seinem Besuche der Londoner Ausstellung und der westfälischen Stahlpuddelwerke im Jahre 1851 eifrig bemüht, durch Versuche und Belehrung für die Einführung des Prozesses zu wirken 1). Er stellte solche zu Eibiswald in einem Gaspuddelofen an und erzeugte Puddel- stahl zu Neuberg, der zu Tyres ausgewalzt wurde.
Seit 1852 wurden auf der v. Friedauschen Hütte zu Mautern Probefrischen im Flammofen gemacht und in Kärnten bemühte sich Schelissnig um die Einführung des Verfahrens auf den v. Egger- schen Werken.
Tunner regte ferner Versuche zu Wittkowitz in Mähren an. Man bediente sich hierbei vielfach des Zusatzes von Schafhäutl- schem Pulver. Trotz aller dieser Bemühungen hatte Tunner in den ersten Jahren mit der Einführung des Puddelprozesses keinen Erfolg. 1852/53 wurden zu Leoben eigentümliche Versuche mit dem Stahl- puddeln gemacht. Man betrieb zwei Puddelöfen zusammen in der Weise, dass das Eisen in dem einen dünnflüssig eingeschmolzen wurde, wenn in dem anderen Luppen gemacht wurden. Diese Luppen wurden dann in das flüssige Eisenbad des anderen gebracht, wo sie durch Cementation in Stahl verwandelt werden sollten. Der Erfolg dieser Versuche war aber ein ungünstiger.
Nach der Münchener Ausstellung von 1854 wies Tunner von neuem mit Nachdruck auf die wachsende Bedeutung der Puddelstahl- fabrikation und auf die Verwendung des Puddelstahles für Bleche, für Beschläge, Galanteriewaren, Achsen, Kurbeln und besonders für Tyres hin. Die Pariser Industrieausstellung von 1855 gab neue Anregung. Auf Tunners Betreiben wurde in diesem Jahre die Puddelstahl- bereitung zu Eibiswald und Neuberg eingeführt. Man verarbeitete an letzterem Orte luckigen Floss unter Zusatz von Schafhäutlschem Pulver und verwendete den Stahl zu Tyres. Der erzeugte Stahl bewährte sich auch vorzüglich für die Fabrikation der Sensen. Er liess sich sehr gut schweissen und gärben. Dieser Gärbstahl wurde von den Stahlwarenfabrikanten der Stadt Steyr benutzt.
In technischer Hinsicht ist zu erwähnen, dass die Puddelöfen für Stahl kleiner waren als die für Eisen; ihr Herd lag tiefer und musste gut gekühlt sein, ferner verlangten dieselben eine gut schliessende Esse. Die Chargen waren kleiner, die Chargendauer kürzer. Der Herdboden wurde sehr angegriffen, wodurch häufige Reparaturen nötig waren, welche die Fabrikationskosten erhöhten. Es war not-
1) Siehe Annales des mines, 5. Serie, t. 15, p. 104 u. 296.
Stahlbereitung 1851 bis 1860.
seinem Besuche der Londoner Ausstellung und der westfälischen Stahlpuddelwerke im Jahre 1851 eifrig bemüht, durch Versuche und Belehrung für die Einführung des Prozesses zu wirken 1). Er stellte solche zu Eibiswald in einem Gaspuddelofen an und erzeugte Puddel- stahl zu Neuberg, der zu Tyres ausgewalzt wurde.
Seit 1852 wurden auf der v. Friedauschen Hütte zu Mautern Probefrischen im Flammofen gemacht und in Kärnten bemühte sich Scheliſsnig um die Einführung des Verfahrens auf den v. Egger- schen Werken.
Tunner regte ferner Versuche zu Wittkowitz in Mähren an. Man bediente sich hierbei vielfach des Zusatzes von Schafhäutl- schem Pulver. Trotz aller dieser Bemühungen hatte Tunner in den ersten Jahren mit der Einführung des Puddelprozesses keinen Erfolg. 1852/53 wurden zu Leoben eigentümliche Versuche mit dem Stahl- puddeln gemacht. Man betrieb zwei Puddelöfen zusammen in der Weise, daſs das Eisen in dem einen dünnflüssig eingeschmolzen wurde, wenn in dem anderen Luppen gemacht wurden. Diese Luppen wurden dann in das flüssige Eisenbad des anderen gebracht, wo sie durch Cementation in Stahl verwandelt werden sollten. Der Erfolg dieser Versuche war aber ein ungünstiger.
