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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.

Das grösste Röhrenwalzwerk in England war zu West-Bromwich 1),
das schon 1851 sehr bedeutend war.

John Selby & Komp. hatte 1851 in London gewalzte Röhren
von 7 Zoll Durchmesser und 13 Fuss Länge ausgestellt. Das Aus-
walzen und das gleichzeitige Schweissen geschah mit vier gekuppelten
Walzen über einen kurzen, 4 bis 6 Zoll langen Dorn. Gasröhren
wurden meist ohne Dorn gezogen. Gezogene Röhren von 5 Zoll
Durchmesser und 10 Fuss Länge hatten Gaudillot & Komp. in Paris
1851 zu London ausgestellt.

Der Drahtbedarf hatte in dieser Periode eine ausserordentliche
Zunahme erfahren. Telegraphendrähte und Drahtseile waren neue
Bedürfnisse, dazu kam der wachsende Verbrauch für Stifte, Holz-
schrauben, Spiralfedern, Gitter und Siebe u. s. w. Belgien, welches
1847 kaum 1/2 Million Kilogramm Draht erzeugt hatte, produzierte
1854 31/2 Millionen Kilogramm. Preussens Erzeugung betrug 1854
186000 Ctr., 1855 schon 372000 Ctr. Diese Erhöhung der Produktion
war ermöglicht durch die allgemeinere Einführung der Schnellwalzen
bei der Drahtfabrikation.

Bei der Walzdrahtfabrikation unterschied man das französische
und das englische System 2). Bei letzterem lagen alle Walzengerüste
in einer Linie und alle Walzen bewegten sich mit derselben Ge-
schwindigkeit von 230 bis 260 Umdrehungen in der Minute. Dieses
System war auch in Belgien eingeführt und wurde später vielfach als
belgisches System bezeichnet (s. S. 876). Dass die Trennung der Vor-
walzen von den Fertigwalzen in Deutschland bereits 1852/53 einge-
führt wurde, ist bereits oben erwähnt. Bei dem sogenannten franzö-
sischen System waren die Gerüste in zwei Linien aufgestellt und
die Vorwalzen liefen mit geringerer, die Unterwalzen mit grösserer
Geschwindigkeit als bei dem englischen System.

Ein Beispiel eines englischen Walzwerkes lieferte das Stummsche
Werk zu Neunkirchen bei Saarbrücken. Hier standen fünf Walzen-
reihen in einer Linie und liefen mit gleicher Geschwindigkeit. In
dem ersten Gerüste lagen drei Vorwalzen übereinander, in den
folgenden je zwei Walzen und jedes Paar drehte sich in umgekehrter
Richtung. Gegen Ende des Auswalzens lief ein Draht durch vier bis
fünf verschiedene Kaliber zugleich; er bewegte sich dabei um Stäbe
im Boden, und Jungen mit Leithaken führten ihn. Der fertige Draht

1) Siehe Tunners Jahrbuch 1860, S. 176.
2) Siehe Tunners Jahrbuch 1854, S. 301.
Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.

Das gröſste Röhrenwalzwerk in England war zu West-Bromwich 1),
das schon 1851 sehr bedeutend war.

John Selby & Komp. hatte 1851 in London gewalzte Röhren
von 7 Zoll Durchmesser und 13 Fuſs Länge ausgestellt. Das Aus-
walzen und das gleichzeitige Schweiſsen geschah mit vier gekuppelten
Walzen über einen kurzen, 4 bis 6 Zoll langen Dorn. Gasröhren
wurden meist ohne Dorn gezogen. Gezogene Röhren von 5 Zoll
Durchmesser und 10 Fuſs Länge hatten Gaudillot & Komp. in Paris
1851 zu London ausgestellt.

Der Drahtbedarf hatte in dieser Periode eine auſserordentliche
Zunahme erfahren. Telegraphendrähte und Drahtseile waren neue
Bedürfnisse, dazu kam der wachsende Verbrauch für Stifte, Holz-
schrauben, Spiralfedern, Gitter und Siebe u. s. w. Belgien, welches
1847 kaum ½ Million Kilogramm Draht erzeugt hatte, produzierte
1854 3½ Millionen Kilogramm. Preuſsens Erzeugung betrug 1854
186000 Ctr., 1855 schon 372000 Ctr. Diese Erhöhung der Produktion
war ermöglicht durch die allgemeinere Einführung der Schnellwalzen
bei der Drahtfabrikation.

