Draht, Gewehrläufe u. s. w. Sehr wichtig war die Einführung des Puddelstahlprozesses für das Siegerland. 1851 begann man auf der Staatshütte zu Lohe bei Müsen Stahl zu puddeln. Der hier erzeugte Puddelstahl erwies sich als ein vortreffliches Rohmaterial für den Gussstahl, wofür es von der Firma Friedrich Krupp in aus- gedehntestem Masse verwendet wurde. Ebenso wurde zu Geisweid bei Siegen das Stahlpuddeln mit Erfolg eingeführt und der gewonnene Stahl vornehmlich zu Blechen verarbeitet.
In England hatte E. Riepe am 29. Januar ein Patent für das Stahlpuddeln erworben. Er konnte es aber, nach W. Clays Mit- teilung, nur wenig ausnutzen, weil er sehr kränklich und nicht im stande war, sich zwei Tage hintereinander mit demselben Gegen- stande zu beschäftigen. Das Eisenwerk Lowmoor hatte, wie bereits erwähnt, sein Patent gekauft und machte auch Puddelstahl, ver- arbeitete denselben aber nicht weiter, sondern verkaufte ihn an Guss- stahlfabrikanten. Naylor, Vickers & Komp. zu Sheffield benutzten denselben für ihre Gussstahlglocken. Durchschlagenden Erfolg hatten die Mersey-Stahlwerke bei Liverpool mit der Puddelstahlfabrikation nach Riepes Patent, wofür dem Direktor der Werke, William Clay, das grösste Verdienst gebührt. Nach Clays eigenen Angaben gelang es ihm gleich nach den ersten Versuchen, sehr guten Puddelstahl zu erhalten. Durch Paketieren und Gärben erzielte er ein ausgezeichnet festes Produkt, das nach den angestellten Proben angeblich sogar den Kruppschen Gussstahl übertraf. W. Clay empfahl die Anwendung dieses Materials für Schmiedestücke und Geschützrohre statt des spröderen Gussstahles.
Riepe legte bei seinem Verfahren grossen Wert darauf, dass das- selbe bei niedriger Temperatur erzeugt wurde. Das Einschmelzen sollte bei Rotglut stattfinden; sobald dasselbe begann, schloss er schon teil- weise den Dämpfer. Während des eigentlichen Puddelns, das unter einer starken Schlackendecke geschah, sollte die Temperatur nicht über Kirschrotglut, entsprechend der Schweisshitze des Gärbstahles, sein und vor Beginn des Rührens wurde der Dämpfer zu 3/4 geschlossen 1).
G. Bremme, der früher mit Riepe gemeinschaftlich gearbeitet, sich dann aber mit diesem überworfen hatte, führte im Gegensatz hierzu den Puddelprozess bei möglichst hoher Hitze und dämpfte die- selbe erst am Schlusse des Kochens. Auf dieses Verfahren nahm W. W. Collins im März 1852 ein Patent (Nr. 14033). Bremme
1) Siehe Wedding, Bd. 3, S. 220.
Stahlbereitung 1851 bis 1860.
Draht, Gewehrläufe u. s. w. Sehr wichtig war die Einführung des Puddelstahlprozesses für das Siegerland. 1851 begann man auf der Staatshütte zu Lohe bei Müsen Stahl zu puddeln. Der hier erzeugte Puddelstahl erwies sich als ein vortreffliches Rohmaterial für den Guſsstahl, wofür es von der Firma Friedrich Krupp in aus- gedehntestem Maſse verwendet wurde. Ebenso wurde zu Geisweid bei Siegen das Stahlpuddeln mit Erfolg eingeführt und der gewonnene Stahl vornehmlich zu Blechen verarbeitet.
In England hatte E. Riepe am 29. Januar ein Patent für das Stahlpuddeln erworben. Er konnte es aber, nach W. Clays Mit- teilung, nur wenig ausnutzen, weil er sehr kränklich und nicht im stande war, sich zwei Tage hintereinander mit demselben Gegen- stande zu beschäftigen. Das Eisenwerk Lowmoor hatte, wie bereits erwähnt, sein Patent gekauft und machte auch Puddelstahl, ver- arbeitete denselben aber nicht weiter, sondern verkaufte ihn an Guſs- stahlfabrikanten. Naylor, Vickers & Komp. zu Sheffield benutzten denselben für ihre Guſsstahlglocken. Durchschlagenden Erfolg hatten die Mersey-Stahlwerke bei Liverpool mit der Puddelstahlfabrikation nach Riepes Patent, wofür dem Direktor der Werke, William Clay, das gröſste Verdienst gebührt. Nach Clays eigenen Angaben gelang es ihm gleich nach den ersten Versuchen, sehr guten Puddelstahl zu erhalten. Durch Paketieren und Gärben erzielte er ein ausgezeichnet festes Produkt, das nach den angestellten Proben angeblich sogar den Kruppschen Guſsstahl übertraf. W. Clay empfahl die Anwendung dieses Materials für Schmiedestücke und Geschützrohre statt des spröderen Guſsstahles.
