Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Stahlbereitung 1851 bis 1860.
messer und machten 400 bis 500 Umdrehungen. Dieses System fand
grosse Verbreitung. Spannagel bezeichnete es als "deutsches Draht-
walzwerk" 1).

L. Hill jun. erfand 1849 ein Walzwerk (E. P. 12457), das aus
drei symmetrischen, um eine vertikale Achse gruppierten abgestumpften
Kegeln bestand, deren untere Spitzen so verbunden sind, dass die Eisen-
luppe, welche man in den von den eisernen Kegeln gebildeten Trichter
legte, allmählich zu einer eisernen Stange ausgestreckt wurde (Fig. 308).
Der Vorzug von Hills Walzmethode sollte darin bestehen, dass das
Eisen nicht bloss der Länge nach gestreckt, sondern seine Fasern in
Spiralen gewunden wurden.

Man hatte Kegelwalzwerke dieser Konstruktion schon 1849 in
den Vereinigten Staaten. Die Achsen der Kegel schnitten sich nicht

[Abbildung] Fig. 308.
in einem Punkte, sondern lagen etwas excen-
trisch. Eine in den trichterförmigen Raum
zwischen den Kegeln eingelegte Luppe wurde
daher infolge dieser excentrischen Stellung
der Kegel allmählich gewissermassen nieder-
geschraubt, indem zugleich auch die Eisen-
fasern eine Drehung erlitten.

Bei einer Probe mit einem solchen Walz-
werke wurde ein 3 Zoll dicker Eisenkolben in einer Hitze zu einem
einzölligen Stabe ausgewalzt 2).

Von Verbesserungen an Werkzeugen erwähnen wir noch den ver-
besserten Daelenschen Dampfhammer mit zwei Ständern zum Luppen-
schmieden; die zu Buckau fabrizierten Blechscheren mit beweglichem
Tisch für schwere Bleche; das mit besonderer Dampfmaschine betriebene
Stabeisenschneidewerk von Borsig.

Stahlbereitung 1851 bis 1860.

Die wichtigsten Entdeckungen und Erfindungen wurden aber in
dieser Periode auf dem Gebiete der Stahlbereitung gemacht. Die
Erfolge des Stahlpuddelns und die Fortschritte der Gussstahlfabrikation
erregten allgemeines Interesse und die Londoner Weltausstellung lenkte
in hervorragender Weise die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf
den Stahl. Krupp hatte nicht nur in seinem grossen Gussstahlblock

1) Siehe Stahl und Eisen 1891, S. 177.
2) The Pract. Mechanics Journ. 1851, Juni, p. 52.

Stahlbereitung 1851 bis 1860.
messer und machten 400 bis 500 Umdrehungen. Dieses System fand
groſse Verbreitung. Spannagel bezeichnete es als „deutsches Draht-
walzwerk“ 1).

L. Hill jun. erfand 1849 ein Walzwerk (E. P. 12457), das aus
drei symmetrischen, um eine vertikale Achse gruppierten abgestumpften
Kegeln bestand, deren untere Spitzen so verbunden sind, daſs die Eisen-
luppe, welche man in den von den eisernen Kegeln gebildeten Trichter
legte, allmählich zu einer eisernen Stange ausgestreckt wurde (Fig. 308).
Der Vorzug von Hills Walzmethode sollte darin bestehen, daſs das
Eisen nicht bloſs der Länge nach gestreckt, sondern seine Fasern in
Spiralen gewunden wurden.

Man hatte Kegelwalzwerke dieser Konstruktion schon 1849 in
den Vereinigten Staaten. Die Achsen der Kegel schnitten sich nicht

[Abbildung] Fig. 308.
in einem Punkte, sondern lagen etwas excen-
trisch. Eine in den trichterförmigen Raum
zwischen den Kegeln eingelegte Luppe wurde
daher infolge dieser excentrischen Stellung
der Kegel allmählich gewissermaſsen nieder-
geschraubt, indem zugleich auch die Eisen-
fasern eine Drehung erlitten.

Bei einer Probe mit einem solchen Walz-
werke wurde ein 3 Zoll dicker Eisenkolben in einer Hitze zu einem
einzölligen Stabe ausgewalzt 2).

Von Verbesserungen an Werkzeugen erwähnen wir noch den ver-
besserten Daelenschen Dampfhammer mit zwei Ständern zum Luppen-
schmieden; die zu Buckau fabrizierten Blechscheren mit beweglichem
Tisch für schwere Bleche; das mit besonderer Dampfmaschine betriebene
Stabeisenschneidewerk von Borsig.

Stahlbereitung 1851 bis 1860.

Die wichtigsten Entdeckungen und Erfindungen wurden aber in
dieser Periode auf dem Gebiete der Stahlbereitung gemacht. Die
Erfolge des Stahlpuddelns und die Fortschritte der Guſsstahlfabrikation
erregten allgemeines Interesse und die Londoner Weltausstellung lenkte
in hervorragender Weise die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf
den Stahl. Krupp hatte nicht nur in seinem groſsen Guſsstahlblock