Nach der Münchener Ausstellung von 1854 wies Tunner von neuem mit Nachdruck auf die wachsende Bedeutung der Puddelstahl- fabrikation und auf die Verwendung des Puddelstahles für Bleche, für Beschläge, Galanteriewaren, Achsen, Kurbeln und besonders für Tyres hin. Die Pariser Industrieausstellung von 1855 gab neue Anregung. Auf Tunners Betreiben wurde in diesem Jahre die Puddelstahl- bereitung zu Eibiswald und Neuberg eingeführt. Man verarbeitete an letzterem Orte luckigen Floſs unter Zusatz von Schafhäutlschem Pulver und verwendete den Stahl zu Tyres. Der erzeugte Stahl bewährte sich auch vorzüglich für die Fabrikation der Sensen. Er lieſs sich sehr gut schweiſsen und gärben. Dieser Gärbstahl wurde von den Stahlwarenfabrikanten der Stadt Steyr benutzt.
In technischer Hinsicht ist zu erwähnen, daſs die Puddelöfen für Stahl kleiner waren als die für Eisen; ihr Herd lag tiefer und muſste gut gekühlt sein, ferner verlangten dieselben eine gut schlieſsende Esse. Die Chargen waren kleiner, die Chargendauer kürzer. Der Herdboden wurde sehr angegriffen, wodurch häufige Reparaturen nötig waren, welche die Fabrikationskosten erhöhten. Es war not-
1) Siehe Annales des mines, 5. Serie, t. 15, p. 104 u. 296.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0914"n="898"/><fwplace="top"type="header">Stahlbereitung 1851 bis 1860.</fw><lb/>
seinem Besuche der Londoner Ausstellung und der westfälischen<lb/>
Stahlpuddelwerke im Jahre 1851 eifrig bemüht, durch Versuche und<lb/>
Belehrung für die Einführung des Prozesses zu wirken <noteplace="foot"n="1)">Siehe Annales des mines, 5. Serie, t. 15, p. 104 u. 296.</note>. Er stellte<lb/>
solche zu Eibiswald in einem Gaspuddelofen an und erzeugte Puddel-<lb/>
stahl zu Neuberg, der zu Tyres ausgewalzt wurde.</p><lb/><p>Seit 1852 wurden auf der v. <hirendition="#g">Friedaus</hi>chen Hütte zu Mautern<lb/>
Probefrischen im Flammofen gemacht und in Kärnten bemühte sich<lb/><hirendition="#g">Scheliſsnig</hi> um die Einführung des Verfahrens auf den v. <hirendition="#g">Egger-</hi><lb/>
schen Werken.</p><lb/><p><hirendition="#g">Tunner</hi> regte ferner Versuche zu Wittkowitz in Mähren an.<lb/>
Man bediente sich hierbei vielfach des Zusatzes von <hirendition="#g">Schafhäutl</hi>-<lb/>
schem Pulver. Trotz aller dieser Bemühungen hatte <hirendition="#g">Tunner</hi> in den<lb/>
ersten Jahren mit der Einführung des Puddelprozesses keinen Erfolg.<lb/>
1852/53 wurden zu Leoben eigentümliche Versuche mit dem Stahl-<lb/>
puddeln gemacht. Man betrieb zwei Puddelöfen zusammen in der<lb/>
Weise, daſs das Eisen in dem einen dünnflüssig eingeschmolzen wurde,<lb/>
wenn in dem anderen Luppen gemacht wurden. Diese Luppen wurden<lb/>
dann in das flüssige Eisenbad des anderen gebracht, wo sie durch<lb/>
Cementation in Stahl verwandelt werden sollten. Der Erfolg dieser<lb/>
Versuche war aber ein ungünstiger.</p><lb/><p>Nach der Münchener Ausstellung von 1854 wies <hirendition="#g">Tunner</hi> von<lb/>
neuem mit Nachdruck auf die wachsende Bedeutung der Puddelstahl-<lb/>
fabrikation und auf die Verwendung des Puddelstahles für Bleche, für<lb/>
Beschläge, Galanteriewaren, Achsen, Kurbeln und besonders für Tyres<lb/>
hin. Die Pariser Industrieausstellung von 1855 gab neue Anregung.<lb/>
Auf <hirendition="#g">Tunners</hi> Betreiben wurde in diesem Jahre die Puddelstahl-<lb/>
bereitung zu Eibiswald und Neuberg eingeführt. Man verarbeitete<lb/>
an letzterem Orte luckigen Floſs unter Zusatz von <hirendition="#g">Schafhäutls</hi>chem<lb/>
Pulver und verwendete den Stahl zu Tyres. Der erzeugte Stahl<lb/>
bewährte sich auch vorzüglich für die Fabrikation der Sensen. Er<lb/>
lieſs sich sehr gut schweiſsen und gärben. Dieser Gärbstahl wurde<lb/>
von den Stahlwarenfabrikanten der Stadt <hirendition="#g">Steyr</hi> benutzt.</p><lb/><p>In technischer Hinsicht ist zu erwähnen, daſs die Puddelöfen für<lb/>
Stahl kleiner waren als die für Eisen; ihr Herd lag tiefer und muſste<lb/>
gut gekühlt sein, ferner verlangten dieselben eine gut schlieſsende<lb/>
Esse. Die Chargen waren kleiner, die Chargendauer kürzer. Der<lb/>
Herdboden wurde sehr angegriffen, wodurch häufige Reparaturen<lb/>
nötig waren, welche die Fabrikationskosten erhöhten. Es war not-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[898/0914]
Stahlbereitung 1851 bis 1860.