Riepe legte bei seinem Verfahren groſsen Wert darauf, daſs das- selbe bei niedriger Temperatur erzeugt wurde. Das Einschmelzen sollte bei Rotglut stattfinden; sobald dasselbe begann, schloſs er schon teil- weise den Dämpfer. Während des eigentlichen Puddelns, das unter einer starken Schlackendecke geschah, sollte die Temperatur nicht über Kirschrotglut, entsprechend der Schweiſshitze des Gärbstahles, sein und vor Beginn des Rührens wurde der Dämpfer zu ¾ geschlossen 1).
G. Bremme, der früher mit Riepe gemeinschaftlich gearbeitet, sich dann aber mit diesem überworfen hatte, führte im Gegensatz hierzu den Puddelprozeſs bei möglichst hoher Hitze und dämpfte die- selbe erst am Schlusse des Kochens. Auf dieses Verfahren nahm W. W. Collins im März 1852 ein Patent (Nr. 14033). Bremme
1) Siehe Wedding, Bd. 3, S. 220.
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Stahlbereitung 1851 bis 1860.
Draht, Gewehrläufe u. s. w. Sehr wichtig war die Einführung des
Puddelstahlprozesses für das Siegerland. 1851 begann man auf der
Staatshütte zu Lohe bei Müsen Stahl zu puddeln. Der hier erzeugte
Puddelstahl erwies sich als ein vortreffliches Rohmaterial für den
Guſsstahl, wofür es von der Firma Friedrich Krupp in aus-
gedehntestem Maſse verwendet wurde. Ebenso wurde zu Geisweid
bei Siegen das Stahlpuddeln mit Erfolg eingeführt und der gewonnene
Stahl vornehmlich zu Blechen verarbeitet.
In England hatte E. Riepe am 29. Januar ein Patent für das
Stahlpuddeln erworben. Er konnte es aber, nach W. Clays Mit-
teilung, nur wenig ausnutzen, weil er sehr kränklich und nicht
im stande war, sich zwei Tage hintereinander mit demselben Gegen-
stande zu beschäftigen. Das Eisenwerk Lowmoor hatte, wie bereits
erwähnt, sein Patent gekauft und machte auch Puddelstahl, ver-
arbeitete denselben aber nicht weiter, sondern verkaufte ihn an Guſs-
stahlfabrikanten. Naylor, Vickers & Komp. zu Sheffield benutzten
denselben für ihre Guſsstahlglocken. Durchschlagenden Erfolg hatten
die Mersey-Stahlwerke bei Liverpool mit der Puddelstahlfabrikation
nach Riepes Patent, wofür dem Direktor der Werke, William Clay,
das gröſste Verdienst gebührt. Nach Clays eigenen Angaben gelang
es ihm gleich nach den ersten Versuchen, sehr guten Puddelstahl zu
erhalten. Durch Paketieren und Gärben erzielte er ein ausgezeichnet
festes Produkt, das nach den angestellten Proben angeblich sogar den
Kruppschen Guſsstahl übertraf. W. Clay empfahl die Anwendung
dieses Materials für Schmiedestücke und Geschützrohre statt des
spröderen Guſsstahles.
Riepe legte bei seinem Verfahren groſsen Wert darauf, daſs das-
selbe bei niedriger Temperatur erzeugt wurde. Das Einschmelzen sollte
bei Rotglut stattfinden; sobald dasselbe begann, schloſs er schon teil-
weise den Dämpfer. Während des eigentlichen Puddelns, das unter
einer starken Schlackendecke geschah, sollte die Temperatur nicht über
Kirschrotglut, entsprechend der Schweiſshitze des Gärbstahles, sein
und vor Beginn des Rührens wurde der Dämpfer zu ¾ geschlossen 1).
G. Bremme, der früher mit Riepe gemeinschaftlich gearbeitet,
sich dann aber mit diesem überworfen hatte, führte im Gegensatz
hierzu den Puddelprozeſs bei möglichst hoher Hitze und dämpfte die-
selbe erst am Schlusse des Kochens. Auf dieses Verfahren nahm
W. W. Collins im März 1852 ein Patent (Nr. 14033). Bremme
1) Siehe Wedding, Bd. 3, S. 220.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 896. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/912>, abgerufen am 23.11.2024.
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