herr Bessemer erzeugt trotz seiner Erwartung, ohne
Feuer zu arbeiten, nichts als ein krystallinisches und zerbrechliches
Eisen, dessen Wert nicht viel gröſser ist, als das bei seinem Versuche
verwendete Roheisen.

Dieses voreilige, ungerechte Urteil wurde von dem englischen
Publikum, nachdem sich die ersten übertriebenen Erwartungen nicht
sofort erfüllt hatten, als richtig angenommen, und Henry Bessemer
erschien danach fast in dem Lichte eines Charlatans oder gar eines
Schwindlers. Selbst hervorragende Autoritäten, wie der Stahlfabrikant
Karl Saunderson zu Sheffield und Truran zu Dowlais, verurteilten
den Bessemerprozeſs. Saunderson sagte, das entkohlte Produkt habe
weder die Eigenschaften des Schmiedeeisens, noch weniger die des
Guſsstahls. Es könne nicht geschmiedet, keine Nadel, keine Feile
daraus gemacht werden, kurz, es werde niemals den Handelswert des
Stahls erlangen. Bessemers Produkt sei ein entkohltes Roheisen,

1) Siehe Dinglers polyt. Journal, Bd. 141, S. 430.
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[926/0942] Henry Bessemer und seine Erfindung. Bessemers Vortrag ausgeführt und bereits am 13. September 1856 veröffentlichte das Mining Journal einen Bericht über dieselben 1). Die chemische Untersuchung des von Bessemer dargestellten und gelieferten Metalls fiel nicht ungünstig aus, insofern dasselbe als ziemlich rein gefunden wurde. Es enthielt 0,3 Proz. Kohlenstoff, keinen Graphit, kein Silicium, 0,48 Proz. Phosphor und 0,056 Proz. Schwefel. Das sehr reine Bleanavon-Roheisen, aus dem es bereitet war, ent- hielt selbst nur 0,48 Proz. Phosphor und 0,062 Proz. Schwefel, woraus hervorging, daſs nahezu der ganze Phosphor und Schwefel bei dem Eisen geblieben war. Die mechanischen Proben, welche zu Woolwich mit dem entkohlten Eisen Bessemers angestellt wurden, fielen dagegen wenig günstig aus. Die unter dem Dampfhammer aus- geschmiedeten Blöcke waren im Bruch glänzend krystallinisch und porös. Das Eisen walzte sich schwer und zeigte nach dem Walzen noch denselben Bruch. Auch wiederholtes Schmieden und Schweiſsen erzeugte keine Sehne; es blieb krystallinisch und erschien teilweise oxydiert. Aus diesem Verhalten folgerte man, daſs das Bessemereisen vielleicht für manche Zwecke das Guſseisen, nicht aber das Schmiede- eisen ersetzen könne. Auf dieses ungünstige Ergebnis stützte E. D. Hearne sein ab- fälliges Urteil, indem er Bessemer die Originalität der Erfindung absprach, welche eine Nachahmung des Verfahrens von Jos. Gilb. Martien aus New Jersey sei und über das erzielte Produkt er sich dahin äuſserte: Herr Bessemer erzeugt trotz seiner Erwartung, ohne Feuer zu arbeiten, nichts als ein krystallinisches und zerbrechliches Eisen, dessen Wert nicht viel gröſser ist, als das bei seinem Versuche verwendete Roheisen. Dieses voreilige, ungerechte Urteil wurde von dem englischen Publikum, nachdem sich die ersten übertriebenen Erwartungen nicht sofort erfüllt hatten, als richtig angenommen, und Henry Bessemer erschien danach fast in dem Lichte eines Charlatans oder gar eines Schwindlers. Selbst hervorragende Autoritäten, wie der Stahlfabrikant Karl Saunderson zu Sheffield und Truran zu Dowlais, verurteilten den Bessemerprozeſs. Saunderson sagte, das entkohlte Produkt habe weder die Eigenschaften des Schmiedeeisens, noch weniger die des Guſsstahls. Es könne nicht geschmiedet, keine Nadel, keine Feile daraus gemacht werden, kurz, es werde niemals den Handelswert des Stahls erlangen. Bessemers Produkt sei ein entkohltes Roheisen, 1) Siehe Dinglers polyt. Journal, Bd. 141, S. 430.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 926. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/942>, abgerufen am 23.11.2024.