1) Siehe Stahl und Eisen 1891, S. 177.
2) The Pract. Mechanics Journ. 1851, Juni, p. 52.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0898" n="882"/><fw place="top" type="header">Stahlbereitung 1851 bis 1860.</fw><lb/>
messer und machten 400 bis 500 Umdrehungen. Dieses System fand<lb/>
gro&#x017F;se Verbreitung. <hi rendition="#g">Spannagel</hi> bezeichnete es als &#x201E;deutsches Draht-<lb/>
walzwerk&#x201C; <note place="foot" n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1891, S. 177.</note>.</p><lb/>
            <p>L. <hi rendition="#g">Hill</hi> jun. erfand 1849 ein Walzwerk (E. P. 12457), das aus<lb/>
drei symmetrischen, um eine vertikale Achse gruppierten abgestumpften<lb/>
Kegeln bestand, deren untere Spitzen so verbunden sind, da&#x017F;s die Eisen-<lb/>
luppe, welche man in den von den eisernen Kegeln gebildeten Trichter<lb/>
legte, allmählich zu einer eisernen Stange ausgestreckt wurde (Fig. 308).<lb/>
Der Vorzug von <hi rendition="#g">Hills</hi> Walzmethode sollte darin bestehen, da&#x017F;s das<lb/>
Eisen nicht blo&#x017F;s der Länge nach gestreckt, sondern seine Fasern in<lb/>
Spiralen gewunden wurden.</p><lb/>
            <p>Man hatte Kegelwalzwerke dieser Konstruktion schon 1849 in<lb/>
den Vereinigten Staaten. Die Achsen der Kegel schnitten sich nicht<lb/><figure><head>Fig. 308.</head></figure><lb/>
in einem Punkte, sondern lagen etwas excen-<lb/>
trisch. Eine in den trichterförmigen Raum<lb/>
zwischen den Kegeln eingelegte Luppe wurde<lb/>
daher infolge dieser excentrischen Stellung<lb/>
der Kegel allmählich gewisserma&#x017F;sen nieder-<lb/>
geschraubt, indem zugleich auch die Eisen-<lb/>
fasern eine Drehung erlitten.</p><lb/>
            <p>Bei einer Probe mit einem solchen Walz-<lb/>
werke wurde ein 3 Zoll dicker Eisenkolben in einer Hitze zu einem<lb/>
einzölligen Stabe ausgewalzt <note place="foot" n="2)">The Pract. Mechanics Journ. 1851, Juni, p. 52.</note>.</p><lb/>
            <p>Von Verbesserungen an Werkzeugen erwähnen wir noch den ver-<lb/>
besserten <hi rendition="#g">Daelens</hi>chen Dampfhammer mit zwei Ständern zum Luppen-<lb/>
schmieden; die zu Buckau fabrizierten Blechscheren mit beweglichem<lb/>
Tisch für schwere Bleche; das mit besonderer Dampfmaschine betriebene<lb/>
Stabeisenschneidewerk von <hi rendition="#g">Borsig</hi>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Stahlbereitung 1851 bis 1860.</hi> </head><lb/>
            <p>Die wichtigsten Entdeckungen und Erfindungen wurden aber in<lb/>
dieser Periode auf dem Gebiete der <hi rendition="#g">Stahlbereitung</hi> gemacht. Die<lb/>
Erfolge des Stahlpuddelns und die Fortschritte der Gu&#x017F;sstahlfabrikation<lb/>
erregten allgemeines Interesse und die Londoner Weltausstellung lenkte<lb/>
in hervorragender Weise die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf<lb/>
den Stahl. <hi rendition="#g">Krupp</hi> hatte nicht nur in seinem gro&#x017F;sen Gu&#x017F;sstahlblock<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[882/0898] Stahlbereitung 1851 bis 1860. messer und machten 400 bis 500 Umdrehungen. Dieses System fand groſse Verbreitung. Spannagel bezeichnete es als „deutsches Draht- walzwerk“ 1). L. Hill jun. erfand 1849 ein Walzwerk (E. P. 12457), das aus drei symmetrischen, um eine vertikale Achse gruppierten abgestumpften Kegeln bestand, deren untere Spitzen so verbunden sind, daſs die Eisen- luppe, welche man in den von den eisernen Kegeln gebildeten Trichter legte, allmählich zu einer eisernen Stange ausgestreckt wurde (Fig. 308). Der Vorzug von Hills Walzmethode sollte darin bestehen, daſs das Eisen nicht bloſs der Länge nach gestreckt, sondern seine Fasern in Spiralen gewunden wurden. Man hatte Kegelwalzwerke dieser Konstruktion schon 1849 in den Vereinigten Staaten. Die Achsen der Kegel schnitten sich nicht [Abbildung Fig. 308.] in einem Punkte, sondern lagen etwas excen- trisch. Eine in den trichterförmigen Raum zwischen den Kegeln eingelegte Luppe wurde daher infolge dieser excentrischen Stellung der Kegel allmählich gewissermaſsen nieder- geschraubt, indem zugleich auch die Eisen- fasern eine Drehung erlitten. Bei einer Probe mit einem solchen Walz- werke wurde ein 3 Zoll dicker Eisenkolben in einer Hitze zu einem einzölligen Stabe ausgewalzt 2). Von Verbesserungen an Werkzeugen erwähnen wir noch den ver- besserten Daelenschen Dampfhammer mit zwei Ständern zum Luppen- schmieden; die zu Buckau fabrizierten Blechscheren mit beweglichem Tisch für schwere Bleche; das mit besonderer Dampfmaschine betriebene Stabeisenschneidewerk von Borsig. Stahlbereitung 1851 bis 1860. Die wichtigsten Entdeckungen und Erfindungen wurden aber in dieser Periode auf dem Gebiete der Stahlbereitung gemacht. Die Erfolge des Stahlpuddelns und die Fortschritte der Guſsstahlfabrikation erregten allgemeines Interesse und die Londoner Weltausstellung lenkte in hervorragender Weise die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf den Stahl. Krupp hatte nicht nur in seinem groſsen Guſsstahlblock 1) Siehe Stahl und Eisen 1891, S. 177. 2) The Pract. Mechanics Journ. 1851, Juni, p. 52.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/898
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 882. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/898>, abgerufen am 23.11.2024.