Bei der Walzdrahtfabrikation unterschied man das französische
und das englische System 2). Bei letzterem lagen alle Walzengerüste
in einer Linie und alle Walzen bewegten sich mit derselben Ge-
schwindigkeit von 230 bis 260 Umdrehungen in der Minute. Dieses
System war auch in Belgien eingeführt und wurde später vielfach als
belgisches System bezeichnet (s. S. 876). Daſs die Trennung der Vor-
walzen von den Fertigwalzen in Deutschland bereits 1852/53 einge-
führt wurde, ist bereits oben erwähnt. Bei dem sogenannten franzö-
sischen System waren die Gerüste in zwei Linien aufgestellt und
die Vorwalzen liefen mit geringerer, die Unterwalzen mit gröſserer
Geschwindigkeit als bei dem englischen System.

Ein Beispiel eines englischen Walzwerkes lieferte das Stummsche
Werk zu Neunkirchen bei Saarbrücken. Hier standen fünf Walzen-
reihen in einer Linie und liefen mit gleicher Geschwindigkeit. In
dem ersten Gerüste lagen drei Vorwalzen übereinander, in den
folgenden je zwei Walzen und jedes Paar drehte sich in umgekehrter
Richtung. Gegen Ende des Auswalzens lief ein Draht durch vier bis
fünf verschiedene Kaliber zugleich; er bewegte sich dabei um Stäbe
im Boden, und Jungen mit Leithaken führten ihn. Der fertige Draht

1) Siehe Tunners Jahrbuch 1860, S. 176.
2) Siehe Tunners Jahrbuch 1854, S. 301.
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[880/0896] Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860. Das gröſste Röhrenwalzwerk in England war zu West-Bromwich 1), das schon 1851 sehr bedeutend war. John Selby & Komp. hatte 1851 in London gewalzte Röhren von 7 Zoll Durchmesser und 13 Fuſs Länge ausgestellt. Das Aus- walzen und das gleichzeitige Schweiſsen geschah mit vier gekuppelten Walzen über einen kurzen, 4 bis 6 Zoll langen Dorn. Gasröhren wurden meist ohne Dorn gezogen. Gezogene Röhren von 5 Zoll Durchmesser und 10 Fuſs Länge hatten Gaudillot & Komp. in Paris 1851 zu London ausgestellt. Der Drahtbedarf hatte in dieser Periode eine auſserordentliche Zunahme erfahren. Telegraphendrähte und Drahtseile waren neue Bedürfnisse, dazu kam der wachsende Verbrauch für Stifte, Holz- schrauben, Spiralfedern, Gitter und Siebe u. s. w. Belgien, welches 1847 kaum ½ Million Kilogramm Draht erzeugt hatte, produzierte 1854 3½ Millionen Kilogramm. Preuſsens Erzeugung betrug 1854 186000 Ctr., 1855 schon 372000 Ctr. Diese Erhöhung der Produktion war ermöglicht durch die allgemeinere Einführung der Schnellwalzen bei der Drahtfabrikation. Bei der Walzdrahtfabrikation unterschied man das französische und das englische System 2). Bei letzterem lagen alle Walzengerüste in einer Linie und alle Walzen bewegten sich mit derselben Ge- schwindigkeit von 230 bis 260 Umdrehungen in der Minute. Dieses System war auch in Belgien eingeführt und wurde später vielfach als belgisches System bezeichnet (s. S. 876). Daſs die Trennung der Vor- walzen von den Fertigwalzen in Deutschland bereits 1852/53 einge- führt wurde, ist bereits oben erwähnt. Bei dem sogenannten franzö- sischen System waren die Gerüste in zwei Linien aufgestellt und die Vorwalzen liefen mit geringerer, die Unterwalzen mit gröſserer Geschwindigkeit als bei dem englischen System. Ein Beispiel eines englischen Walzwerkes lieferte das Stummsche Werk zu Neunkirchen bei Saarbrücken. Hier standen fünf Walzen- reihen in einer Linie und liefen mit gleicher Geschwindigkeit. In dem ersten Gerüste lagen drei Vorwalzen übereinander, in den folgenden je zwei Walzen und jedes Paar drehte sich in umgekehrter Richtung. Gegen Ende des Auswalzens lief ein Draht durch vier bis fünf verschiedene Kaliber zugleich; er bewegte sich dabei um Stäbe im Boden, und Jungen mit Leithaken führten ihn. Der fertige Draht 1) Siehe Tunners Jahrbuch 1860, S. 176. 2) Siehe Tunners Jahrbuch 1854, S. 301.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 880. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/896>, abgerufen am 23.11.2024.