seinem Besuche der Londoner Ausstellung und der westfälischen
Stahlpuddelwerke im Jahre 1851 eifrig bemüht, durch Versuche und
Belehrung für die Einführung des Prozesses zu wirken 1). Er stellte
solche zu Eibiswald in einem Gaspuddelofen an und erzeugte Puddel-
stahl zu Neuberg, der zu Tyres ausgewalzt wurde.
Seit 1852 wurden auf der v. Friedauschen Hütte zu Mautern
Probefrischen im Flammofen gemacht und in Kärnten bemühte sich
Scheliſsnig um die Einführung des Verfahrens auf den v. Egger-
schen Werken.
Tunner regte ferner Versuche zu Wittkowitz in Mähren an.
Man bediente sich hierbei vielfach des Zusatzes von Schafhäutl-
schem Pulver. Trotz aller dieser Bemühungen hatte Tunner in den
ersten Jahren mit der Einführung des Puddelprozesses keinen Erfolg.
1852/53 wurden zu Leoben eigentümliche Versuche mit dem Stahl-
puddeln gemacht. Man betrieb zwei Puddelöfen zusammen in der
Weise, daſs das Eisen in dem einen dünnflüssig eingeschmolzen wurde,
wenn in dem anderen Luppen gemacht wurden. Diese Luppen wurden
dann in das flüssige Eisenbad des anderen gebracht, wo sie durch
Cementation in Stahl verwandelt werden sollten. Der Erfolg dieser
Versuche war aber ein ungünstiger.
Nach der Münchener Ausstellung von 1854 wies Tunner von
neuem mit Nachdruck auf die wachsende Bedeutung der Puddelstahl-
fabrikation und auf die Verwendung des Puddelstahles für Bleche, für
Beschläge, Galanteriewaren, Achsen, Kurbeln und besonders für Tyres
hin. Die Pariser Industrieausstellung von 1855 gab neue Anregung.
Auf Tunners Betreiben wurde in diesem Jahre die Puddelstahl-
bereitung zu Eibiswald und Neuberg eingeführt. Man verarbeitete
an letzterem Orte luckigen Floſs unter Zusatz von Schafhäutlschem
Pulver und verwendete den Stahl zu Tyres. Der erzeugte Stahl
bewährte sich auch vorzüglich für die Fabrikation der Sensen. Er
lieſs sich sehr gut schweiſsen und gärben. Dieser Gärbstahl wurde
von den Stahlwarenfabrikanten der Stadt Steyr benutzt.
In technischer Hinsicht ist zu erwähnen, daſs die Puddelöfen für
Stahl kleiner waren als die für Eisen; ihr Herd lag tiefer und muſste
gut gekühlt sein, ferner verlangten dieselben eine gut schlieſsende
Esse. Die Chargen waren kleiner, die Chargendauer kürzer. Der
Herdboden wurde sehr angegriffen, wodurch häufige Reparaturen
nötig waren, welche die Fabrikationskosten erhöhten. Es war not-
1) Siehe Annales des mines, 5. Serie, t. 15, p. 104 u. 296.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 898. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/914>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.